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Creditreform

Die Europäische Union (EU) fördert insbesondere kleine und mittelgroße Unternehmen mit hohen Zuschüssen und günstigen Darlehen. Das haben viele Firmenchefs nicht auf dem Radar – ein Fehler, denn ein Antrag kann sich sehr lohnen. Die Programme im Schnellcheck.

Die Firma HDO Druckguss- und Oberflächentechnik GmbH in Paderborn investiert hohe Summen in nachhaltige Technik. So arbeitet der Betrieb schon seit drei Jahren mit einem Blockheizkraftwerk. Die Finanzierung lief über die Hausbank und wurde mit EU-Mitteln gefordert. „Es hat alles bestens geklappt“, sagt Geschäftsführerin Martina Gundelach.

Das zinsgünstige Darlehen für HDO kommt aus dem Topf des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE). Dieser richtet sich an gewerbliche Unternehmen, die ihre Produktionsprozesse verbessern und signifikant zur CO₂- und Energieeinsparung beitragen wollen. Finanziert werden Investitionen von 50.000 Euro bis maximal 2,5 Millionen Euro – und zwar bis zu einem Anteil von 100 Prozent. „Für Unternehmen lassen sich mit diesen Darlehen zwei Ziele miteinander koppeln: die Umwelt schonen und wirtschaftlich handeln“, sagt Birgit Cremers, Teamleiterin im Bereich Förderprogrammgeschäft der NRW-Bank.

Die Kapitalquelle, die das Paderborner Unternehmen genutzt hat, ist nur ein Beispiel für potenzielle Projektfinanzierungen aus den prall gefüllten Geldsäckeln der EU. Die Förderbudgets sind hoch – allein 70 Milliarden Euro stehen im Programm Horizont 2020 bereit, dem weltweit größten Topf für Innovationen, mit dem „kleine und mittelgroße Unternehmen in ihren Forschungsbemühungen unterstützt“ werden, wie denn auch Bundesforschungsministerin Professor Johanna Wanda gerne bekundet.

„Der Förderantrag sollte nicht als Nebengeschäft mitlaufen.“ Kai Schimmelfeder, Feder Consulting

Dennoch greifen noch immer zu wenige Betriebe zu. Das Problem vieler Firmenchefs: Die Förderlandschaft der EU ist äußerst komplex. „Die meisten Unternehmer sind zwar rege und bereit für Verbesserungen, aber eben oft auch sehr ungeduldig. Ihre Förderchancen auszuloten, wird ihnen im Tagesgeschäft meist schnell zu viel“, sagt Kai Schimmelfeder, geschäftsführender Gesellschafter der Feder Consulting. Der Hamburger Consultant rät seinen Mandanten dennoch dazu, die Mühen auf sich zu nehmen. „Wichtig ist es nur, den Antrag auch gut vorzubereiten“, so Schimmelfeder und ergänzt: „Er sollte auch auf keinen Fall als Nebengeschäft mitlaufen. Das Fehlerpotenzial gerade bei einer EU-Förderung ist enorm, der Ablehnungsbescheid in diesen Fällen programmiert.“

Horizont 2020: bürokratische Anforderungen

Wie diffizil eine Beantragung sein kann, zeigt etwa ein Blick auf das Programm Horizont 2020. Zumeist dauert es acht oder mehr Monate, bis ein Antrag hierfür entschieden ist. Der Grund: Deutsche Unternehmer konkurrieren mit anderen Betrieben der EU um die Förderung. Dabei sind auch strikt die Fristen zu beachten. „Mitunter gelten bei Ausschreibungen in den jeweiligen Programmen strenge Ausschlusskriterien“, sagt Schimmelfeder. Bis zum Stichtag oder sogar auf die Stunde genau sind die Anträge einzureichen. Wer zu spät kommt, hat Pech – bis zum nächsten Termin.

Eine weitere Besonderheit bei Horizont 2020: „Da es hier um Projekte aus dem Bereich Forschung und Entwicklung geht, wird ein Einzelantrag wohl kaum Erfolg haben“, so Schimmelfeder. Er rät deshalb zu Kooperationen mit anderen Betrieben. Um solche Partnerschaften zu stiften, organisiert die EU-Kommission sogar regelmäßige Treffen. Ein weiterer Tipp des Experten: „In den Antrag sollten detaillierte Analysen der Absatzmärkte mit einfließen – schließlich will die EU vor allem Innovationen von hoher Marktrelevanz zum Durchbruch verhelfen.“

Förderung abhängig vom Firmenstandort

Wesentlich einfacher läuft die Antragstellung dagegen beim Europäischen Sozialfonds ab, laut Bundesregierung das wichtigste Instrument der EU zur Förderung der Beschäftigung in Europa. So profitieren zum Beispiel Firmen, die ihre Mitarbeiter qualifizieren wollen oder Maßnahmen planen, um Kollegen aus dem Ausland sozial stärker zu integrieren, von diesem Programm. Wie und was genau gefördert wird, hängt vom jeweiligen Bundesland ab – aber immer gilt: Das Humankapital innerhalb der EU muss gestärkt werden.

Horizont 2020 und Europäischer Sozialfonds sind nur zwei von mehreren Dutzend Förderprogrammen, die aus Brüssel kommen. Bei dieser großen Zahl den Überblick zu bewahren, fällt vielen schwer. Eine erste Orientierung erhalten Interessierte jedoch über die Internetseite www.foerderdatenbank.de, die auch EU-Programme ausweist. Darüber hinaus berät und informiert das Enterprise Europe Network (EEN) – das Netzwerk der Europäischen Kommission – Unternehmer kostenlos über bestehende Geldquellen. NRW.Europa, eine Kooperation des Zentrums für Innovation und Technik in Nordrhein- Westfalen (Zenit) und der NRW-Bank, ist einer der mehr als 600 Partner des Netzwerks: „Meist kommen die Unternehmer auf uns zu, beschreiben ihr Projekt und fragen nach einer EU-Förderung. Wenn wir konkrete Informationen erhalten haben, können wir gezielt die passenden Förder- oder Finanzierungsinstrumente recherchieren“, erklärt Verena Würsig, zuständige Teamleiterin bei der NRW-Bank.

Auf erfahrene Berater setzen

Doch auch unabhängige Unternehmensberater helfen bei der Suche nach einem passenden Fördertopf. Beim Bundesverband Kapital für den Mittelstand etwa läuft permanent ein entsprechender Studiengang zum zertifizierten Fördermittelberater. Schimmelfeder rät, bei der Expertenwahl darauf zu achten, dass potenzielle Kandidaten bereits zum Thema Beiträge veröffentlicht haben. Zudem sollten Firmenchefs ihnen möglichst beim ersten Gespräch Wissensfragen stellen. „Aus den Antworten lässt sich schnell ableiten, wie viel Erfahrung der Betroffene bereits im Bereich der EU-Förderung aufweist“, so Schimmelfeder.

Dass Consultants ein Honorar erwarten, schreckt viele Unternehmer zusätzlich ab. Doch hierfür bietet Brüssel eine Lösung: Seit Jahresanfang stehen speziell Gründern sowie kleinen und mittelständischen Unternehmen aus dem ESF auch 16 Millionen Euro für eine qualifizierte Beratung zur Verfügung. Das Programm kommt zum richtigen Moment. Nach dem Eurobarometer haben vor allem Gründer in der EU große Probleme, an eine Finanzierung zu kommen. Der Zuschuss für eine solche Beratung beträgt immerhin bis zu 3.200 Euro. Ansprechpartner ist hierzulande das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle.

Zu guter Letzt noch ein Tipp. Egal, wer unterstützt und wie die Förderung aussieht – Regel Nummer eins lautet grundsätzlich: Die Projekte dürfen noch nicht begonnen haben beziehungsweise es darf noch kein Euro investiert worden sein.

 

Kaum Geld aus Brüssel angefragt

Eine Umfrage unter mittelständischen Unternehmern, die in den vergangenen drei Jahren mindestens ein Mal öffentliche Fördermittel in Anspruch genommen haben, zeigt: EU-Kapital beantragten bisher die wenigsten.

© iStock / Thinkstock

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So kommt der Förderantrag durch

Um von der Förderung durch die EU zu profitieren, sollten Unternehmer die folgenden Schritte gehen:

1. Nicht nur die Bank fragen

In puncto Fördergelder setzen viele Firmenchefs auf die Expertise ihres Firmenkundenberaters. Doch wer EU-Förderungen nutzen will, muss oft selbst aktiv werden und den entsprechenden Förderantrag stellen. Die Adressaten sitzen dann beispielsweise in Brüssel oder beim Bafa.

2. Nationale Kontaktstelle einschalten

Innovative Unternehmer, die vom Programm Horizont 2020 profitieren wollen, können sich über die Internetseite www.horizont2020.de an einen der deutschen Ansprechpartner wenden. Vertreten sind Experten, etwa aus der Wissenschaft, die zu Ausschreibungen und Fristen informieren oder Beratungsveranstaltungen anbieten.

3. Auf Zuschuss statt Darlehen abzielen

Die EU vergibt häufig satte Zuschüsse. Diese müssen Unternehmer, anders als Darlehen, nicht zurückzahlen. Viele Programme lassen sich miteinander kombinieren – genaues Hingucken oder die Einbindung eines versierten Förderexperten lohnt also.

4. Verwendung dokumentieren

Wenn Fördergelder fließen, kontrolliert die EU zumeist deren Verwendung. Damit soll verhindert werden, dass etwa FuE-Zuschüsse genutzt werden, um die aktuelle Liquiditätssituation des Betriebs aufzubessern. Unternehmen sollten auf eine lückenlose und regelkonforme Dokumentation der erhaltenen Gelder achten. Auch hierbei helfen Berater.

 

Vier Programme für den Mittelstand

In der aktuellen Förderperiode können kleine und mittlere Firmen zum Beispiel diese Förderprogramme nutzen:

COSME. Die Abkürzung steht für Copetitiveness of Enterprises and Small and Medium-sized Enterprises – also die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen allgemein sowie speziell von kleinen und mittelständischen Unternehmen. Damit unterstützt die EU Gründer und wachstumsorientierte Firmen bei der Kreditaufnahme mit Bürgschaften in Höhe von maximal 150.000 Euro sowie mit Beteiligungskapital. Aus diesem Programm wird auch das Enterprise Europe Network (EEN) gefördert. Über dieses Netzwerk finden Unternehmer Markt- und Länderinformationen, Kooperationspartner sowie Details zu über die EU-Förderprogrammen.

Innovfin. Besser bekannt unter der Bezeichnung Horizont 2020. Finanziert werden Innovationen und Schlüsseltechnologien via Kredit oder Beteiligung. Gewährt werden Darlehen, Garantien oder Rückbürgschaften für Forschung und Entwicklung. Horizont 2020 will auch kleine und mittelgroße Unternehmen bei ihren Innovationen unterstützen, finanziert beispielsweise Machbarkeitsstudien oder Forschungsprojekte bis hin zu ihrer Markteinführung.

Erasmus+. Eigentlich geht es bei diesem Förderprogramm um Bildung, Sport und Jugend in der Europäischen Union. Erasmus unterstützt aber auch Gründer, die Erfahrungen in einem anderen Unternehmen innerhalb der EU sammeln wollen und für mehrere Monate dort arbeiten. Genauso auch deutsche Firmenchefs, die mit Jungunternehmern aus dem Ausland zusammenarbeiten möchten. Bezuschusst werden die Reise- und die Aufenthaltskosten.

EU-Strukturfonds. Aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) finanziert die EU Investitionen von kleinen und mittleren Unternehmen sowie Maßnahmen zur Energieeffizienz. Der Europäische Sozialfonds (ESF) gilt als das wichtigste beschäftigungspolitische Instrument. So werden zum Beispiel Bildungsmaßnahmen sowie die Wiedereingliederung von Arbeitslosen durch die Unternehmen unterstützt. Infos unter www.esf.de und www.eu-info.de

Stichwort EFRE eingeben oder über die Internetseiten der jeweiligen Bundesländer etwa auf www.efre.rlp.de für Rheinland-Pfalz oder www.efre.brandenburg.de für Brandenburg gehen.