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Creditreform

Der Jahreswechsel ist Anlass für jeden Unternehmer, die Entwicklung der Firma zu reflektieren und für die kommenden Monate zu prognostizieren. Wie Führungskräfte diese Aufgabe effizient und mit modernen Mitteln angehen.

In diesen Wochen setzt sich die Führungsspitze der Bäckerei Reinhardt im baden-württembergischen Knittlingen zusammen, um die Planung für das kommende Jahr aufzustellen. „Wir überlegen dann, welche Investitionen wir als wichtig erachten und wie wir diese finanzieren wollen“, sagt Martin Reinhardt, der das Unternehmen führt. Es geht in diesen Sitzungen darum, welche Wirtschaftsgüter der Betrieb braucht und welche Arbeitsmittel momentan fehlen. Vor mehr als einem Jahr investierte das Führungsduo in ein neues Café. „Wir haben jetzt zwar keine exorbitant hohe Investition auf dem Schirm, aber irgendeine Erneuerung oder Modernisierung steht immer an“, sagt Reinhardt. Zur Jahresplanung gehört für Reinhardt auch, die Entwicklung des Umsatzes nach Produktgruppen zu analysieren und für die nächsten Monate zu prognostizieren.

Das ist gut so – und professionell. „Je größer die Firma, desto eher nehmen sich Firmenchefs die Zeit, eine ausführliche und detaillierte Unternehmensplanung zu erstellen“, weiß Reiner Banaszynski, Unternehmensberater des Consultingunternehmens Audalis in Dortmund. Insbesondere Inhaber mit weniger als zehn Mitarbeitern aber tun sich damit oft schwer. „Sie haben mitunter eine Scheu davor, sich mit ihrem Betrieb tiefgehend auseinanderzusetzen“, sagt Banaszynski.

Einmal alles auf den Prüfstand, bitte

Jeder weiß: Erfolg fällt nicht vom Himmel, sondern ist das Ergebnis einer Strategie, eines Plans. Fach- und Führungskräfte sollten sich deshalb mindestens einmal im Jahr für die konkrete Planung eine Auszeit nehmen. Im Idealfall kommt das gesamte Geschäftsmodell bei diesen Terminen auf den Prüfstand. Die Ziele und Strategien für das nächste und mindestens zwei weitere Jahre sind am Ende schriftlich formuliert. Diese Überlegungen bilden die Grundlage für die quantitative und konkrete Unternehmensplanung. Am besten zeigt diese später die Entwicklung der Gewinn- und Verlustrechnung, der Bilanz sowie der Liquidität auf. Sie stellt dar, wie diese ineinandergreifen. „Die Anforderungen und Auswirkungen von unternehmerischen Zielsetzungen werden bei der Erstellung von integrierten Planungen nochmals transparent und zeigen auch nochmals die Machbarkeit sowie die damit verbundenen Meilensteine auf“, sagt Banaszynski.

Pluspunkte beim Bankenrating

Auch die Prämissen der Prognosen sollten dokumentiert sein. Dritte, die am Planungsprozess nicht beteiligt waren, wollen die Übersichten schließlich auch verstehen können. Gemeint sind beispielsweise die Hausbanken. „Es bringt Pluspunkte beim Rating, wenn die Geschäftsführung mit einer ausführlichen und professionellen Planung arbeitet“, sagt Günter Lubos, Mitglied der Geschäftsleitung der Unternehmensberatung Dr. Wieselhuber & Partner in München.

Das alles kostet jeden Unternehmer viel Zeit. Wer sich entlasten will, beauftragt einen Unternehmensberater damit, die Planung vorzubereiten. Auf den externen Experten allein sollten sich Firmenchefs aber nicht verlassen. Denn dieser wird kaum in der Lage sein, eine Stärken-Schwächen-Analyse durchzuführen und Marktpotenziale auszuloten. Seine Prognose basiert öfter auf rein mathematischen Annahmen. Wenn die Ist-Werte pauschal mit einem Plus von zwei Prozent beim Umsatz und bei den Kosten fortgeschrieben werden, bringt das aber nicht viel. „Eine gute Planung ist mehr als Mathematik und mehr als ein Zahlenwerk“, sagt Lubos.

„Manche Inhaber haben eine Scheu davor, sich mit ihrem Betrieb tiefergehend auseinanderzusetzen.“ Reiner Banaszynski, Audalis

Bäckermeister Martin Reinhardt etwa diskutiert zunächst mit seiner Führungsriege die aktuellen Marktentwicklungen und Trends. Dann macht sich das Team daran, konkret zu planen und eine Vorschau für die nächsten Monate zu erstellen. Zu all dem gehört auch Fingerspitzengefühl und unternehmerische Intuition. Die eine einzig richtige Vorgehensweise gibt es nicht, denn es existiert keine Schablone, die auf jeden Betrieb passt – wohl aber einige Grundsätze, die bei der Orientierung helfen.

Die Umsatzplanung

Diese zeichnet die Prognose der Umsätze nach Monaten ab. Unternehmer sollten eine positive wie eine negative Entwicklung ins Kalkül ziehen – um jeweils frühzeitig mit entsprechenden Maßnahmen reagieren zu können.
Viel hängt hier von der jeweiligen Branche ab. Die Umsatzplanung im Einzelhandel etwa orientiert sich in der Regel an den Erfahrungswerten der vergangenen Jahre. Unternehmer können die Monatsumsätze zwischen 2015 und 2017 jeweils addieren und durch drei teilen. Es ergibt sich ein mittlerer Wert. Das ist aber eine recht einfache Vorgehensweise. Kluge Unternehmer rechnen Besonderheiten heraus – beispielsweise falls eine Baustelle in bestimmten Monaten die Kundenfrequenz negativ beeinflusst hat. Ein Unternehmen aus dem Maschinenbau dagegen orientiert sich am bisherigen Auftragseingang für das nächste Jahr und prognostiziert die weiteren Monate – mit Blick auf die eigene Leistungspalette sowie auf neue Markttrends.

Tipp: In vielen Betrieben erweist sich die Vorschau der Umsätze als Vabanquespiel. Es spricht nichts dagegen, mit verschiedenen Szenarien zu kalkulieren – und den Worst-Case genauso wie den Best-Case zu planen. „Eine zu vorsichtige Schätzung kann sich genauso als Fehler erweisen wie umgekehrt eine sehr euphorische Sicht“, sagt Experte Reiner Banaszynski von der Beratungsgesellschaft Audalis. Denn falls sich der Verkauf besser entwickelt, zieht dies im Gegenzug häufig einen erhöhten Kapitalbedarf bei der Vorfinanzierung der Waren und Leistungen nach sich.

Wichtig: Auch Skonti, Rabatte oder sonstige Preisnachlässe sollten bei der Planung der Umsätze berücksichtigt werden. „Ein Anlass, um die eigene Preisstruktur zu überdenken und gegebenenfalls neu zu justieren“, rät Banaszynski.

Die Investitionsplanung

Welche Wirtschaftsgüter sollen im kommenden Jahr angeschafft werden. Im Idealfall liegen für kapitalintensive Vorhaben bereits Angebote vor. Die Investitionsplanung bestimmt den Kapitalbedarf. Deshalb sollten die notwendigen Anschaffungen so detailliert wie möglich aufgeschlüsselt werden. Es geht darum, alles aufzunehmen, was für die weitere Geschäftsführung notwendig wird – und zwar für sämtliche betrieblichen Bereiche.

Tipp: „Eine tabellarische Übersicht der Investitionsplanung ist der erste Schritt“, erklärt Günter Lubos. Der Mit-Geschäftsführer der Münchner Unternehmensberatung Dr. Wieselhuber & Partner berät regelmäßig Familienunternehmen aus den Bereichen Produktion, Handel und Dienstleistung. Als Werkzeuge gibt es zahlreiche Programme, um eine professionelle Planung zu erstellen. In kleineren Unternehmen genügt es, mit einfachen Excel-Tabellen zu arbeiten. In einem Investitionsplan werden die Art der Anschaffung, das vorgesehene Kaufdatum sowie die Kosten dafür vermerkt.

Wichtig: Es sollten nicht nur die Anschaffungskosten, sondern auch sämtliche Nebenkosten berücksichtigt werden. Das betrifft etwa Schulungen für Mitarbeiter, falls eine innovative Maschine ins Haus kommt. „Außerdem basiert die Investitionsplanung auf der Überlegung, welche Betriebsausstattung längerfristig benötigt wird“, sagt Lubos. Weitsichtige Firmenchefs avisieren also nicht nur das nächste, sondern mindestens zwei weitere Jahre.

Die Liquiditätsplanung

Eine professionelle Liquiditätsplanung darf nur als Teil des großen Ganzen gesehen werden. Möglichst für einen Zeitraum von drei Monaten sollte eine detaillierte Übersicht der avisierten Zahlungsein- und -ausgänge vorliegen. Ziel ist es, das Working Capital zu verbessern und die Rentabilität zu steigern. Unternehmer können die Liquiditätsplanung deshalb zum Anlass nehmen, ihre Prozesse zu optimieren. Auf den Tisch kommen die Konditionen der wichtigsten Lieferanten wie auch jene der guten Kunden. Alle Zahlungsziele sollten miteinander abgeglichen werden.
Die Liquiditätsplanung liefert am Ende einen Baustein, um mit der Hausbank die Höhe des Kontokorrentlimits auszuhandeln. Sie erfasst alle Zu- und Abflüsse. Jede Über- und Unterdeckung des Kontokorrentrahmens weist sie für die jeweilige Periode aus. Einzelhändler erstellen am besten eine wöchentliche Übersicht. Selbstständige dagegen kommen oft mit einer monatlichen Planung oder sogar mit Quartalszahlen aus.

Tipp: Im ersten Schritt erfasst der Firmenchef den Anfangsbestand der liquiden Mittel – also etwa die Bankguthaben oder die Bargeldbestände. Im Weiteren listet die Führungsriege die vorgesehenen Einnahmen und Ausgaben der jeweiligen Periode auf. Im Detail basiert die Liquiditätsplanung auf den Einzahlungen – wie jenen aus dem Verkauf, Umsatzsteuer-Einzahlungen, Zinseingang, Kreditaufnahmen oder Steuererstattungen und Privateinlagen. Im Gegenzug fließen der Waren­einkauf, die Personalkosten sowie sämtliche betrieblichen Auszahlungen wie Miete, Leasing, Werbung, Vorsteuer oder Privatentnahmen ab.

Wichtig: Monatlich sollte die Liquiditätsvorschau aktualisiert und fortgeschrieben werden. „Der Unternehmer kann sich einen Stichtag – etwa den ersten Montag des Monats – dafür reservieren“, rät Lubos. Das macht Sinn, um Fehlentwicklungen und Zahlungsengpässe frühzeitig zu erkennen und bei Bedarf schnell zu reagieren. „Eine Liquiditätsplanung ohne Kontrolle bringt nichts“, so der Experte.

Die Finanzplanung

In die Finanzplanung fließen die Ergebnisse der Liquiditäts- wie auch der Investitionsplanung mit ein. In diesem Schritt wird der endgültige Kapitalbedarf der Firma ermittelt. Zugrunde liegen Überlegungen, aus welchen möglichen Quellen der Unternehmer Finanzierungsbedarf decken kann und will. Er überlegt, wie sich das Verhältnis zwischen Eigen- und Fremdkapital verbessern lässt. Berücksichtigung finden die geplanten Investitionen, die realisierbaren und avisierten Gewinne sowie die Ergebnisse des Liquiditätsplans.

Tipp: Der Finanzplan sollte einen Zeitraum von einem bis zu drei Jahren abdecken, aufgeschlüsselt in einzelne Monate. Darüber hinaus, so sagen viele Experten, verlieren die Übersichten an Aussagekraft, weil die Parameter der Planung zu unsicher werden.

Wichtig: Bei der Finanzplanung sollte auch die Kapitaldienstfähigkeit berechnet werden. Hintergrund: „Unternehmer realisieren mitunter hohe Investitionssummen mit einer kurzfristigen Finanzierung. Nach einigen Monaten zeigt sich dann, dass der Betrieb Zins und Tilgung nicht leisten kann – weil bei der Planung die Kapitaldienstfähigkeit nicht berücksichtigt wurde“, berichtet Reiner Banaszynski aus seiner Erfahrung. Aus diesem Grund ist es so wichtig, die Investitions- und die Liquiditätsplanung nicht isoliert zu betrachten – sondern alle Interdependenzen der Finanzplanung im Blick zu behalten.

Excel auswechseln?

Die Experten des Business Application Research Center (BARC), eines Beratungsinstituts für Unternehmenssoftware, befragen regelmäßig Firmen zu eingesetzten Planungswerkzeugen und Prozessen. Das Ergebnis einer aktuellen Anwenderstudie:

Ein Großteil der Unternehmen nimmt eine Jahresplanung vor, nur zwei Prozent verzichten komplett darauf. Viele Firmen planen aber nicht effizient – sie verwenden Excel und benötigen damit im Durchschnitt drei Monate für die gesamte Jahresplanung.

Genutzte Planungswerkzeuge
47 % Microsoft Excel
44 % Planungs-/Business-Intelligence-Software
4 % Operative Systeme (ERP, CRM etc.)
2 % Microsoft Word, PowerPoint, Access etc.
2 % Individuell entwickelte Software

Auffällig dabei: Der Einsatz von Excel ist völlig unabhängig von der Unternehmensgröße. Im Vergleich der Systeme zeigt sich jedoch: Wer professionelle Planungs- oder Business-Intelligence-Software nutzt, ist mit dem Ergebnis der Planung deutlich zufriedener.

Quelle: BARC-Anwenderstudie: Integrierte Unternehmensplanung; 1 Prozent Rundungsdifferenz