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Creditreform

Die konjunkturelle Entwicklung ist auch 2012 – und dies lässt sich bereits absehen, ohne dass die Zahlen für das vierte Quartal vorliegen – wieder positiv gewesen. Nach dem schweren wirtschaftlichen Einbruch 2008/09 hat sich Deutschlands Wirtschaft besser erholt als jede vergleichbare andere im internationalen Rahmen. Auch 2012 werden wir beim Bruttoinlandsprodukt einen Zuwachs verzeichnen können, der sich allerdings im dritten Quartal mit nur noch plus 0,2 Prozent weniger stark bemerkbar machte als in den Vorquartalen. Befürchtungen werden laut, dass im vierten Quartal ein leichtes Minus beim BIP hinzunehmen sein wird. Katalysator dieser positiven Entwicklung ist – neben dem Export – der private Konsum in Deutschland. Seit der Krise in der Vordekade hat er um 2,1 Prozent zugelegt und damit – anders als die Unternehmensinvestitionen, die ein Minus von 1,2 Prozent verzeichnen – entscheidend zum Wachstum beigetragen. Der kräftige Konsum wiederum gründet im stabilen Arbeitsmarkt, der sich selbst in der Krise nicht hat in den Abgrund ziehen lassen und auf den Lohnsteigerungen, die im letzten Jahr über alle Branchen hinweg ein Plus von drei Prozent verzeichnen. Der Arbeitsmarkt registriert so viele Erwerbstätige wie seit über zwanzig Jahren nicht mehr. Ab Sommer 2012 jedoch schien der Höhepunkt der deutschen Musterkonjunktur überschritten, der Ifo-Geschäftsklimaindex geriet ins Trudeln. Gerade bei den kleinen und mittleren Unternehmen allerdings wurde der achtmonatige Abwärtstrend im November spürbar unterbrochen, das Mittelstandsbarometer von KfW/ifo zog erneut an.

Creditreform beachtet besonders die Entwicklung des Mittelstandes. Die traditionelle Mittelstandsbefragung unter 4.000 KMU im Herbst 2012 ergab gegenüber dem Vorjahr deutliche Verschlechterungen. So gab der Saldo aus guten und schlechten Beurteilungen der Geschäftslage um rund sieben Prozentpunkte nach. Und auch die Umsatzentwicklung knickte ein: Der Umsatzsaldo halbierte sich von 29 Punkten im Vorjahr auf 14,2 Punkte. Schließlich fiel auch noch der Beschäftigungsbeitrag deutlich geringer aus, weil nur noch jeder vierte Betrieb zu Neueinstellungen bereit war (2011: 34,2 Prozent). Gut zehn Prozentpunkte der Kleinbetriebe gaben sogar an, ihren Personalbestand verkleinern zu wollen (2011: 7,0 Prozent). Deutlich wurde, dass auch in dieser Befragung erste Anzeichen einer Abkühlung im Mittelstand hinzunehmen waren. Dennoch bleibt für die Beurteilung der Konjunktur 2012 – und dies insbesondere für die Entwicklung im Mittelstand – festzuhalten, dass ein Plus bei den Umsätzen und Erträgen, die Schaffung weiterer Arbeitsplätze und schließlich die Stimmung insgesamt – und dies besonders im internationalen Vergleich – immer noch sehr positiv ausgefallen sind. Dies belegt der Zehnjahresvergleich.

KMU-Erwartungen zurückhaltend

Die Befragung der Creditreform Wirtschaftsforschung zum Mittelstand interessiert sich besonders für die Erwartungen der kleinen und mittleren Betriebe. Dabei reicht der Erwartungshorizont bis ins späte Frühjahr 2013 hinein. Keine Frage: Auch die Erwartungen haben ein wenig gelitten. So hat der Anteil der Betriebe, die steigende Umsätze in 2013 erwarten, von 28,7 (2011) auf 24,7 Prozent abgenommen. Aber auch, wenn eine höhere Zahl von Betrieben sinkende Umsatzerwartungen hegt – ein noch größerer Block geht von weiterhin stabilen Umsätzen aus (59,3 Prozent). Am zuversichtlichsten zeigen sich die Dienstleister, während sich Handel und Bau – der in diesem Jahr noch einen markanten Aufwärtsschwung bewies – zurückhaltend äußerten. Drei Viertel der mittelständischen Betriebe wollen im nächsten Jahr ihre Personaldecke unverändert halten – der Mittelstand zeigt sich einmal mehr als Hort der Stabilität auch im Hinblick auf seine Personalpolitik.

Zur entscheidenden Messlatte für die Erwartungshaltung der Betriebe dürften die Einschätzungen zur Investitionsbereitschaft werden. Wie bereits angemerkt, fallen die Investitionen in Deutschland recht mager aus. Gerade der industrielle Bereich – er hat mit seinen Konzernen besonders die wachsende Zurückhaltung auf den großen Exportmärkten zu spüren bekommen – hält sich mit Investitionen zurück. Nicht nur bei den Arbeitsplätzen, sondern auch bei Investitionen könnte der Mittelstand so zum Rettungsanker der Binnenkonjunktur 2013 werden. KfW und ifo berichten von einer Stimmungsaufhellung im Hinblick auf die Erwartungen und die Zahlen zur Investitionsbereitschaft aus der Creditreform Befragung zeigen mit 47,2 Prozent positiver Voten durchaus ebenfalls ein gutes Bild. Auch wenn einzuräumen ist, dass auch hier ein Rückgang gegenüber dem Vorjahr zu erkennen ist (2011: 49,1 Prozent Investitionswillige; 2012: 47,2 Prozent), stimmen diese Zahlen doch optimistisch für die Zukunft. Positiv: Das Verarbeitende Gewerbe, Handwerk und Industrie gleichermaßen, signalisiert zu 57 Prozent überdurchschnittliche Investitionsbereitschaft für das Jahr 2013.

Wer die Lage des Mittelstandes für 2013 prognostizieren will, wird aber nicht nur auf die Konjunktur gerichtete Indizes wie Personal, Umsätze oder Investitionen sehen dürfen, sondern sich auch der Finanzierungssituation für das nächste Jahr zu widmen haben. Einen genaueren Blick würden die Analysen der Bilanzen erlauben. Diese liegen aber für das abschließende Jahr noch nicht in repräsentativer Zahl vor. So bleibt es bei der Befragung, die im Hinblick auf die zukünftige Ertragslage geradezu einen Einbruch verzeichnet. Waren es im Vorjahr noch 25,3 Punkte, die sich im Saldo aus steigenden und sinkenden Ertragserwartungen errechneten, so sind es in diesem Herbst bis in das Jahr 2013 hinein nur noch 4,5 Punkte. Die verschlechterte Ertragssituation wird nicht nur an den Möglichkeiten zu Investitionen zehren, sondern auch die Stabilität in Mitleidenschaft ziehen. Tatsächlich zeigt das Eigenkapitalpolster der Betriebe am aktuellen Rand zum Jahreswechsel eine (leichte) Verschlechterung: Die Zahl der KMU mit einer unzureichenden Eigenkapitalausstattung von unter zehn Prozent (bezogen auf die gesamte Bilanzsumme) hat leicht von 29,9 auf 30,5 Prozent zugelegt. Auf der anderen Seite haben die Mittelständler mit solider Eigenkapitalfinanzierung von über 30 Prozent von 28,7 auf 27,1 Prozent abgenommen. Dabei ist allerdings anzumerken, dass die Eigenkapitalsituation der Unternehmen sich in den letzten zehn Jahren deutlich verbessert hat. 2002 waren es nur 16,6 Prozent der Unternehmen, die eine satte Eigenkapitalausstattung von über 30 Prozent vorzuweisen haben – nun sind es elf Prozentpunkte mehr.

Liquidität bleibt Trumpf

Einen weiteren Markstein der Finanzierung bildet das Working-Capital-Management. Hier geht es in erster Linie um den Umgang mit den Außenständen, um das Zahlungsverhalten der Kunden und Abnehmer. Dabei hat sich das Zahlungsverhalten der Kunden gebessert. Rund die Hälfte aller Befragten geben dem Zahlungsverhalten die Noten gut oder sehr gut. Gleichzeitig sind 3,7 Prozent der Unternehmen mit der Zahlungsmoral der Kundschaft überhaupt nicht zufrieden. Immerhin: Bei der Begleichung einer Rechnung lassen die Unternehmen sich weniger Zeit als 2011. Überfällige Rechnungen zählen gegen Ende 2012 12,3 Tage Verzug – im Vorjahr waren es 12,7 Tage. Im Zuge der leichten Verschlechterung der Konjunktur im ersten Halbjahr 2013 wird es auch zu einer – ebenso leichten – Abflachung bei den Faktoren für das Liquiditätsmanagement kommen. Der Zahlungsverzug wird sich etwas ausweiten – von den bislang durchschnittlich 12,3 Tagen werden wir in den kommenden Monaten wohl auf 13 Tage Zahlungsverzug steigen. Eine ähnliche Tendenz ist für die Forderungsausfälle 2013 zu erwarten. Hier dürfte sich der Anteil der Unternehmen mit spürbaren Forderungsausfällen von 9,2 Prozent (2012) auf rund zehn Prozent im Jahr 2013 erhöhen („spürbare Ausfälle“ ist ein Wert in Höhe von rund einem Prozent Ausfall des Umsatzes).

Insolvenz-Welle bleibt aus

Im Zuge der guten Konjunktur 2012 hatte sich auch das Geschehen bei den Unternehmensinsolvenzen abgeflacht. Mit 29.500 Betroffenen liegt man 2012 um 2,1 Prozent unter dem Vorjahr. Für dieses Jahr erwartet Creditreform einen nur leichten Anstieg der Unternehmensinsolvenzen auf rund 30.500 Fälle. Dieser nur hauchdünne Zugang bei den Unternehmensinsolvenzen ist 2013 aber nicht nur der immer noch positiven Konjunktur, sondern auch der weiterhin guten Situation bei der Finanzierung der Betriebe zu verdanken. Neben der stabilen Lage bei Eigenkapital und Forderungsmanagement ist es auch der zu erwartende leichte Zugang zur Fremdfinanzierung, der die Betriebe auf der sicheren Seite hält. Die „Kredithürde“ für die gewerbliche Wirtschaft Deutschlands, wie sie das ifo-Institut monatlich erstellt, zeigte im November bei minimaler Steigerung im Grunde seit einem Jahr eine Seitwärtsbewegung. Laut ifo fürchten 21,6 Prozent der Unternehmen Restriktionen bei der Kreditvergabe der Banken. Gegenüber 2009 und 2010, als über 40 Prozent der gewerblichen Wirtschaft von Zurückhaltung bei der Kreditvergabe sprachen, ergibt sich hier für das Jahr 2012 keine weitere Verschlechterung. Im Zusammenhang mit den wohl weiter niedrigen Zinsen können sich die Betriebe durchaus komfortabel finanzieren.

Fazit: Trotz einer Abschwächung der Konjunktur in den ersten sechs Monaten des Jahres 2013 stehen die Konjunktursignale in Deutschland weiterhin auf grün. Der Arbeitsmarkt, die Umsätze und die Erträge der Unternehmen sowie die psychologischen Faktoren um Motivation und Geschäftsklima werden Deutschland auch 2013 zur Konjunkturlokomotive Europas machen. Die Finanzierungssituation wird nicht bröckeln. Auf der Basis einer sicheren Innenfinanzierung wird auch der Zugang zu Krediten – und wohl auch zum Kapitalmarkt – 2013 günstig bleiben. Die Insolvenzen werden etwa auf dem Niveau des Vorjahres stehen.

Das positive Bild für die Konjunktur und Finanzierung 2013 lässt sich allerdings nur halten, wenn das Damoklesschwert der Euro-Krise nicht niedersaust. Ein Einbruch im Finanzsystem hätte unabsehbare Folgen für die wirtschaftliche Lage und die Überlebenskraft der Unternehmen. Alle anderen „Kassandra-Rufe“ im Zusammenhang mit der Fiskalklippe in den USA, den Eintrübungen überseeischer Exportmärkte oder die Probleme im Energiesektor sind demgegenüber marginal. Setzen wir also darauf, dass es auch in diesem Jahr gelingt, den Euro und die Währungsunion zu vertretbaren Preisen zusammenzuhalten, damit dieser Ausblick sich zum Jahresende 2013 als richtig erweist.