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Creditreform

Investitionen unterliegen ehernen Regeln, die nicht einmal durch die Globalisierung in Frage stehen: Sie müssen messbare Beiträge zur Verwirklichung der übergeordneten Unternehmensziele liefern. Dabei geht es insbesondere um die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit sowie um die Steigerung der Ertragskraft und des Unternehmenswerts. Zudem sind die Zukunftsfähigkeit, die Tragfähigkeit und die Robustheit des Geschäftsmodells wichtige Themen von Investitionen aller Art, wobei die klassische Terminologie immer auf das Anlagevermögen zielt. Investitionsrechnungen beziehen sich in der Regel auf Maschinen, Anlagen und Gebäude, die als aktivierungsfähige Objekte über ihre Nutzungsdauer und ihren Werteverzehr in Form von Abschreibungen ergebniswirksam und cashwirksam an das Unternehmen zurückfließen.

Klotzen statt kleckern

Solche Investitionen in das Anlagevermögen, aber auch in IT und Infrastruktur, haben in den letzten Jahren der Globalisierung im Zuge der Automatisierung durch den raschen technologischen Fortschritt sowie der kürzeren Technologiezyklen vieler Produkte und Verfahren zugenommen. Dies hat zu der Konsequenz geführt, dass sich die Amortisationszeiten – trotz gestiegener Investitions- und Kapitalrisiken – verkürzen sollten. Will man unter diesen Vorzeichen mit Investitionen strategische Vorteile erreichen, etwa die Erringung einer Markt-, Technologie- oder Kostenführerschaft, ist es erforderlich, „kritische“ Größen darzustellen, um eine solche Wirkung zu erzielen. Das Motto lautet dann „Klotzen statt kleckern“.

Insofern sind besonders investitions- und kapitalintensive Branchen wie die Papiererzeugung, die Zementherstellung, die Spanplattenproduktion und die Chip-Fertigung grundsätzlich nicht für mittelständische Familienunternehmen geeignet, wobei Ausnahmen die Regel bestätigen. Die Gefahr der Existenzgefährdung infolge von Fehlinvestitionen ist in diesen Industrien für Familienunternehmen bei Markt- und Beschäftigungsschwankungen signifikant hoch.

Die bisherige Betrachtung, die nach Branchen und Marktsegmenten zu differenzieren ist, zeigt, dass Investitionen auch bei ihrer engeren Auslegung auf das Anlagevermögen, mittel- und langfristige, also strategische Effekte auf Unternehmen haben. In diesem Sinne ist es ganz wesentlich, im Rahmen seiner klar definierten Geschäftsfelder und seiner reflektierten Wertschöpfungsstruktur zukunftsorientiert zu agieren. Die Schlüsselfrage lautet immer wieder gleich: „Wo und wie, also in welchem Maße und in welcher Form, ist nachhaltig markt- und ertragswirksam zu investieren?“

Erweiterten, ganzheitliche Investitionsbetrachtung

Erweitert man den Investitionsbegriff hinsichtlich der Mittelallokation über das Anlagevermögen hinaus und bezieht auch Komponenten des Umlaufvermögens, etwa Bestände und Forderungen ein, werden Investitionsbudgets noch einem anderen „Stresstest“ unterzogen. Dann können nämlich auch längere Zahlungsziele für Kunden und höhere Lagerbestände an Fertigwaren im Rahmen bestimmter Markt‐ und Wettbewerbsstrategien Instrumente sein, um Wettbewerbsvorteile durch höhere Lieferflexibilität zu gewinnen. Diese Maßnahmen kosten allesamt Geld und sind daher als strategische Marktinvestitionen zu interpretieren, die ihren „Return“ als wachsende Marktanteile, größere Stückzahlen oder als bessere Verkaufserlöse generieren.

Aber auch Investitionen in Forschung und Entwicklung oder in die Stärkung der Innovationskraft allgemein sind Teil einer erweiterten, ganzheitlichen Investitionsbetrachtung. Der wesentliche Unterschied von Investitionen im engeren Sinne und Investitionen im weiteren Sinne liegt primär darin, dass Investitionen in das Anlagevermögen wegen ihrer zeitlichen Bindung und ihrer erst später eintretenden Wirkung relativ schwer korrigierbar sind. Allerdings ist es möglich, dieses relativ hohe, starre Investitionsrisiko aktiv zu gestalten, indem die Kapazitätsrisiken und die Technologierisiken aufgeteilt oder an Vorlieferanten ausgelagert werden.

Demgegenüber sind Investitionen in produktionsferne Wertschöpfungsstufen eher und schneller neu auszurichten, was aber nicht dazu führen sollte, solche Entscheidungen weniger professionell vorzubereiten und umzusetzen! Diese Daueraufgabe, stetig, gezielt und wirksam zu investieren, immer wieder nachhaltig zu lösen, ist ein unabdingbares Element erfolgreicher Unternehmensführung, vielleicht gar der Prüfstein echten Unternehmertums, da die Risiken aus Investitionen über den Bestand des Großen und Ganzen entscheiden.

Aber auch die Wahrnehmung von Chancen, der Aufbau von Erfolgspotenzialen und die Realisierung von Effizienzreserven sind nicht ohne Investitionen denkbar. Chance und Risiko sind somit die beiden Seiten jeder Investition. Die Herausforderung besteht darin, die richtige Balance zwischen diesen beiden Polen zu halten.

Über den Autoren: Prof. Dr. Norbert Wieselhuber ist Gründer und Managing Partner der Dr. Wieselhuber & Partner GmbH. Er ist zudem Mitglied in verschiedenen Aufsichts- und Firmenbeiräten, Referent bei Top-Management-Veranstaltungen sowie Autor und Herausgeber zahlreicher Publikationen. Ferner ist er Gründungs- und Mitgesellschafter verschiedener Industrie- und Dienstleistungsunternehmen. Prof. Wieselhuber ist außerdem Honorarprofessor der Hochschule München und Träger des Bundesverdienstkreuzes für seine Verdienste um mittelständische Unternehmen in der Gesellschaft.