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Creditreform

Die Maschinen laufen nicht, das Ladenlokal wurde wegen eines Rohrbruchs überflutet, das IT-Netzwerk meldet Virenbefall. Jeder Ausfalltag kostet Unternehmen viel Geld. Ohne Versicherungsschutz kann sogar die Existenz auf dem Spiel stehen. Welche Policen für den Ernstfall nötig und sinnvoll sind.

Die Gemeinde Odenthal im Bergischen Land, unweit von Köln und Leverkusen. Durchaus charmant und malerisch dank der Fachwerkarchitektur in der alten Ortsmitte. Für viele, zumal Durchreisende, ist hier die Welt noch in Ordnung. Ein Idyll – die meisten der rund 13.000 Einwohner denken dies wohl auch.

Mittendrin im Ort führt Dietmar Tönnies seit 1994 als selbstständiger Kaufmann den Rewe-Supermarkt. Nebst einem Getränkemarkt, der sich nur 300 Meter Luftlinie entfernt befindet. Für rund 60 Mitarbeiter sowie alles in allem gut 1.000 Quadratmeter Verkaufsfläche ist der 55-Jährige verantwortlich. Seine Devise: „Ein gutes Betriebsklima.“ Werte, die auch seine Kunden zu schätzen wissen. Hunderte, vielleicht noch mehr, kennen er und seine Mitarbeiter namentlich. Das schafft Nähe und sorgt für große Kundentreue.

Ortswechsel: vom Bergischen ins Frankenland nach Nürnberg. Dort, in einer Straße, die nach dem Dichter Johann Gottfried Seume benannt ist, sitzt die Kommunikations- und Designagentur Comdeluxe. Agenturchefin Sabine Fuchs und ihr nahezu 20-köpfiges Team münzen ihre Kreativität für Unternehmenskunden in Umsatz und Gewinn um. Offenbar erfolgreich, Comdeluxe wurde in diesem Jahr zum zweiten Mal mit den renommierten „German Design Award“ ausgezeichnet.

Betriebsunterbrechung: Maßgeschneiderter Versicherungsschutz

Verbraucherfreundliche Nahversorgung hier, Ideen für die Selbstdarstellung von Firmen dort – die beiden Geschäftsmodelle haben so gut wie keine Gemeinsamkeiten. Kein Wunder also, dass Dietmar Tönnies und Sabine Fuchs auch einen für ihr jeweiliges Unternehmen maßgeschneiderten Versicherungsschutz benötigen. Beide sind überzeugt, dass sie darüber auch verfügen. Tönnies vor allem, weil „die Rewe einen eigenen Versicherungsdienst hat, der bei Beratung und Versicherungsangeboten spezialisiert ist auf die Belange der selbstständigen Rewe-Kaufleute“. Und Agenturchefin Fuchs glaubt, dass „unser Versicherungsportfolio mit der Elektronik-, Inhalts-, Gruppenunfall-, Haftpflicht- sowie Kfz-Police komplett ist“.

Doch Urs Hoffmann, Geschäftsführer der Hoffmann Finanz- und Versicherungsmakler GmbH in Allensbach, ist sich nicht so sicher, dass der Rewe-Kaufmann und die Agenturchefin für ihre Firmen maßgeschneiderten Versicherungsschutz genießen. Und dies gleich in zweifacher Hinsicht: Zum einen stellt er sich die Frage, ob das Policen-Paket sinnvoll gepackt ist. „Man muss also überprüfen, was noch fehlt und was überflüssig ist“, erklärt Makler Hoffmann. Zum anderen lohne es sich, regelmäßig den Versicherungsschutz und die Konditionen auf den Prüfstand zu stellen. Oft bieten andere Anbieter preiswertere Policen oder die Ausrichtung der einzelnen Verträge muss an die aktuelle Geschäftssituation angepasst werden.

Diese Versicherungen sind elementar

Dennoch gibt es Versicherungen, die praktisch für jedes Unternehmen sinnvoll und nötig sind – nicht nur angesichts des Worst Case Betriebsunterbrechung. Hier stellt sich in den meisten Fällen nicht die Frage, ob die Police überhaupt notwendig ist, sondern wie teuer das jeweilige Angebot ausfällt. Für das Creditreform-Magazin hat Versicherungsmakler Hoffmann ein Basis-Policen-Paket zusammengestellt. Es besteht aus Verträgen zu folgenden Aspekten:

 

Betriebshaftpflicht für Gewerbetreibende / Berufshaftpflicht für Freiberufler

Diese Police sichert gegen Forderungen Dritter aus der gesetzlichen Haftpflicht ab. „Bei Schäden aus der beruflichen respektive betrieblichen Tätigkeit zahlt die private Haftpflicht nicht“, so Makler Hoffmann. Wichtig ist: Zu den versicherten Personen gehören auch die Mitarbeiter des Unternehmens.

„Bei Schäden aus der betrieblichen Tätigkeit zahlt die private Haftpflicht nicht.“ Urs Hoffmann, Versicherungsmakler

Der Versicherer überprüft grundsätzlich sämtliche Haftungsansprüche und wehrt, nicht zuletzt im eigenen Interesse, unberechtigte Forderungen ab. Zu den Leistungen zählen unter anderem auch aus Personenschäden resultierende Forderungen. Rutscht also ein Kunde auf dem frisch gewischten Boden des Rewe-Supermarktes in Odenthal aus, übernimmt die Betriebshaftpflicht in der Regel die Kosten. Dazu können auch die Zahlung von Schmerzensgeld, die Ausgaben für Rehabilitationsmaßnahmen und weitere Folgeaufwendungen gehören.

Die Kosten für die Police richten sich vor allem nach der Art der Geschäftstätigkeit und nach der Größe des Betriebs. Ein Tipp: Firmeninhaber und Freiberufler sollten unbedingt darauf achten, dass im Versicherungsvertrag die geschäftlichen Aktivitäten präzise beschrieben werden und alle relevanten Daten, etwa die Anzahl der Mitarbeiter und der Niederlassungen, enthalten sind.

 

Inhalts- oder Geschäftsversicherung

Mit dieser Versicherung können sich Firmenchefs vor den finanziellen Folgen von Risiken wie Feuer, Einbruchdiebstahl, Vandalismus, Wasser sowie Sturm und Hagel absichern. Zum Leistungsumfang zählt die Übernahme der Kosten für die Schadenbeseitigung und Instandsetzung. Dabei „steigen die Beiträge meist proportional mit der Zahl der zu versichernden Risikofaktoren“, erklärt Makler Hoffmann. In der Regel ist das gesamte bewegliche Inventar wie Büromöbel, Anlagen, Maschinen, Material sowie Werkzeuge abgesichert – unabhängig davon, ob die Firma Eigentümer ist oder aber Büromöbel und Werkzeuge lediglich geleast oder angemietet sind. Überdies kann der Schutz von fremdem Eigentum in die eigene Geschäftsversicherung eingeschlossen werden. Längst existieren auf dem Markt spezialisierte Geschäftsversicherungen, die auf unterschiedliche Gewerbearten zielen. Etwa auf Handwerk und Baunebengewerbe, Gastronomie, Einzelhandel, Verwaltungsstellen und Büros sowie medizinische Einrichtungen und Heilberufe.

 

Betriebsunterbrechungspolice (Ertragsausfallversicherung)

Für manche Unternehmen kann die Unterbrechung des Arbeitsablaufs, aus welchen Gründen auch immer, schnell zu gravierenden wirtschaftlichen Problemen führen. Im schlimmsten Fall sogar zur Pleite. In der Regel erstattet diese Versicherung finanzielle Einbußen während einer Betriebsunterbrechung. Denn Löhne und Gehälter müssen weiterbezahlt werden, Mieten und Zinsen ebenfalls. Wichtig: „Der Haftungszeitraum wird bei Vertragsabschluss fixiert und beläuft sich normalerweise auf zwölf Monate“, sagt Versicherungsmakler Hoffmann.

Die Betriebsunterbrechungspolice kann in drei unterschiedlichen Varianten abgeschlossen und deshalb passgenau auf die Bedürfnisse eines Unternehmens zugeschnitten werden. Meist gut abgesichert sind kleine und mittelständische Betriebe mit einem Betriebsvermögen bis zu einer Million Euro mit einer Kleinen Betriebsunterbrechungsversicherung (KBU). „Die Versicherungssumme der KBU folgt immer der Versicherungssumme der Inhaltsversicherung. Dies auch nur für die Risiken, die im Rahmen der Inhaltsversicherung abgesichert sind“, so Hoffmann.

Die Mittlere Betriebsunterbrechungspolice (MBU) bedarf keiner zusätzlichen Inhaltsversicherung und basiert auf einer eigenständigen Ermittlung der Versicherungssumme. Diese kann zwischen einer halben und zehn Millionen Euro betragen. Große Firmen oder Konzerne mit erhöhten Risiken schließen dagegen eine Große Betriebsunterbrechungsversicherung (GBU) mit der höchsten Versicherungssumme ab. Auf Basis des Jahresumsatzes und des Betriebsvermögens können Unter- und Überversicherungen vermieden werden.

 

Elektronikversicherung

Mit ihr können Firmen, Behörden und auch Arztpraxen ihr gesamtes technisches Inventar versichern. Im Umfang enthalten sind in der Regel auch Datenträger, sofern der Benutzer sie nicht auswechseln kann. Gleiches gilt für die digitalen Dokumente selbst, falls sie „für die grundlegenden Funktionen der versicherten Sache zwingend nötig sind“, erklärt Urs Hoffmann. Deshalb könnten regelmäßig auch Betriebssysteme mitversichert werden. Im Leistungsumfang enthalten sind Beschädigungen und Zerstörungen nach „plötzlich auftretenden Ereignissen“ wie Raub oder Leitungswasserschäden, aber auch Bedienungsfehlern und anderen Ungeschicklichkeiten.

 

Transport- oder Werkverkehrsversicherung

Sie deckt Risiken beim Transport von Gütern ab. Versichert sind das Transportgut selbst, das Transportmittel sowie mögliche Ansprüche Dritter. Umgangssprachlich wird mit der Transportversicherung meist die Warenversicherung respektive Güterversicherung verbunden. Sie springt bei der Beschädigung oder dem Verlust einer Sendung während des Transports ein. Gekoppelt wird die Güter- oft mit einer sogenannten Werkverkehrsversicherung. Letztere kommt für Schäden an betrieblich eingesetzten Fahrzeugen auf.

„Chefs sollten genau auf die Leistungsausschlüsse achten.“ Urs Hoffmann, Versicherungsmakler

Grundsätzlich gilt: Bei sämtlichen gewerblichen Policen gibt es teils riesige Unterschiede bei den einzelnen Leistungen. „Chefs sollten genau auf die im Vertrag enthaltenen Leistungsausschlüsse achten“, rät Makler Hoffmann. Seiner Erfahrung nach seien es oft genau diese, die nach einem Schaden zu Ärger führten.

Den Überblick über Versicherungsangebote und das Kleingedruckte zu behalten, fällt oft schwer. Deshalb setzen die meisten Unternehmer auf externe Expertise. Doch wer soll die Beratung übernehmen? Die beste Wahl ist meist ein auf den Sach- und Gewerbebereich spezialisierter Makler. Er ist unabhängig und bietet normalerweise die größte Auswahl unterschiedlicher Anbieter und Angebote. Ausschließlichkeitsvermittler hingegen, auch „Ein-Firmen-Vertreter“ genannt, haben nur die Produkte aus dem Portfolio „ihres“ Versicherers im Koffer. Und auch sogenannte Mehrfachagenten bieten trotz des Zugriffs auf unterschiedliche Versicherer ebenfalls ein nur eingeschränktes Angebot. Fachleute warnen zudem vor Strukturvertrieben als Beratungsinstanz. Hier darf regelmäßig bezweifelt werden, dass der Mitarbeiter die nötige Kompetenz mitbringt, ein individuelles, komplexes Firmenangebot zu schnüren.

 

 

Spezialpolicen für den Einzelhandel

Für diese Branche kommen neben dem Basisschutz zwei weitere Versicherungen infrage:

Vertrauensschaden

Der Firmenchef ist Versicherungsnehmer und nach einem Vertrauensbruch auch der Geschädigte. Zu den versicherten Bereichen zählen Veruntreuung, Unterschlagung und Diebstahl, Betrug sowie Urkundenfälschung durch Mitarbeiter und andere Vertrauenspersonen. Überdies greift die Police auch bei internen Hackerangriffen oder Sabotage. Wichtig: Die Kostenübernahme durch den Versicherer ist an unterschiedliche Voraussetzungen geknüpft, erfordert jedoch keine Strafanzeige gegen den Schädiger. Allgemein sind diese Policen ohne Verpflichtung zur Strafanzeige vorteilhaft für Firmen mit wechselnden Mitarbeitern oder sehr hohen Angestelltenzahlen, weil diese in der Regel eine vergleichsweise unkomplizierte Abwicklung bei Vermögensschäden bieten.

Glas

Eine spezielle Glasversicherung haben wir nicht“, sagt Rewe-Kaufmann Dietmar Tönnies. Denn Schaufenster bis zu einer Einzelgröße von zehn Quadratmetern sind meist im Rahmen der Inhaltsversicherung abgesichert. Bei größeren Glasflächen kann eine zusätzliche Versicherung sinnvoll sein. Diese ist aber „vergleichsweise teuer“, weiß Tönnies.

 

Haftpflicht für IT-Dienstleister

Eine kurze Unachtsamkeit mit der Hardware, ein Fehler bei der Programmierung oder aber der versehentliche Datenverlust können große wirtschaftliche Schäden beim Auftraggeber verursachen. Der Dienstleister, ob nun Freiberufler oder GmbH, muss dann mit dem gesamten Betriebs- respektive Privatvermögen ein Leben lang haften. Bei der IT-Haftpflichtversicherung werden im Gegensatz zur klassischen Betriebshaftpflicht vor allem jene speziellen Vermögensschäden abgesichert, welche in der IT-Branche besonders häufig vorkommen. Überdies schützt die Police den Versicherungsnehmer vor ungerechtfertigten Schadenersatzforderungen seiner unzufriedenen Kunden.

 

Spezialpolicen für das produzierende Gewerbe

Stillstand kostet, denn fällt eine Anlage aus, laufen die üblichen Betriebskosten weiter: Gehälter, Mieten, Energieversorgung, Finanzierungskosten. Zwei interessante Policen für Herstellerbetriebe sind:

Maschinenversicherung

Sie schützt Unternehmen vor den finanziellen Folgen beschädigter betrieblich eingesetzter Technologie. Versicherbar sind alle Anwendungsbereiche – von Kraftmaschinen wie Generatoren bis hin zu Textil- und Recyclingmaschinen. Inkludiert sind Schäden durch technische Gefahren, menschliches Versagen und höhere Gewalt. Die Versicherungssumme ergibt sich aus dem jeweiligen Neuwert der Maschinen. Nach einem Schaden ersetzt der Versicherer den Zeitwert, der sich aus dem Neuwert minus Abschlag für Alter, Abnutzung und Gebrauchsintensität errechnet.

Maschinen-Betriebsunterbrechungsversicherung

Diese Verträge regulieren Schäden während des Maschinen- und deshalb Produktionsausfalls. Der Versicherer übernimmt die Ertragsausfälle, die individuell nach der Ertragskraft des Unternehmens und der einzelnen Maschinen berechnet werden. Berücksichtigt werden dabei Umsatzerlöse, von denen variable Kosten wie für Hilfs-, Roh- und Betriebsstoffe abgezogen werden. Gegebenenfalls auch unter Berücksichtigung der Lohnkosten.