
© Nicole Bouillon
Als Vertriebsleiter bei Creditreform Koblenz überzeugt er Unternehmen. Frank Bresching weiß aber auch auf ganz anderem Terrain zu überzeugen: Als erfolgreicher Autor von Thrillern und Romanen. Wie sein aktuelles Buch „Briefe von Toni“ entstanden und warum es sein bisher persönlichstes ist.
Herr Bresching, was ist Ihnen lieber: Zahlen oder Zeilen?
Das kann ich so gar nicht sagen. Ich bin sehr gerne Vertriebsleiter und Prokurist bei Creditreform Koblenz. Das Schreiben ist ein Ausgleich.
Als ich jünger war, hätte ich auch gerne nur vom Schreiben gelebt. Aber ich bin realistisch genug, um zu wissen, dass das nur sehr wenigen Autoren vergönnt ist.
Insofern bin ich jetzt in einer tollen Situation: Ich kann ganz ohne wirtschaftlichen Druck schreiben. Gleichzeitig freue ich mich natürlich, wenn ein Buch erfolgreich ist. Das bedeutet schließlich auch, dass es den Leuten gefällt und gelesen wird.
Sie sind gelernter Kaufmann. Wie sind Sie denn überhaupt zum Schreiben gekommen?
Ganz einfach: Übers Lesen. Ich habe schon immer recht viel gelesen und mir dann mit 19, 20 Jahren gesagt: Ich probiere es einfach mal aus, eine Kurzgeschichte oder einen Kriminalroman zu Papier zu bringen.
Offenbar waren die nicht so schlecht, denn ich hatte das Glück, einige Kurzgeschichten beim Bastei Lübbe Verlag veröffentlichen zu dürfen. Im Alter von 26 Jahren wurde dort auch mein erster Roman, ein Thriller, publiziert und so habe ich mir im Grunde meine schriftstellerischen Sporen verdient …
… und parallel die Creditreform-Laufbahn verfolgt.
Genau. Ich hatte erst bei der Hoechst AG gearbeitet, bevor ich mit 27 Jahren als Auskunftsleiter zu Creditreform nach Koblenz gekommen bin. Danach habe ich dort im Vertrieb gearbeitet, den ich heute leite. Wegen des Jobs und aus diversen persönlichen Gründen habe ich auch immer wieder längere Schreibpausen eingelegt
. Aber mit dem Krimi „Das verlorene Leben“, der 2007 im Grafit Verlag erschienen ist, habe ich wieder richtig Lust am Schreiben bekommen – auch weil das Buch recht erfolgreich war. Danach konnte ich dort noch zwei weitere Thriller veröffentlichen. „Der Teufel von Grimaud“ und „Evas Entscheidung“.
Ihr Roman „Briefe von Toni“ ist ein ganz anderes Genre.
Ja, ich wollte gerne mal etwas anderes schreiben, etwas mit mehr Tiefgang und Bedeutung. Und nachdem meine Frau bei der Wohnungsauflösung ihrer Großmutter einen Koffer mit alten Briefen und Fotos von ihrem Großvater aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs gefunden hatte, kam mir zum ersten Mal die Idee, daraus eine Geschichte zu entwickeln.
Dann habe ich die Figuren skizziert, die Handlung entworfen und gut zwei Jahre am ersten Manuskript gearbeitet – vor allem am Wochenende und in den Abendstunden. Eine ganz andere Herausforderung war eine organisatorische. Ich brauchte einen neuen Verlag, denn Grafit verlegt nur Thriller und Kriminalromane.
Also habe ich mit dem Manuskript wie früher an ein paar Türen geklopft, bis ich mit Osburg schließlich einen sehr guten literarischen Verlag gefunden habe. Der Verleger und mein Lektor waren von Anfang an von dem Manuskript begeistert.
Hat Ihnen dabei Ihr beruflicher Hintergrund als Kaufmann und Vertriebsleiter geholfen?
Vielleicht. Ich habe zumindest keine Scheu davor, die Verlage anzusprechen und die richtigen Kontakte zu knüpfen. Aber am Ende muss dem Lektor die Geschichte gefallen. Und der Verlag muss sagen: Okay, wir glauben, dass es dafür ein Publikum gibt.
Beim Schreiben an sich hilft es mir sicher, dass ich ein strukturierter Mensch bin. Viele haben ja immer die Vorstellung vom Schriftsteller, der an seinem Schreibtisch sitzt, aus dem Fenster auf eine schöne Landschaft schaut und seine Gedanken schweifen lässt. Das ist aber nur die eine Wahrheit. Die andere ist, dass es neben einer sprachlichen Begabung auch ein großes Durchhaltevermögen braucht.
Es ist letztlich auch eine enorme Fleißarbeit, einen Roman zu schreiben. Ich entwickle die Geschichte und die Figuren systematisch und möchte im Grunde schon den Anfang, das Ende und einzelne Handlungsstränge kennen, bevor ich ernsthaft zu schreiben beginne. Das schließt aber nicht aus, dass ich einzelne Abschnitte, manchmal sogar das Ende noch einmal ändere, wenn ich es für sinnvoll halte.
Das klingt jetzt sehr nüchtern. Woher stammen denn die Ideen für Figuren und Erzählungen?
Klar, da stammt schon manches aus dem Alltag oder aus Begegnungen. Wobei sich da keiner sorgen muss, in einem meiner Bücher aufzutauchen. Meine Figuren sind zu 99 Prozent fiktiv. Aber Einfälle und Gedanken, die ich im Alltagsleben habe, fließen schon in Szenen oder Dialoge mit ein.
Ich habe immer ein Heft dabei, in dem ich mir solche Sachen notiere, bevor ich sie wieder vergesse. In „Briefe von Toni“ steckt neben den Briefen des Großvaters meiner Frau auch ein Teil meiner eigenen Familiengeschichte: Erzählungen meines Vaters etwa, wie er die Nächte im Luftschutzkeller in Berlin erlebt hat.
In der Tat haben Sie da einen schweren Stoff gewählt. Gibt es dafür neben der Familiengeschichte noch andere Gründe?
Die Rhein-Zeitung in Koblenz hat im November geschrieben, es sei ein Buch gegen das Vergessen. Ja, das ist es bei der Geschichte sicher auch, aber das war nicht mein Hauptanliegen. Ich wollte vor allem beschreiben, dass man das größte Glück auch in den dunkelsten Stunden finden kann.
Für Hans, einen der Hauptprotagonisten, war das so. Seine Liebe zu Maria in dieser Zeit und seine Jugend in Berlin hat ihn das ganze Leben lang geprägt. Und vielleicht ist das für den ein oder anderen Leser ein Denkanstoß, mal zu überlegen, was Glück eigentlich heute in unserem Alltag bedeutet.
Der Autor und sein Buch
Frank Bresching ist Vertriebsleiter und Prokurist bei Creditreform Koblenz. Parallel arbeitet der 50-Jährige seit 30 Jahren als Autor von Kurzgeschichten, Thrillern und Romanen. Sein aktuelles Buch „Briefe von Toni“ ist Ende 2020 im Osburg Verlag erschienen. Darin erzählt Bresching die Geschichte des jungen Liebespaares Maria und Hans, von ihrem Kennenlernen im Winter 1943 bis zu den tragischen Ereignissen im darauffolgenden Herbst. Es ist Fiktion, und doch enthält der Roman einen wahren Kern. Einige Ausschnitte der namensgebenden Briefe von Toni, die Maria ihrer blinden Freundin Ilse im Luftschutzkeller in Wilmersdorf vorliest, stammen von Anton Konrad, dem Großvater von Breschings Frau. Viele beschriebene Ereignisse im zerbombten Berlin wiederum basieren auf den Erzählungen von Breschings Vater, der diese Zeit als Junge in Wilmersdorf miterlebt hat.