Warum ist unser Mittelstand für Sie als Investor hauptsächlich interessant?
Wir bei Gimv tätigen Direktinvestitionen in Deutschland seit mehr als zehn Jahren – das ermöglicht uns einen tiefen Einblick in die hiesige Unternehmenslandschaft. Dabei haben wir erkannt, dass neue und kreative Ansätze oftmals nicht in großen Konzernen entwickelt werden. Sondern es sind kleine und mittelständische Firmen, die flexibel und schnell innovative Lösungen entwickelt haben. Und das meist außerhalb des Rampenlichts der Öffentlichkeit, also die Hidden Champions. Diese Unternehmen wollen wir finden und sie auf ihrem Weg zum Marktführer unterstützen.
Nun ist die Sicht unter vielen Unternehmern aber verhaltener. Viele unserer Leser haben immer noch das Bild der Heuschrecke vor Augen …
Dieses negative Image hält sich leider hartnäckig, ist aber in den meisten Fällen falsch. Gimv sieht sich zum Beispiel als Partner auf Augenhöhe, der Unternehmen berät – im operativen Geschäft, aber natürlich auch strategisch – und im Wachstum fördert. Plant das Unternehmen zum Beispiel die Expansion in neue Märkte und Branchen, kommt es nicht nur darauf an, die nötige finanzielle Unterstützung zu bekommen. Wir stehen darüber hinaus als Sparringspartner zur Verfügung oder stellen entscheidende Geschäftskontakte her. Wichtig ist aber bei alldem, dass sich die Ziele des Unternehmens mit denen des Investors decken.
Welche Kriterien muss ein Unternehmen denn erfüllen, damit Sie investieren?
Gimv fokussiert auf Unternehmen, die in Wachstumsmärkten aktiv sind, hier innovative Lösungen entwickelt und bereits eine gewisse Größe haben. Wir stellen bis zu 30 Millionen Euro pro Transaktion zur Verfügung. Darüber hinaus wollen wir Lead-Investor sein. Es ist uns wichtig, Mitglied des Aufsichts- oder Beirats zu werden. Soweit die Grundvoraussetzungen. Bezüglich weiterer Kriterien müssen wir zwischen einem Frühphasenund einem Later-Stage-Investment unterscheiden. So muss zudem eine klare „Value Creation“-Strategie vorliegen: dafür muss es in einem Frühphaseninvestment klare Meilensteine geben. Bei den Later-Stage-Investments hingegen geht es darum, dass die weiteren Ziele und die Strategie für weiteres Wachstum klar definiert sind.
Und welche Exit-Strategie verfolgen Sie?
In diesem Punkt unterscheiden wir uns von anderen Investoren. Wir haben einen Evergreen-Fonds, einen Fonds also, den wir nicht nach beispielsweise zehn Jahren schließen müssen, was den Exit-Druck erhöhen würde. Natürlich suchen wir auch gute Exit-Möglichkeiten, haben über unseren Fonds aber die Option, in Unternehmen länger investiert zu bleiben. Bei Investitionen, in deren Mittelpunkt die technologische Innovation steht, ist die meist genutzte Strategie nach wie vor der Trade-Sale. Bei den Later-Stage-Fällen ist es häufig entweder auch der Kauf durch einen Strategen, durch einen anderen Finanzinvestor oder ein Börsengang.
Welche Branchen haben Sie in Deutschland im Fokus, wo sehen Sie die Marktführer der Zukunft?
Wir hoffen hier in Deutschland vor allem auf Medizintechnikspezialisten und Dienstleister im Gesundheits- und Pflegebereich, aber auch auf Unternehmen aus dem Bereich Smart Industries, wo Deutschland mit seinem Ingenieurswissen eine feste Größe ist. Wir sehen gute Chancen in Nischen wie zum Beispiel Karbonfasern im Automobil- oder Flugzeugbau. Dort entstehen dank einer neuen Technologie komplett neue Zulieferbedürfnisse, in die wir investieren wollen. Auch der Bereich E-Mobility ist ein interessanter Wachstumsmarkt. Auf Basis der neuen Antriebe wird es in Zukunft völlig neue und höchst spannende Fahrzeugkonzepte geben – aktuelle Beispiele sind Elektro-Roller und E-Bikes. Die Fragen stellte Ingo Schenk