Es gibt keinen guten Zeitpunkt für eine Katastrophe wie die Corona-Pandemie. Wohl aber ungünstige Ausgangsbedingungen. Eine Blitz-Studie des ZEW und der Creditreform-Wirtschaftsforschung zeigt: Viele kleine Unternehmen hatten schon zu Beginn der Krise eine denkbar schwache Bonität.
Der wochenlange Stillstand des öffentlichen Lebens in Deutschland und Europa zwingt immer mehr Unternehmen in die Knie.
Zwar hat die Bundesregierung großes Besteck ausgepackt: Kredite in unbegrenzter Höhe für Unternehmen, eine deutliche Ausweitung des Kurzarbeitergeldes, die Ankündigung von Steuererleichterungen. Außerdem soll die Insolvenzantragspflicht mindestens bis zum Herbst 2020 ausgesetzt werden.
Doch all diese Maßnahmen können den Schaden nur begrenzen – nicht aber verhindern, dass es Unternehmen geben wird, die in existenzbedrohende Liquiditätsprobleme geraten.
„Viele Unternehmen starten trotz einer langen Phase der Hochkonjunktur mit schlechten Voraussetzungen in diese Krise“, sagt Patrik-Ludwig Hantzsch, Pressesprecher und Leiter der Wirtschaftsforschung von Creditreform.

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Eine aktuelle Untersuchung des Leibniz-Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), basierend auf Daten von Creditreform, hat gezeigt:
Mehr als zehn Prozent der Unternehmen der Privatwirtschaft, die länger als drei Jahre bestehen, haben eine schwache oder noch schlechtere Bonität. „Hier geht es um etwa 345.000 Unternehmen mit mehr als 1,5 Millionen Beschäftigten“, ordnet Hantzsch ein.
Noch deutlicher fiel den Wirtschaftswissenschaftlern allerdings auf: Besonders die Branchen, die aufgrund der Umstände am stärksten unter der Corona-Krise leiden, sind auch strukturell gefährdeter.
So weisen 16 Prozent der kleinen Gastronomieunternehmen mit weniger als 50 Beschäftigten, immerhin 24.000 Betriebe, eine schwache Bonitätsbewertung auf. Ein ähnlich hoher Anteil kleiner Unternehmen mit schwacher Bonität findet sich unter Automobilzulieferern (15 Prozent) und in der chemisch/pharmazeutischen Industrie (14 Prozent).
Bei größeren Unternehmen mit 50 oder mehr Beschäftigten ist der Anteil derer, die insolvenzgefährdet sind, deutlich geringer. Besonders betroffen sind aber auch dort die Gastronomie, das Beherbergungsgewerbe sowie Sport- und Freizeitdienstleistungen.
„Diese Ergebnisse spiegeln die Strukturprobleme der privaten Wirtschaft in Deutschland vor der Corona-Krise wider“, sagt Georg Licht, Forschungsbereichsleiter am ZEW. Die Branchen würden aber in ganz unterschiedlicher Weise vom drohenden wochen- oder gar monatelangen Stillstand getroffen.
Größere Anschaffungen oder auch Urlaubsreisen würden teilweise nachgeholt, so Licht, Restaurant- und Kinobesuche hingegen nicht.
Der Experte erwartet, dass die Jahresumsätze einiger Freizeit-, Sport- und Kulturdienstleister um 30 bis 40 Prozent geringer ausfallen könnten. Mit solchen Ausfällen stehen sogar Unternehmen mit vorher guter Bonität absehbar vor der Insolvenz.
Umso wichtiger sind die Hilfen, die KfW und Landesförderinstitute zur Verfügung stellen. „Der Erhalt der Unternehmensstrukturen über eine begrenzte Durststrecke hinweg ist auf längere Sicht ökonomisch besser als eine Insolvenz von im Grunde gesunden Unternehmen zuzulassen, die nach der Krise erst wieder gegründet und neu aufgebaut werden müssen“, sagt Licht.