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Creditreform

Auch seriöse Unternehmer können schnell in den Verdacht der Geldwäsche kommen: Banken sind verpflichtet, jede Auffälligkeit in der Geschäftsbeziehung den Behörden zu melden. Wie sich jegliche Zweifel vermeiden lassen.

 

© Derek Bacon/Getty Images

Die EU-Kommission macht Druck. Ende Januar dieses Jahres kritisierte sie Deutschland und neun andere Mitgliedsländer, sich nicht ausreichend für die Geldwäsche-Prävention einzusetzen. Eine entsprechende europäische Richtlinie wurde nur teilweise umgesetzt. Im Frühjahr muss die Regierung in Vorlage gehen, sonst dürfte es zu einer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof kommen.

Die Zeitung „Die Welt“ berichtete jüngst überdies, dass die EU die sogenannte schwarze Liste wolle. Darin sind Länder mit einem erhöhten Risiko für Geldwäsche wie Panama, Libyen oder Saudi-Arabien aufgeführt. Wenn Firmen mit Partnern aus diesen Regionen zusammenarbeiten, sind besondere Sorgfaltspflichten einzuhalten.

„Das Thema hat momentan erhöhte Brisanz“, sagt Christine Varga-Zschau, promovierte Rechtsanwältin im Bereich Wirtschafts- und Steuerstrafrecht und Compliance sowie Geldwäschebeauftragte der Kanzlei Rödl & Partner in Nürnberg. Auch die Banken, die jeden Verdacht einer möglichen Geldwäsche melden müssen, sind sensibilisiert.

Mehrere Geldinstitute haben Lehrgeld gezahlt. Ihre Kontrollsysteme sollen versagt haben, die Banken in Geldwäscheaffären verwickelt sein und Kunden zur Ausfuhr von Millionenbeträgen verholfen haben. Die Behörden ahnden Nachlässigkeiten bei der Geldwäsche-Prävention mit hohen Bußgeldern. Die Finanzwelt erkennt den Druck und nimmt ihre Pflichten ernst.

Deshalb überprüft sie ihrerseits ihre Vertragspartner, also auch mittelständische Unternehmer. Banken nutzen etwa Scoring-Modelle, um für Firmenkunden ein Risikoprofil abzubilden. Dieses Profil wird permanent aktualisiert.

 

Jeglicher Verdacht auf Geldwäsche ist anzuzeigen

Die Financial Intelligence Unit, die zuständige Behörde, verzeichnet einen kontinuierlichen Anstieg der Meldungen. „Das Aufkommen hat sich in den Jahren von 2008 bis 2017 mehr als verachtfacht“, heißt es im aktuellen Jahresbericht. Rund 60.000 Mal wurden die Behörden zuletzt informiert, fast 50.000 Mal von den Banken.

Vor einigen Jahren brauchten die Geldinstitute erst zu reagieren, wenn ihnen konkrete Hinweise auf Geldwäsche vorlagen. Inzwischen genügen kleine Auffälligkeiten. „Die betroffenen Unternehmer erfahren von einer Meldung nichts“, erklärt Varga-Zschau. Sie erhalten erst Kenntnis, wenn die Behörden Ermittlungen aufnehmen. Firmenchefs sollten deshalb selbst präventiv agieren, um keine Zweifel aufkommen zu lassen.

 

Transparenz schaffen

Das betrifft die Kommunikation mit der Hausbank. „Wir müssen nachfragen, wenn Kunden beispielsweise eine hohe Summe Bargeld mitbringen und auf ein Konto einzahlen. Unternehmer reagieren mitunter verständnislos, weil sie meinen, das ginge die Bank nichts an“, sagt Andreas Middelberg, stellvertretendes Vorstandsmitglied der Kreissparkasse Ravensburg.

Ein Fehler: In einer solchen Situation bringen Firmenchefs besser gleich Belege mit. Middelberg erinnert sich an eine vorbildliche Unternehmerin, die ihr Auto bar verkauft hatte. Den Vertrag dazu legte sie der Bank vor.

Unternehmer sollten auch erhöhte Zahlungseingänge gegenüber ihrem Geldinstitut darlegen. Wenn beispielsweise in einem Monat ein ungewöhnlicher Großauftrag abzurechnen ist, darf das gegenüber der Bank ruhig erläutert werden. „Das gilt insbesondere, wenn aus einem Land außerhalb der EU überwiesen wird und womöglich zuvor noch nie Auslandsumsätze realisiert wurden“, erläutert Thomas Müller, Abteilungsleiter Compliance der Hamburger Sparkasse (Haspa).

 

Kenne deinen Kunden

Nach dem sogenannten Know-your-Customer-Prinzip (KYC) sollte jeder Firmenchef seine Auftraggeber kennen. Das bedeutet, der Sitz der Firma, die Kontaktdaten, die Rechtsform und nicht zuletzt die Position des Vertragspartners im Unternehmen sind bekannt. Firmenchefs müssen nähere Informationen einholen, etwa einen Auszug aus dem Handelsregister.

Sie klären den Zweck und die Art der Geschäftsbeziehung ab, wer der wirtschaftlich Berechtigte hinter dem Geschäft ist und ob eine sogenannte politisch exponierte Person involviert ist – also jemand, der ein wichtiges öffentliches Amt ausübt oder früher einmal ausgeübt hat.

„Unternehmer sollten Verdachtsmomenten unmittelbar nachgehen.“

Johannes von Eggelkraut-Gottanka, Kanzlei Ranke von Eggelkraut Gottanka

„Stellt der Unternehmer ein erhöhtes Geldwäscherisiko fest, beispielsweise weil der Geschäftspartner seinen Sitz in einem Drittstaat hat, dem von der EU ein erhöhtes Geldwäscherisiko zugewiesen wird oder weil er eine politisch exponierte Person ist, ergeben sich zusätzlich erhöhte Sorgfaltspflichten“, sagt Johannes von Eggelkraut-Gottanka, promovierter Partner der Kanzlei Ranke von Eggelkraut-Gottanka Rechtsanwälte in München.

Der Unternehmer muss dann beispielsweise Informationen über die Herkunft der Gelder einholen, die verwendet werden sollen. Das Geschäft ist besonders sorgfältig zu überwachen. Grundsätzlich gilt: Kommt in irgendeiner Form ein Verdacht auf, darf der Auftrag nicht fortgesetzt werden. „Viele Unternehmer haben hier über die Jahre ein Störgefühl entwickelt. Dieses sollten sie nicht ignorieren, sondern Verdachtsmomenten unmittelbar nachgehen“, sagt Rechtsanwalt von Eggelkraut-Gottanka. Im Zweifel müssen Unternehmer eine Meldung abgeben.

 

Dokumentation führen

Das Stichwort lautet: leichtfertige Geldwäsche. Ein Unternehmer macht sich strafbar, falls er grob unachtsam eine Straftat nicht erkennt. Erhöhte Aufmerksamkeit ist prinzipiell angebracht, wenn plötzlich höhere Summen auf ein Konto im Ausland transferiert werden sollen. Auffällig auch, wenn ein Kunde aus einem Drittstaat wie etwa Bosnien plötzlich sein Zahlungsverhalten ändert. „Hier sollte man konkret nach den Gründen fragen und das Gespräch dokumentieren“, rät Varga-Zschau. Anlass für weitere Recherchen besteht ebenso, wenn eine Lieferung von einer anderen Firma aus einem anderen Land bezahlt wird. Das ist nicht immer leicht zu erkennen. Viele Firmen haben Tochtergesellschaften außerhalb von Deutschland und Europa. Derartige Transfers sind dann durchaus normal. Doch sollten die Verflechtungen eben dokumentiert sein.

 

Risikomanagementsystem einführen

Expertin Varga-Zschau empfiehlt jedem Unternehmer, ein Risikomanagementsystem einzuführen – selbst wenn nicht alle dazu verpflichtet sind. „Am besten wird erst einmal analysiert, mit welchen Geschäftspartnern in welchen Ländern man zusammenarbeitet. Wer sind die Kunden? Welche Risiken ergeben sich aus der Leistungs- und Produktpalette des Unternehmens? Wo bestehen Transaktionsrisiken? Verzeichnet die Firma möglicherweise hohe Bargeldeinzahlungen und wenn ja, von wem? Und aus welchen Gründen?“, sagt Varga-Zschau. Die Antworten sollten schriftlich notiert werden. Im Anschluss wird ein Maßnahmenkatalog erstellt. Aus diesem leiten sich die internen Verhaltensanweisungen ab. „Die Mitarbeiter sind natürlich entsprechend zu schulen“, sagt Varga-Zschau.

Bei der Firma Becker Immobilien in Bonn ist das alles klar geregelt. „Als Immobilienmakler unterliegen wir einer erhöhten Sorgfaltspflicht. Deshalb legen wir besonderen Wert auf eine detaillierte Dokumentation“, sagt Geschäftsführer Rolf Ludwig Becker. Beispielsweise zeige jeder Kunde, der ein Objekt kaufen oder verkaufen will, seinen Personalausweis vor. Dieser werde vom Chef oder vom jeweiligen Mitarbeiter kopiert. Handschriftlich erfolge noch eine Notiz, dass das Original vorlag. „Wir kennen unsere Kunden“, sagt Becker. Barzahlungen kommen nicht vor. „Das lehnen wir kategorisch ab. Wir wurden bisher auch noch nicht danach gefragt“, sagt Becker.

 

Erhöhte Sorgfalt

Juweliere, Autohäuser, Kunsthändler, Immobilienmakler: Wer mit Luxusgütern handelt, ist zur Geldwäsche-Prävention in besonderem Maße verpflichtet. Das gilt vor allem, wenn auch nur einmal ein Barumsatz von über 10.000 Euro im Jahr erfolgt. Was von den sogenannten Güterhändlern nach der Geldwäscherichtlinie erwartet wird:

 

1. Prävention: Das Unternehmen muss betriebliche Maßnahmen ergreifen, wie etwa die verantwortlichen Mitarbeiter schulen (beispielsweise Verkäufer, Kassenpersonal oder die Mitarbeiter der Buchhaltung). Es ist zudem eine Risikoanalyse anzufertigen. Hier sind die Kunden, die Art der angebotenen Produkte, die Bargeldakzeptanz über der Identifizierungsschwelle sowie die Organisationsstruktur zu bewerten.

 

2. Dokumentation: Soweit Bargeld von 10.000 Euro oder mehr angenommen wird, sind der Vertragspartner sowie die für ihn auftretende Person zu identifizieren. Darunter fallen etwa Boten oder Bevollmächtigte. Der Reisepass oder der Personalausweis im Original sind vom Kunden vorzulegen. Der Führerschein reicht nicht aus. Der Ausweis muss gültig sein. Wichtig ist es, die Person und das Bild im Ausweis auch miteinander zu vergleichen. Der Rat der Europäischen Union hat ein Online-Register über europäische Identitätsdokumente und deren Echtheitsmerkmale veröffentlicht. Dort kann man nachsehen, wie ein Dokument im Original aussieht und welche Sicherheitsmerkmale es haben muss.

 

3. Verdachtsmeldung: Diese ist zwingend bei der sogenannten FIU, der Finance Intelligence Unit, auf der eigens eingerichteten Website goaml.fiu.bund.de abzugeben. Das sollte passieren, wenn:

  • die Art des Geschäfts nicht zum Kunden und dessen vermuteten wirtschaftlichen Verhältnissen passt.
  • der Kunde ohne nachvollziehbaren Grund weitestgehend den persönlichen Kontakt mit dem Unternehmen vermeidet.
  • der Kunde anonym bleiben will oder versucht, seine wahre Identität zu verschleiern.
  • der Kunde keinen Ausweis oder Pass vorlegt und dies nicht nachvollziehbar erklärt.
  • der Auftraggeber ungenaue oder offensichtlich falsche Angaben macht.
  • der Schwellenwert bei Einzeltransaktionen offensichtlich unterschritten wird, um eine Identifizierung zu vermeiden. Experten sprechen von sogenanntem Smurfing.
  • Zahlungsverpflichtungen durch Dritte erfüllt werden („Strohmanngeschäfte“).