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Creditreform

Durch den aktuellen Fifa-Schmiergeldskandal ist das Thema Korruption wieder in aller Munde. In vielen mittelständischen Unternehmen besteht große Unsicherheit, was überhaupt noch erlaubt ist und was nicht. Experten sind sich uneinig, ob Compliance-Regeln die Lösung aller Probleme sind.

Der Blumenstrauß für die Frau des Kunden, eine Einladung ins Sterne-Restaurant oder in die VIP-Lounge des Bundesligavereins: Die Möglichkeiten einem Geschäftspartner etwas Gutes zu tun, sind vielfältig. Aber auch die Verlockungen, selbst Geschenke anzunehmen, sind enorm. Was früher noch als Kavaliersdelikt abgetan wurde, ist heute in vielen Unternehmen verpönt. Doch ist alles auch automatisch Korruption? Wo hört die freundliche Geste in einer gesunden Geschäftsbeziehung auf – und wo fängt Korruption an?

Compliance-Experten sehen trotz verschärfter Antikorruptionsregeln in vielen Bereichen der Wirtschaft immer noch Handlungsbedarf:

„Bestechung ist in Deutschland leider an der Tagesordnung. Das ist bei uns nicht anders, als in anderen Ländern“,

sagt Christian Dohmen, von der auf Compliance spezialisierten Düsseldorfer Kanzlei WPNO Nalbach Otten.

Ein Beispiel: Der Vertriebler eines mittelständischen Unternehmens schließt ein Geschäft ab, gibt dem Kunden einen Preisnachlass und streicht dafür eine versteckte Provision ein. Meist fallen solche Vorgänge jahrelang nicht auf. „Firmeninhaber sind immer wieder überrascht, in welcher Häufung solche Fälle vorkommen. Für viele ist das ernüchternd“, sagt Dohmen. Dabei gehe es meist gar nicht um riesige Summen. Doch auch wer sich regelmäßig ins Restaurant einladen lässt, verstoße gegen die Regeln. „Die Grenzen zwischen ‚gerade noch angemessen‘ und Korruption sind jedoch fließend“, gibt Dohmen zu.

Wer Amtsträger beschenkt, bewegt sich auf dünnem Eis

Sich in einem gewissen Rahmen einladen zu lassen oder einen Geschäftspartner einzuladen, sei völlig okay, findet Wirtschaftsethiker Jörg Viebranz,  von Digital Spirit, die sich auf E-Compliance-Trainings spezialisiert haben: „Alles was im Rahmen von Vertragsabschlüssen stattfindet, muss aber strikt vermieden werden“, sagt Viebranz. „Dort bewegt man sich sonst im strafrechtlich relevanten Bereich.“, so der 34-Jährige weiter. Zum Kennenlernen oder für eine Geschäftsanbahnung seien Einladungen jedoch fast nie ein Problem. „Dann geht auch das Sterne-Restaurant oder mal die VIP-Lounge.“

Deutlich strenger als zwischen Geschäftspartnern wird dagegen der Umgang mit Amtsträgern gehandhabt.

„Die reine ‚Klimapflege‘ ohne konkreten Anlass geht dann schon in Richtung Korruption“,

erklärt der Compliance-Experte der IHK Köln, Tobias Rolfes. Es gehe darum, das sozial adäquate Maß von Geschenken zu beachten. „Wenn ich jemandem, der lange krank war, einen Blumenstrauß schicke, dann ist das in Ordnung“, sagt Rolfes. Hier gebe es einen konkreten Anlass. „Wenn ich aber einen Bauantrag einreiche und auch nur eine Tafel Milka dazulege, dann geht das gar nicht“, so Rolfes.

Doch wie verbreitet sind sogenannte Compliance-Management-Systeme in kleinen und mittelständischen Unternehmen? Lesen Sie weiter auf der nächsten Seite …