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Creditreform

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Auch Arbeitnehmer können ihrem Unternehmen in Krisenzeiten zu mehr Liquidität verhelfen. Die Bundesregierung will Mitarbeiterbeteiligungen deshalb stärker fördern. Doch auch die Mentalität der Unternehmer muss sich wandeln.

 

Angesichts des Gesamtvolumens des Corona-Konjunkturpakets der Bundesregierung von 130 Milliarden Euro wirken die 100 Millionen, die sie darin für Steuer­erleichterungen für Mitarbeiterbeteiligungen eingeplant hat, verschwindend gering.

Unter anderem soll damit etwa der Steuerfreibetrag für Einlagen von Mitarbeitern bei ihren Unternehmen von jährlich 360 auf 720 Euro verdoppelt werden.

„Unser Ziel ist es, Mitarbeiterkapitalbeteiligungen gerade bei kleinen und mittleren Unternehmen und auch Startups zu erhöhen“, sagte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier zur Veröffentlichung einer Studie im Auftrag des BMWI, die die Verbreitung und Entwicklungsperspektiven von Mitarbeiterkapitalbeteiligungen in Deutschland und Europa systematisch untersucht hat – und die der Bundesrepublik großen Nachholbedarf attestiert.

Denn bisher fristet das Thema hierzulande ein Nischendasein. Nur rund 4.000 Unternehmen in Deutschland, vom kleinen Handwerksbetrieb bis zum Dax-Konzern, bieten ihren Mitarbeitern an, sich direkt an Erfolg oder Misserfolg des Unternehmens zu beteiligen.

Die Anhebung des Steuerfreibetrags sei zwar ein richtiger Schritt, sagt Heinrich Beyer, Geschäftsführer des Bundesverbands Mitarbeiterbeteiligung – AGP. Doch der Zeitpunkt der Besteuerung bleibe immer noch nachteilig.

Denn Einkommensteuer und Sozialabgaben werden direkt bei der Umwandlung in Genussrechte oder stille Beteiligungen fällig, nicht erst beim Rückkauf, wenn tatsächlich Geld fließt.

 

Deutschland mit Nachholbedarf

Bei Mittelständlern und Familienunternehmen sei es allerdings nicht nur die Steuer, die eine Mitarbeiterbeteiligung ausbremst, sagt Daniel Mundhenke.

Der Rechtsanwalt und Partner der Kanzlei BRL Boege Rohde Luebbehuesen ist auf Gesellschaftsrecht spezialisiert. „Besonders bei direkten Beteiligungen als Mitgesellschafter sind Familienunternehmen sehr zurückhaltend, weil damit die Frage einhergeht, wie viel Mitspracherechte und Transparenz sie dann einräumen müssen.“

Auch Organisationsaufwand und Komplexität der Strukturen nehmen bei einer direkten Gesellschaftsbeteiligung (Kapitalbeteiligung) zu.

Im Falle der GmbH muss zudem jede Beteiligung notariell beurkundet werden. „Eine Alternative sind stille Beteiligungen oder sonstige rein schuldrechtliche Beteiligungen wie Genussrechte oder virtuelle Gesellschaftsanteile“, sagt Mundhenke.

Letztere werden vor allem von Startups genutzt, die darüber wichtigen Mitarbeitern, statt ihnen ein hohes Grundgehalt zu zahlen, die Möglichkeit einräumen, von den Erträgen sowie vom erhofften Wertzuwachs des Unternehmens zu profitieren. „Rein schuldrechtliche Beteiligungen sind in der Regel einfacher und schneller umzusetzen als direkte Gesellschaftsbeteiligungen.“

 

Liquidität und Loyalität

Dazu rät in der Regel auch Beyer. Gerade jetzt, in der durch die Corona-Pandemie verursachten Rezession, bieten einfache und schnell umsetzbare Beteiligungsformen die Möglichkeit, dem Unternehmen Liquidität zuzuführen oder Lohnausgaben zu senken.

Solche „Investivlohn-Programme“ führen zudem zu mehr Eigenkapital. Gleichzeitig schaffen sie für Mitarbeiter einen Anreiz, den Erfolg des Unternehmens zu steigern, der über den reinen Erhalt des Arbeitsplatzes hinausgeht.

Die stärkere Partnerschaft zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer schätzt Beyer sogar als gewichtiger ein als den Liquiditätsgewinn.

„Unternehmen, deren Belegschaft in den vergangenen Jahren am Erfolg partizipiert hat, haben es leichter, in der Krise auch unorthodoxe Lösungen mit ihren Mitarbeitern und Betriebsräten zu vereinbaren“, beschreibt er einen Effekt, den er bereits während der Finanz- und Wirtschaftskrise nach 2008 beobachtet hat.

 

Beteiligung – so geht´s:

Welches Modell für wen infrage kommt skizziert Daniel Mundhenke, Rechtsanwalt und Partner bei BRL Boege Rohde Luebbehuesen.

 

 

Genussrechte und stille Beteiligung

  • sind sogenannte mezzanine und in der Regel rein wirtschaftliche Beteiligungen
  • variable (gewinnabhängige) Ausschüttung, Festverzinsung regelbar, keine Beteiligung an Unternehmenswertsteigerung, Verlustbeteiligung in Höhe der Einlage möglich.
  • geringer Verwaltungsaufwand, keine Stimm- oder weitgehende Verwaltungsrechte
  • Gut geeignetes, schlankes Beteiligungsmodell, u. a. für KMU und Familienunternehmen

 

Virtuelle Beteiligung

  • bilden eine Kapitalbeteiligung vermögensmäßig weitgehend ab
  • ausgestaltet als schuldrechtlicher Anspruch
  • können Mitarbeitern das Recht gewähren, an einem zukünftigen Gewinn sowie an einer Unternehmenswertsteigerung zu ­partizipieren
  • sonstige Rechte wie „als-ob“-Gesellschafter regelbar (Informations- und Zustimmungsrechte), Verlustbeteiligung (in Höhe der Einlage) möglich
  • erfordert Sorgfalt bei der Unternehmenswertermittlung
  • Gutes Modell, u. a. für finanzschwache, aber wachsende Startups

 

Belegschaftsaktien

  • machen Mitarbeiter zu Miteigentümern
  • berechtigen zur Teilnahme an der Hauptversammlung, Stimm- und Verwaltungsrechte (einschließlich Auskunftsrecht)
  • erhöhter Organisationsaufwand
  • Haftung in Höhe der Einlage
  • jährliche Ausschüttung von Dividenden, Verlustbeteiligung (in Höhe der Einlage)
  • Gutes Modell für größere Aktiengesellschaften

 

 

GmbH-Beteiligung

  • machen Mitarbeiter zu vollberechtigten Mitgesellschaftern, die von Unternehmensgewinn und -wertsteigerung profitieren
  • Haftung für Verluste in Höhe der Einlage
  • berechtigen regelmäßig zur Mitsprache (Stimm- und Informationsrecht)
  • erfordern eine notarielle Beurkundung
  • Gutes Modell für ausgewählte Führungskräfte, weniger für alle Mitarbeiter