Vor wenigen Jahren wurde der Vorsteuerabzug bei gemischt genutzten Immobilien stark eingeschränkt. Durch ein aktuelles Urteil des Bundesfinanzhofs drohen Grundstücksbesitzern jetzt Nachforderungen.
Sofern eine Immobilie nur teilweise unternehmerischen Zwecken dient oder umsatzsteuerpflichtig vermietet wird, dürfen seit 2011 nur noch die darauf entfallenden Vorsteuerbeträge abgezogen werden. Wichtig bei gemischt genutzten Grundstücken ist deshalb, in Zweifelsfällen die beabsichtigte unschädliche Nutzung durch belastbare Nachweise oder zumindest objektive Anhaltspunkte wie Vermietungsinserate oder Schriftwechsel gegenüber dem Finanzamt untermauern zu können.
Auch weiterhin gilt: Stehen Aufwendungen sowohl mit der unternehmerischen Verwendung des Gebäudes als auch mit dessen Nutzung für außerunternehmerische Zwecke in Zusammenhang, kommen Immobilienbesitzer nicht um eine Aufteilung der entsprechenden Vorsteuerbeträge herum. Darunter fallen etwa Dachrenovierungen oder energetische Einsparmaßnahmen, die keinem Gebäudeteil allein zugeordnet werden können. Als Aufteilungsmaßstab dient den Finanzämtern dabei regelmäßig das Verhältnis der Nutzflächen (Flächenschlüssel), da das Umsatzsteuergesetz (§ 15 Abs. 4 Satz 3 UStG) eine Berechnung nach dem Verhältnis der voraussichtlich steuerpflichtigen zu den steuerfreien Ausgangsumsätzen (Umsatzschlüssel) bereits seit 2004 nur noch nachrangig – sprich in Ausnahmefällen – erlaubt.
Vorsteuer nach Flächenschlüssel
Eine direkte Zuordnung in Rechnung gestellter Vorsteuerbeträge zum jeweiligen Nutzungsbereich akzeptieren die Behörden seither ausschließlich bei reinen Erhaltungsaufwendungen. Bei (nachträglichen) Anschaffungs- oder Herstellungskosten für das Gebäude selbst müssen die abzugsfähigen Vorsteuerbeträge hingegen nach dem Flächenschlüssel berechnet werden. Sofern die Flächen vergleichbar sind, spielt es nach der aktuellen Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 10. August 2016 (Az.: XI R 31/09) keine Rolle, welche Aufwendungen in bestimmte Teile des Gebäudes eingehen. Nach Auffassung der Finanzrichter zählen allein die Verwendungsverhältnisse des gesamten Gebäudes.
Teurer Rückblick
Für zahlreiche Immobilieneigentümer dürfte das Urteil über den laufenden Vorsteuerabzug hinaus ein finanziell weitaus empfindlicheres Nachspiel haben. Grund dafür ist das seit jeher im Umsatzsteuerrecht vorgeschriebene Berichtigungsverfahren: Weicht der Unternehmer später von seiner ursprünglichen Absicht ab und nutzt die Wirtschaftsgüter und Leistungen auch für steuerfreie Umsätze, verlangt das Umsatzsteuergesetz (§ 15a UStG) bei Grundstücken einschließlich ihrer wesentlichen Bestandteile innerhalb von zehn Jahren ab erstmaliger Verwendung eine anteilige Korrektur ehemals geltend gemachter Vorsteuerbeträge.
Auf Grundlage der jüngsten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs vertritt der BFH in seiner Entscheidung vom 10. August 2016 nunmehr die Auffassung, dass die seit 2004 geltende Neuregelung der Aufteilungsmethode für den Vorsteuerabzug auch eine Änderung der für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnisse bewirken kann und so eine Berichtigung der im Zehn-Jahres-Zeitraum geltend gemachten Vorsteuerbeträge rechtfertigt. Pech für die Klägerin, die ihre abziehbaren Vorsteuern aus den Baukosten und laufenden Aufwendungen für ein Wohn- und Geschäftshaus nach dem Umsatzschlüssel aufgeteilt hatte. Mit Rückendeckung des Bundesfinanzhofs darf das Finanzamt jetzt den im zugrunde liegenden Sachverhalt deutlich ungünstigeren Flächenschlüssel anlegen – wohlgemerkt, auch für die Vorjahre.
Kam nicht in 2016 ein Urteil raus, wonach es möglich ist, auch nach dem Umsatzsteuerschlüssel aufzuteilen.
Fallbeispiel: Ein Handwerker baut eine alte Scheune (2015 Beginn, 2017 Fertigstellung) um zu einer Wohnung im OG (nutzt sie selbst) und einer Bäckerei mit Backstube und Laden im EG. Für die Backstube entstehen ihm erheblich höhere Aufwendungen wegen den Auflagen zum Brandschutz und zum Lebensmittelschutzgesetzt. Es würde zu einem vollkommen verfälschten Ergebnis führen, nach dem Flächenschlüssel aufzuteilen. Gibt es für diesen Fall eine gesetzliche Grundlage? Ich würde mich sehr freuen wenn ich hierzu eine Rückantwort erhalten würde.
Viele Grüße
Andrea Schupp