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Creditreform

Unternehmer sollten die wichtigsten Kennzahlen permanent auf dem Radar haben und Verbesserungspotenziale ausloten. So optimieren sie ihre Liquidität und die Finanzierung.

Mehrere Standorte in Deutschland und Kooperationen mit insgesamt 20 Geschäftspartnern – da kann man schnell den Überblick verlieren. Damit das nicht geschieht, erstellt Roland Netter, Vorstand der Personalberatung GKM Recruitment AG in Nürnberg, jedes Jahr eine ausführliche Geschäftsplanung inklusive Umsatz-, Ertrags- und Liquiditätsvorschau. Das Zahlenwerk dient zum einen als ganzheitliche Grundlage für die Unternehmenssteuerung. Zum anderen vergleicht der Firmenchef bewusst im Turnus von drei Monaten, ob sich seine Kennzahlen planmäßig entwickeln.

Liquidität regelmäßig analysieren

„Im Zweifel verändern wir kurzfristig unsere Prognose und unsere Strategie“, sagt Netter. So wurden zum Beispiel aufgrund eines Großauftrags aus der Telekommunikationsbranche die Einstellung neuer Mitarbeiter und Investitionen in deren technische Ausstattung fällig. „Umsatzerwartung, Aufwand und möglichen Ertrag haben wir kurzfristig neu berechnet und angepasst“, erinnert sich Netter. Parallel zur Jahresplanung erhält der Unternehmer jeden Monat die aktuellen betriebswirtschaftlichen Auswertungen, die sein Steuerberater anfertigt. „Diese lege ich aber nicht einfach unbesehen in die Schublade. Vielmehr nehme ich mir die Zeit, unsere Entwicklung regelmäßig zu analysieren“, erklärt der Firmenchef. Vor allem die tatsächlichen Kosten und die Umsatzerwartungen nimmt er akribisch unter die Lupe.

„Für das Controlling schauen sie aus dem Rückfenster“

Kein Zweifel: Netter geht professionell vor. Er kontrolliert das Geschehen in seiner Firma permanent und – ganz wichtig – vorausschauend. Eine Seltenheit, denn nach einer Studie der PFH Private Hochschule Göttingen wenden zwar 98 Prozent der Unternehmer durchaus Zeit dafür auf, einmal im Jahr ihre Bilanz, ihre Gewinn- und Verlustrechnung sowie die Kostenrechnung zu analysieren (93 Prozent). Darüber hinaus nutzen sie die Deckungsbeitragsrechnung (79 Prozent), Erfolgsplanung (76 Prozent) sowie die Budgetierung (72 Prozent) als Kontrollinstrumente. Doch mit diesen Tätigkeiten rücken vor allem Daten aus der Vergangenheit in den Fokus. „Überspitzt kann man sagen: Viele Geschäftsführer steuern ihr Unternehmen mit Vollgas nach vorn, für das Controlling schauen sie aber dauerhaft aus dem Rückfenster“, warnt Bernt R. A. Sierke, Unternehmensberater und Professor für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre der PFH Private Hochschule Göttingen.

Jedes fünfte Unternehmen plant Liquidität nicht

Ein solches Vorgehen kann fatal enden, etwa wenn Manager gefährliche Deckungslücken im Zahlungsverkehr nicht frühzeitig erkennen. „Knapp ein Fünftel der Unternehmen verzichtet völlig auf eine Planung seiner Liquidität und trifft Entscheidungen offenbar eher aus dem Bauch heraus“, moniert Sierke. Hinzu kommt, dass Firmenchefs ohne detaillierte Planung und Kontrolle viel Geld verschenken. Der Experte rät deshalb: Unternehmer sollten den Stichtag 30. Juni nutzen, um die Verbesserungspotenziale in der Unternehmenssteuerung und im Controlling zu ermitteln – damit die Zahlen am Ende des Geschäftsjahres möglichst gut ausfallen.

 

Controlling & Liquidität: Jetzt handeln

Auf die folgenden vier Prüfsteine kommt es bei der Halbzeitbilanz besonders an:

Liquidität kontrollieren

Von zentraler Bedeutung sind vor allem die Kennzahlen zur Liquidität und zum Kapital des Unternehmens. So spiegelt etwa die Cashflow-Rate die innere Finanzierungskraft des Unternehmens wider. Der Bedarf an Fremdkapital steigt, falls sich die Prüfziffer schlecht entwickelt. Ein konsequentes Inkasso hilft, die liquiden Mittel zu erhöhen – spezialisierte Dienstleister wie Creditreform unterstützen dabei.

Eigenkapitalquote prüfen

Das Verhältnis der eigenen Mittel zur Bilanzsumme ist besonders für Hausbanken wichtig, weil sie relevant fürs Rating ist. Das Ziel im Optimalfall: mindestens 30 Prozent. „Bei deutlichen Abweichungen nach unten sollten Unternehmer gezielt daran arbeiten, die eigenen Mittel aufzustocken“, rät Christine Karut, Betriebsberaterin der Handwerkskammer Berlin. Das kann von außen heraus passieren – etwa, indem der Unternehmer Einlagen aus seinem Privatvermögen leistet. Oder er schuldet Darlehen in Mezzanine-Kapital um. Dabei handelt es sich um eine Mischform zwischen Fremd- und Eigenkapital, das zum Beispiel von Beteiligungsgesellschaften vergeben wird. Die Banken bewerten Mezzanine als wirtschaftliches Eigenkapital.

Lagerhaltung optimieren

Die Aufstockung des Eigenkapitals kann auch von innen heraus initiiert werden. Vorräte und Waren binden Kapital, das für andere Projekte nicht mehr zur Verfügung steht. „So viel Bestände wie nötig, so wenig wie möglich“, lautet die Devise. Lieferanten gewähren zwar bei hohen Bestellmengen entsprechende Rabatte. „Die Kosten der Lagerhaltung sollten Unternehmer dem aber immer gegenüberstellen“, so Karut. Im Idealfall handeln Firmenchefs mit den Lieferanten aus, dass sie die Ware just in time liefern und im eigenen Lager parat halten sollen.

Forderungsmanagement verbessern

Unternehmer sollten mit den Lieferanten möglichst lange Zahlungsfristen vereinbaren. Das wirkt sich positiv auf das Working Capital aus, definiert als die Differenz zwischen dem Umlaufvermögen und den kurzfristigen Verbindlichkeiten. Es gilt: Die Debitorenlaufzeiten sollten immer kürzer sein als die Kreditorenlaufzeiten. Erstere geben an, innerhalb von welchem Zeitraum durchschnittlich Rechnungsbeträge eingehen. Letztere zeigen, nach wie viel Tagen die Firma selbst ihren Lieferanten das Geld überweist.

„Hohe Außenstände sind häufig hausgemacht.“ Christine Karut, Betriebsberaterin der Handwerkskammer Berlin

Die Grundlage, um die vier genannten Maßnahmen effizient umsetzen zu können, bildet ein professionelles Forderungsmanagement. Dazu zählen auch eine zeitnahe Fakturierung sowie der Versand einer vollständigen und ordnungsgemäßen Schlussrechnung. Expertin Karut beobachtet zudem: „Hohe Außenstände sind häufig hausgemacht.“ Zum Beispiel, wenn sich Zahlungen verzögern, weil es in der langwierigen Auseinandersetzung mit dem Auftraggeber darum geht, welche Leistung wie viel Zeit in Anspruch genommen hat. Ihr Tipp in diesem Fall: Mitarbeiter sollten sich von Beginn an Stundennachweise vom Kunden abzeichnen lassen.

 

Liquidität: Fünf wichtige Controlling-Kennzahlen im Fokus

Auf diese Quoten und Ziffern sollten Unternehmer besonders schauen, wenn sie ihre Firma vorausschauend steuern wollen:

Umsatzrendite

Sie weist aus, wie viel Gewinn vom Umsatz für die Firma übrig bleibt. Je höher ihr Wert, desto besser wirtschaftet das Unternehmen.

Cashflow

Nur wenn die regelmäßigen Einnahmen die laufenden Ausgaben übersteigen, kann eine Firma überleben. Die Kennzahl gibt den Überschuss an. Je weniger, desto kritischer ist die Liquiditäts- und Finanzierungssituation des Betriebs einzuschätzen.

Anlagendeckung

Unternehmen sollten langfristige Investitionen auch langfristig finanzieren. Die Anlagendeckung zeigt, wie viel Anlagevermögen via Eigenkapital und langfristigem Fremdkapital abgedeckt ist.

Gesamtkapitalrendite

Sie definiert, wie viel Ertrag das gesamte eingesetzte Kapital – sowohl Fremd- als auch Eigenmittel – bringt. Je höher sie ausfällt, desto besser.

Mitarbeiterproduktivität

Die Personalkosten machen in vielen Firmen den größten Kostenblock aus. Den Umsatz pro Mitarbeiter sollten Unternehmer deshalb im Blick behalten. Gleiches gilt für den Personalaufwand je Mitarbeiter oder den Gewinn pro Beschäftigten.