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Deutschland erhöht seine Militärausgaben infolge des Ukraine-Krieges. Das weckt auch bei Anlegern Interesse an Rüstungsaktien. Was sollten sie dabei berücksichtigen und wie können sie in diesem Bereich investieren?
Nach dem Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine verwendete Bundeskanzler Olaf Scholz am 27. Februar im Bundestag erstmals den Begriff der Zeitenwende. Er ist mittlerweile zu einer festen Größe in der politischen Debatte geworden. Deutschland will in den kommenden Jahren mit einem Sondervermögen von 100 Milliarden Euro die Bundeswehr und die Landesverteidigung aufrüsten.
Auch andere europäische Länder planen, mehr Geld in ihr Militär zu stecken. Schon 2021 erreichten die weltweiten Rüstungsausgaben mit 1,96 Billionen Dollar einen neuen Höchstwert.
Rüstungsaktien: Eine Frage der Ethik
Viele Anleger fragen sich, ob sie nun in Rüstungsunternehmen investieren sollen. Nach der Ankündigung höherer Rüstungsausgaben haben deren Aktien im Frühjahr stark zugelegt. In den vergangenen Monaten gaben die Werte im Zuge der schlechten Stimmung an den Börsen allerdings wieder etwas nach.
Über allem steht zudem die Frage, ob Investments in Rüstungsaktien ethisch vertretbar sind. Bei der Antwort darauf spielt die Europäische Union eine zentrale Rolle. Sie will mit ihrem „Green Deal“ Nachhaltigkeit fördern und definiert über die sogenannte Taxonomie, welche Wirtschaftsaktivitäten nachhaltig sind und welche nicht. So will sie Kapital in nachhaltige Anlagen lenken, um die Klimawende voranzutreiben.
Die Klassifizierung ist höchst umstritten: In der Umwelt-Taxonomie hat die EU etwa Atomkraft als nachhaltig deklariert. Das hat zu heftiger Kritik gerade auch aus Deutschland geführt.
Nun steht die „soziale Taxonomie“ auf der Agenda der EU – und es droht wieder Ungemach. Denn dabei geht es auch um die Einstufung von Rüstungsgütern. Für den Bundesverband der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie (BDSV), die Interessenvertretung der Waffenproduzenten, ist Sicherheit Voraussetzung für Nachhaltigkeit. Erst eine funktionierende Landesverteidigung ermögliche ein Leben in Freiheit und in einer freien Gesellschaft, so die Argumentation.
Eine dezidiert andere Meinung vertritt Alfred Platow, der mit seiner Fondsgesellschaft Ökoworld einer der Pioniere des nachhaltigen Investierens in Deutschland ist: „Egal, ob es dem Verteidigungs- oder Angriffszweck gilt, Waffen sind nicht nachhaltig.“ Platow geht in seiner Kritik weiter: „Rüstungsfirmen als ethische und soziale Investmentanlage anzupreisen, wäre doch absurder als absurd.“
Wie die EU entscheiden wird, steht noch nicht fest. Die Sustainable Finance Platform der EU hat im März 2022 ihren Bericht zur sozialen Taxonomie vorgelegt. „Es gibt keine direkten Aussagen dazu, ob und unter welchen Bedingungen Waffen als nachhaltig eingestuft werden könnten“, sagt Verena Menne, Referentin für Recht und Regulatorik beim Forum Nachhaltige Geldanlagen. Offensichtlich sollen aber Geschäfte mit geächteten Waffen wie Tretminen und Streubomben nicht als nachhaltig deklariert werden.
Für die Rüstungsindustrie ist die Einstufung wichtig. Sollten Investments in Rüstungsgüter den Stempel „nachhaltig“ bekommen, können sich Unternehmen Kapital zu besseren Konditionen verschaffen. Aber auch für Anleger ist die Taxonomie von entscheidender Bedeutung: Geldanlagen, die die EU als nachhaltig deklariert hat, haben an den Börsen bessere Chancen.
Wer investiert, braucht Geduld
Ein Selbstläufer sind Rüstungsaktien nicht. Das zeigen auch die Papiere des Rüstungskonzerns Rheinmetall. Nach der Ankündigung des Sondervermögens durch Olaf Scholz im Februar legten sie um 100 Prozent auf mehr als 200 Euro zu. Mittlerweile hat sich der Wert der Aktie auf 150 Euro korrigiert.
Grund dafür ist die schlechte Börsenstimmung, aber auch, dass Rheinmetall Ausschreibungen in der Slowakei und Tschechien nicht für sich entscheiden konnte. Analyst Alexander Neuberger vom Bankhaus Metzler hält dies nicht für entscheidend. Rheinmetall stünde angesichts der Wehretatpläne der Bundesregierung gut da. Das Unternehmen ist mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von zwölf nicht hoch bewertet.
Dennoch brauchen Anleger in diesem Bereich Geduld. Zum einen dauert die Produktion militärischer Güter ihre Zeit. Bestellungen schlagen sich also erst mit deutlicher Verzögerung in den Geschäftszahlen nieder. Zudem bleibt das Risiko, dass jeder Auftrag von politischen Entscheidungen abhängig ist.
Eine Alternative zu einem Einzelinvestment kann das „European Aerospace and Defense Indexzertifikat“ (WKN KG4WN1) der Citigroup sein. Der Aktienkorb umfasst insgesamt neun Werte. Enthalten sind Unternehmen aus der Luftfahrt- und der Rüstungsbranche.
So finden sich darin auch die Aktien des Flugzeughersteller Airbus oder des Turbinenherstellers MTU Aero Engines. Neben Rheinmetall sind auch der französische Rüstungskonzern Thales sowie der italienische Rüstungskonzern Leonardo im Portfolio vertreten. Der wichtigste Wert, mit einem Anteil von 17 Prozent, ist der französische Luftfahrtkonzern Safran.
Das Unternehmen stellt auch Triebwerke für die Boeing 737 Max und die A320neo-Serie von Airbus her. Die Nachfrage nimmt zu. Mit dem Zertifikat können Anleger also auf das Wachstum sowohl in der Luftfahrt- als auch der Rüstungsbranche setzen.