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Creditreform

Krisen zeichnen sich ab: Umsätze und Erträge sinken, die Liquidität wird knapp. Unternehmer sollten frühzeitig reagieren und ihr Finanzierungsmodell aktualisieren. Welche Maßnahmen für einen Turnaround realistisch sind. 

Manchmal geht es flott: Anfang 2017 meldete die Einrichtungskette Butlers Insolvenz an. Die Firma war in die Krise geraten, weil sich der Wettbewerbsdruck in der Branche infolge des starken Dollars immer stärker erhöhte. Im März erklärte die Firma dann: „Butlers macht weiter.“ Ende August stimmten die Insolvenzgläubiger der Neuausrichtung des Einrichtungshauses zu: Mehr als 70 Filialen bleiben erhalten, knapp 20 Häuser wurden geschlossen, das Online-Angebot sowie die Präsenz auf den einschlägigen Online-Plattformen erweitert. „Die Gespräche über die künftige Finanzierung des Hauses verliefen vielversprechend“, sagt Insolvenzverwalter Jörg Bornheimer von der Kölner Sozietät Görg.
Das Beispiel zeigt: Auch in konjunkturell guten Zeiten geraten Firmen in eine Notlage. Nach den aktuellen Zahlen von Creditreform ist in jedem fünften Insolvenzfall in Deutschland eine Firma aus dem Handel betroffen. Bei jedem zweiten handelt es sich um ein Dienstleistungsunternehmen. „Es ist schon sehr schwierig, in einer so dramatischen Situation neue Kapitalgeber zu finden und sie von einer erfolgreichen Weiterführung des Unternehmens zu überzeugen“, sagt Markus Ziechaus, Geschäftsführer der Bayern Consult Unternehmensberatung.

Deshalb lautet die Devise: frühzeitig gegensteuern – und zwar bereits, wenn sich erste Anzeichen einer Schwächephase abzeichnen. „Firmenchefs wollen eine Krisensituation nur leider oft nicht wahrhaben“, so Ziechaus. Sein Tipp: Es ist Zeit zu reagieren, wenn Aufträge storniert und parallel weniger Anfragen zu verzeichnen sind. Denn Krisen durchlaufen verschiedene Phasen. Erst sinkt der Umsatz, dann der Ertrag – und am Ende auch die Liquidität.

Ursachenforschung betreiben

Deshalb analysieren Firmenchefs direkt die Ursachen für den Umsatzrückgang. Sie nehmen sich die Kennzahlen vor, interpretieren deren Entwicklung. Sie checken die Deckungsbeiträge ihrer Leistungen, um sich gegebenenfalls auf die Cash-Cows zu konzentrieren und die Poor Dogs aus dem Portfolio zu nehmen. Regeneration ist also angesagt. „Der Unternehmer sollte anhand interner Prüfschemata Maßnahmen eruieren, um seine Innen- wie Außenfinanzierung zu stärken“, so Burkhard Jung, Vorsitzender des Fachverbands Sanierungs- und Insolvenzberatung im Bundesverband Deutscher Unternehmensberater.

Ein typischer Finanzierungsverlauf im Rahmen einer Sanierung sieht zum Beispiel wie folgt aus: Der Firmenchef vereinbart mit seinen Lieferanten längere Zahlungsfristen, mit seinen Kunden im Umkehrschluss kürzere. Auch Factoring spült Liquidität in die Firma. Der Unternehmer kann überdies eine Betriebsimmobilie verkaufen und sie wieder zurückleasen. Sale-and-lease-back bietet sich beispielsweise genauso beim langfristigen Anlagevermögen wie etwa einer betriebsnotwendigen Maschine an.

Handlungsfähigkeit zeigen

Diese Instrumente reichen häufig noch nicht aus, um die Finanzierung in Schwung zu bringen. Der nächste Schritt führt deshalb typischerweise zur Hausbank. Firmenkundenbetreuer wollen in prekären Situationen vorrangig und umfassend informiert sein. Wenn der Unternehmer ein ausgeklügeltes Konzept für den Relaunch vorlegt, ist das ein guter Einstieg für ein Gespräch. Der Firmenchef beweist damit seine Handlungsfähigkeit.

„Die Bank engagiert sich, wenn sie einen Vorteil erzielen kann“, sagt Jung. Die Kreditinstitute haben das Ziel, die Insolvenz zu vermeiden. Sie könnte schließlich den Totalausfall ihrer bereits gegebenen Darlehen bedeuten. Deshalb beauftragt der Firmenkundenbetreuer in der Regel ein Sanierungsgutachten bei einem unabhängigen Experten. Attestiert dieser dem Betrieb Chancen für eine Sanierung, steigt das Kreditinstitut ein.
Allein wollen die Kreditinstitute aber nicht ins Risiko gehen. Jetzt kommen die Beteiligungsgesellschaften ins Spiel. Diese Kapitalgeber sichern sich Mitspracherechte. Selbst wenn der Unternehmer weiterhin in der Geschäftsführung tätig bleibt, gehört ihm am Ende in der Regel nicht einmal mehr die Hälfte seiner Firma. Logisch: Firmen in einer Sanierungsphase haben an Wert bereits massiv verloren. Die neuen Teilhaber spekulieren wie bei jeder anderen Investition auf eine ansehnliche Rendite. Diese aber lässt sich nur erzielen, wenn sie sich günstig einkaufen. „Das ist legitim – sie gehen im Gegenzug ein hohes Risiko ein“, so Jung.

» Firmenchefs wollen eine Krisensituation leider oft nicht wahrhaben. «
Markus Ziechaus, Bayern Consult

Die öffentlichen Beteiligungsgesellschaften, die zumeist mit eigenkapitalähnlichem Mezzanine einsteigen, sind in Krisenzeiten dagegen keine Option. Auch Fördergelder für seine Sanierung kalkuliert der Unternehmer besser nicht ein. Einzige Ausnahme: Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) gewährt einen Zuschuss für die Expertise eines Unternehmensberaters. Wie hoch dieser ausfällt, hängt vom Standort der Firma sowie davon ab, wie lange die Gesellschaft bereits existiert. Maximal fließen 3.200 Euro.

Auch bei der Sanierung der Einzelhandelskette Butlers waren mehrere Experten beteiligt, die Hand in Hand gearbeitet haben. „So ist das meistens: Man diskutiert mit den Gläubigern und potenziellen Kapitalgebern, um eine für alle Beteiligten akzeptable Lösung zu finden. Zumeist läuft es dann am Ende auf Patchwork-Finanzierungen hinaus, bei der Banken und ein Beteiligungshaus involviert sind“, sagt Berater Jung.

Ruhe bewahren

Die folgenden vier Fehler sollten Unternehmer in Krisensituationen unbedingt vermeiden:

Wer zu spät kommt 
Unternehmer warten meist zu lange ab. Schon wenn weniger Aufträge eingehen, muss unbedingt die Ursache analysiert werden.

Bank außen vor lassen 
Niemand gibt gern zu, dass er kein Geld mehr hat. Das Kreditinstitut aber reagiert allergisch, wenn es davon womöglich als Letztes erfährt. Deshalb: Der Firmenkundenberater sollte offen und ehrlich informiert werden.

Andere müssen helfen 
Klar ist: Geht es der Firma schlecht, trägt der Unternehmer die Verantwortung – und niemand anderes. Deshalb ist er auch für den Turnaround verantwortlich. Schließlich investiert niemand, allein um Arbeitsplätze zu erhalten. Auch die Gemeinde engagiert sich nicht, um sich die Gewerbesteuereinnahmen zu sichern.

Wird schon wieder
Optimismus ist gut, realistische Planung das A und O. Der Firmenchef glaubt sicher an seine Leistungen. Besser: Ein unabhängiger Dritter hat die Planung und Neuorientierung nachvollzogen, bevor mit der Bank gesprochen wird.