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Creditreform

Während die Eurokrise am Fall Zyperns neue Dimensionen erreicht, der Einbruch am Goldmarkt alte Deflationsängste weckt und Währungsgegner auch hierzulande organisiert in den Wahlkampf drängen, wirkt das Finanzierungsumfeld für deutsche Mittelständler bemerkenswert entspannt: Die Kreditnachfrage bleibt schwach, derweil sich die Unternehmen gegenseitig mehr Lieferantenkredite einräumen, von einer verbesserten Zahlungsmoral profitieren und auch sonst bei ihrer Innenfinanzierung Fortschritte machen (mehr zum Thema ab Seite 24).

Auch in Sachen Eigenkapitalquote und damit Krisenresistenz geht es voran: Zum ersten Mal ist der Anteil der Mittelständler, die eine starke Eigenkapitalquote vorhalten, höher als die derjenigen mit einer schwachen (mehr hierzu ab Seite 37).

Damit erreicht die positive Entwicklung, die einst als Reaktion auf das Regelwerk von Basel II begann, einen erfreulichen, hoffentlich nur vorläufigen Höhepunkt. Denn vergessen wir nicht: Betriebe mit weniger als zehn Prozent Eigenkapital gelten als insolvenzanfällig. Wer mehr als 30 Prozent vorhält, war statistisch kaum jemals von Pleite betroffen. Eitel Sonnenschein am Finanzierungshimmel also? Leider nein, denn Basel III – obwohl heftig debattiert, verschoben und nachjustiert – hängt weiter als düstere Wolke am Horizont. Für kleinere Firmen zeichnet sich immerhin eine Absenkung der Risikogewichte ab, ihre Kredite sollen also weniger schwer angerechnet werden. Angesichts der mauen Kreditnachfrage und der Tatsache, dass sich wieder mehr Institute „Mittelstand“ auf die Fahnen schreiben (siehe Seite 22), ist die Sorge vor einer Kreditklemme durch Basel III zwar vom Tisch. Doch bei Preisen und Sicherheiten könnte es durchaus zu Verschärfungen kommen, das räumen auch die Banken ein. Dass die Realwirtschaft damit indirekt für Fehlentwicklungen im Finanzsektor büßen könnte, stößt vielen Unternehmern sauer auf. Schließlich waren die Macher im Mittelstand nicht Auslöser der Krisen, sondern Stabilitätsanker. Die Politik muss hier dringend am Ball bleiben, um Fehlentwicklungen zu vermeiden, die Finanzierung und Risikomanagement ohne Not erschweren oder verteuern. Wie Unternehmer mit Blick auf Basel III die Initiative ergreifen und vorausschauend auf ihre Hausbank zugehen, lesen Sie auf Seite 28.

Und da demnächst Wahlkampf ist: Um die Fortschritte bei Innenfinanzierung und Eigenkapitalbasis weiter zu unterstützen, hoffen viele Firmenlenker auf eine steuerliche Besserstellung von Eigenkapital – indem etwa substanzbesteuernde Elemente der Gewerbesteuer beseitigt und die Wiederbelebung der Erbschaftssteuer vom Tisch genommen werden. Und Personengesellschaften setzen weiter darauf, dass die Thesaurierungsbegünstigung, also vorteilhaftere Regelungen zur Besteuerung ihrer nicht entnommenen Gewinne, zeitnah umgesetzt wird. Umso weniger könnte auch ihnen die aufziehende Wolke am Kredithimmel anhaben: Eigenkapital macht krisenresistent.

Ingo Schenk

Chefredakteur