Kai Steinhauser (Foto) hat die wichtigsten Zahlen seiner Firma immer im Blick. Er ist Inhaber-Geschäftsführer der Adoma GmbH in Wangen, ein Betrieb, der sich auf Kunststoff- und Metallverarbeitung spezialisiert hat. „Unsere Jahresgespräche mit der Bank verlaufen stets effizient“, sagt Steinhauser. Dafür sorgt auch ein detaillierter Vergleich des Familienunternehmens zu den anderen Betrieben der Branche – geliefert von seiner Hausbank, der Kreissparkasse Ravensburg. Daraus zieht der Wirtschaftsingenieur Erkenntnisse, die sich nicht aus dem eigenen Controlling erschließen lassen. Zum Beispiel kann er aus der Kennzahl „Umsatzreserve“ ablesen, um wie viel seine Verkaufszahlen sinken können, ohne dass er in die Verlustzone rutscht. Die Kreissparkasse Ravensburg nimmt dazu die Bilanz des Unternehmens akribisch unter die Lupe und vergleicht die Ergebnisse mit den Vorjahren. „Das bringt uns viel, weil wir Schwachstellen schnell erfassen können“, sagt Steinhauser. Vor einem Jahresgespräch sieht er sich bestimmte ratingrelevante Kennzahlen ganz genau an: „Es geht darum, dem Firmenkundenbetreuer gleich eine Begründung liefern zu können, falls sich eine Position verändert hat.“ Die Bilanz erfasst die Aktiva und Passiva ja nur bezogen auf einen Stichtag.
Pluspunkte beim Rating
Bei den Banken und Sparkassen kommt es gut an, wenn Unternehmer sich so wie Steinhauser mit den Details ihres Zahlenwerks anlässlich eines Jahresgesprächs intensiv beschäftigen und damit zeigen, dass sie die Geschäftsentwicklung stets im Griff haben. „Sie dokumentieren uns damit ihr betriebswirtschaftliches Knowhow“, erklärt Maike Hein, Leiterin Business & Transaction Management im Financial Engineering der Commerzbank. Das wirkt sich positiv beim Rating und folglich auch auf die Kreditvergabe aus.
Vor einem Jahresgespräch sollten sich Firmenchefs deshalb einige Stunden Zeit nehmen und beispielsweise prüfen, bei welchen Punkten sich in den letzten Monaten Abweichungen von der Unternehmensplanung ergeben haben und welche Gründe dahinterstecken. Eine wichtige Kennzahl ist etwa die Cashflow-Rate als Überschuss der Einnahmen gegenüber den Ausgaben im Verhältnis zum Umsatz. Sie spiegelt die Finanzkraft von innen heraus wider. Oder die Anlagendeckung, die zeigt, wie viel Anlagevermögen via Eigenkapital und langfristigem Fremdkapital gedeckt ist. Weist die Firma hier Defizite auf, kann sich eine Umschuldung anbieten. Einzugehen ist auch auf Beteiligungen, einbehaltene Gewinne oder Einlagen aus dem Privatvermögen, die zu verzeichnen waren, da sie das Eigenkapital erhöhen. Zudem will der Finanzierungspartner mit Sicherheit wissen, wie langfristige Investitionen gestemmt werden sollen und wie der Unternehmer künftig die Kennzahlen verbessern will.
Frühzeitig die Bank kontaktieren
So gut vorbereitet agiert auch Jürgen Stratmann, Finanzchef der Unternehmensgruppe Haver & Boecker OHG in Oelde. „Ein regelmäßiger Informationsaustausch mit der Bank über die Gruppe sowie über die Muttergesellschaft ist für mich ein Muss.“ Die monatlichen betriebswirtschaftlichen Auswertungen sieht er als Handwerkszeug einer professionellen Planung. „Im Rahmen eines übergreifenden Controllings spielen sie für die Steuerung der Firma eine zentrale Rolle“, so Stratmann. Der Leiter der Finanzbuchhaltung berichtet den Hausbanken auch regelmäßig über die künftige Strategie und die Ausrichtung des Maschinenbaubetriebs.
Der Grund: Jede Veränderung im Unternehmen spiegelt sich am Ende eben in den aktuellen Kenngrößen wider. „Anpassungen, die in die Zukunft reichen, sollten frühzeitig mit der Bank besprochen werden“, empfiehlt deshalb Oliver Bortz, Leiter Firmenkunden Deutschland der Deutschen Bank. Um die Unternehmer zu unterstützen, übergibt sein Geldinstitut ihnen regelmäßig maschinelle Auswertungen ihres Jahresabschlusses sowie der Gewinn- und Verlustrechnung. „Zusätzlich legen wir ihnen bei Bedarf eine Darstellung ihrer Vermögenslage in Relation zur Branche in einem Dreijahresvergleich vor“, so Bortz. Und zu guter Letzt weist das Kreditinstitut die gängigen betriebswirtschaftlichen Kennzahlen sowie Branchenreports mit Vergleichsrechnungen aus. Ähnlich geht auch die Commerzbank vor: Die Bank bietet Unterlagen, die das Unternehmensrating sowie die Firmendaten beleuchten und Handlungsfelder aufzeigen. „Wir legen jedem Kunden nahe, die darin einfließende Branchen- und Mittelstandsexpertise als individuelles Feedback zu verstehen und als Inspiration für unternehmerische Maßnahmen zu nutzen“, sagt Hein.
Eine gute Idee: Denn die Ergebnisse im Branchenvergleich liegen in den meisten mittelständischen Firmen inhouse nicht vor, zeigen aber Schwachstellen auf. Kai Steinhauser weiß zum Beispiel, dass er beim Lagerumschlag schlechter als der Durchschnitt liegt. „Wir haben ein Geschäftsmodell, das höhere Bestände erfordert und können das auch begründen“, so Steinhauser. Das weiß auch seine Bank.
Eva Neuthinger
Im Umgang mit dem Kreditinstitut zählen vor allem harte Fakten. Auf diese Aspekte legen die Banken besonderen Wert:
– Aktualität. Die Banken registrieren genau, wie häufig und wie zeitnah Unternehmer Zahlen auswerten und offenlegen. Negativ fällt auf, wer die Bilanz erst in der zweiten Jahreshälfte einreicht. Außerdem will die Hausbank mindestens zwei Mal im Jahr die aktuelle Betriebswirtschaftliche Auswertung (BWA) erhalten. Besonders interessant sind für sie die Bereiche Liquidität, Lagerhaltung, Material- und Personalkosten. Aufmerksam beobachtet werden auch Veränderungen bei den stillen Reserven im Anlagevermögen (Abschreibungen), den Rückstellungen in Verbindung mit Gewährleistungen und Prozessen sowie bei der Eigenkapitalquote und dem Entnahmeverhalten des Unternehmers.
– Besonderheiten. Der Unternehmer sollte individuelle Eigenarten in der Firmenstruktur detailliert darlegen. Weichen die Kennzahlen im Branchenvergleich nach unten ab, ist das erklärungsbedürftig. Clevere Firmenchefs ergreifen frühzeitig Gegenmaßnahmen.
– Unternehmensplanung. Banken erwarten klare Ziele für die Zukunft – in Form von Planzahlen und Aussagen zur strategischen Ausrichtung. Standard ist eine Gewinn- und Verlustrechnung für zwölf Monate. Der Zeitraum der Unternehmensplanung insgesamt sollte bis zu drei Jahre umfassen. Wichtig: Nicht zu viel Optimismus an den Tag legen, sondern realistisch bleiben und einen Plan B parat haben, falls sie ihre Ziele verfehlen. Der Unternehmer sollte überlegen, wie sich sein Finanzierungsbedarf in den kommenden ein bis zwei Jahren entwickelt: Welche Neu- und Ersatzinvestitionen, Instandhaltungen sind vorgesehen? Wie entwickelt sich der Umsatz? Welche Finanzierungsquellen stehen offen?
– Weiterbildung. Wenn Mitarbeiter regelmäßig an Weiterbildungen teilnehmen, langjährige Branchenerfahrung mitbringen und zufrieden mit ihrem Arbeitgeber sind, wirkt sich das positiv bei der Kreditvergabe aus. Anlass genug, dem Firmenkundenbetreuer davon zu berichten.
– Notfallplan. Der Unternehmer sollte einen Notfallplan in der Schublade haben, falls er länger ausfällt. Die Vorsorge wirkt sich positiv aufs Rating aus. Das gilt auch für eine frühzeitige Nachfolgeregelung. Spätestens zehn Jahre vor dem Rentenalter sollte damit begonnen werden.