In vielen Firmen steht zum Jahresanfang der Gang zur Hausbank an, um die aktuelle Situation und die Perspektiven für weitere Kreditaufnahmen zu erläutern. Wie Unternehmer das Gespräch mit ihrem Banker perfekt vorbereiten – um hinterher glänzend dazustehen.
Konkurrenz belebt das Geschäft. Deshalb arbeitet Emil Freund mit mehreren Hausbanken zusammen. Gemeinsam mit seinen Kollegen Friedrich und Peter Werdich sowie seinem Nachfolger Joachim Trender führt er das Schuhhaus Werdich mit 45 Filialen im süddeutschen Raum. Das Quartett behandelt alle Finanzierungspartner gleich. „Wir wollen nicht von einem Geldgeber abhängig sein und wollen zu jedem ein gutes Verhältnis haben“, so der Geschäftsführer. Das bedeutet: „Wir sehen die Banken als unsere Partner, wir kommunizieren offen mit ihnen und haben keine Geheimnisse.“ Einmal im Quartal bekommen die Geldhäuser die aktuellen betriebswirtschaftlichen Auswertungen. „Zudem übergeben wir ihnen jährlich eine Unternehmensplanung“, sagt Freund. Die Expertise enthält nicht nur eine Prognose des Gesamtumsatzes sowie einzelner Kostenpositionen für die nächsten zwölf Monate, sondern auch ein Konzept zur strategischen Ausrichtung des Handelshauses. Die Aufzeichnungen kommen bei den Geldinstituten gut an. Schließlich wirkt sich eine solche Unternehmensplanung in Kombination mit einer regelmäßigen Berichterstattung nicht nur positiv auf die Bonität aus. Die Firmenspitze zeigt damit auch, dass sie sich kritisch mit der Entwicklung des Handelshauses und der Branche auseinandersetzt.
Die Geschäftsleitung kann also mit geschickten Schachzügen einiges dazu beitragen, dass die Zusammenarbeit mit den Geldgebern wunschgemäß verläuft. Das gilt vor allem für Unternehmer, die über vergleichsweise wenig Eigenkapital verfügen oder wenig Erträge erzielen. „Wir beobachten, dass Betriebe mit mittlerer Bonität es derzeit relativ schwer haben, Kredite zu bekommen“, sagt Carl-Dietrich Sander, Unternehmensberater in Neuss. Und tatsächlich: Nach einer aktuellen Creditreform-Umfrage verfügt immer noch knapp jede zweite Firma über höchstens 20 Prozent Eigenkapital. Gleichzeitig rechnen mehr als zehn Prozent der Unternehmen aus Handel oder Baugewerbe 2015 mit Ertragseinbußen. Unterm Strich genug Anlass, einige wichtige Regeln bei der Bankkommunikation zu beachten.
»Für das Gespräch mit der Hausbank gilt: Das Wichtigste ist eine gute Vorbereitung.« Dirk Buddensiek, Bürgschaftsbank Baden-Württemberg
Die Führungsspitze des Schuhhauses Werdich etwa trifft sich einmal im Jahr mit den Firmenkundenbetreuern. Sander: „Diese Termine sind nicht bei allen Instituten für jeden Kunden obligatorisch. Jeder Unternehmer sollte sie aber anstreben.“ Aus Sicht des Experten verzichten viel zu viele Unternehmer auf das Jahresgespräch. Dirk Buddensiek, Vorstand der Bürgschaftsbank Baden-Württemberg, erklärt: „Für das Gespräch mit der Hausbank gilt: Das Wichtigste ist eine gute Vorbereitung. Der Unternehmer sollte die aktuelle Situation gut erklären und seine Pläne plausibel darstellen können.“ Entscheidend gegenüber den Geldinstituten ist prinzipiell absolute Offenheit des Firmenchefs: Seine Chancen auf eine günstige Finanzierung steigen, wenn die Banker über die Situation des Betriebs verlässlich Bescheid wissen.
Berater Sander stellt in der Praxis allerdings immer wieder fest, dass Unternehmer und Firmenkundenbetreuer aneinander vorbeireden: „Zum Beispiel definieren sie Fachbegriffe unterschiedlich.“ Soll heißen: Falls der Unternehmer über die Bank- einschätzung nicht ganz sicher ist, sollte er ohne Scheu nachfragen. Vereinbarungen lässt er sich schriftlich bestätigen. „Jeder weiß zwar, dass sich die Sachlage innerhalb der nächsten Monate ändern kann. Auf das gesprochene Wort allein kann sich der Unternehmer Wochen später aber mit Sicherheit nicht berufen“, sagt Sander.
Der Experte empfiehlt zudem, im Gespräch mit den Firmenkundenberatern die wesentlichen Informationen unaufgefordert zu übermitteln. Entscheidend ist vor allem, dass aktuelle Zahlen vorliegen. Wichtig dabei: „Den Jahresabschluss dürfen Unternehmer niemals unkommentiert an die Bank geben“, so Sander. Ein Begleitschreiben sollte die Besonderheiten und Auffälligkeiten ausführlich erläutern, um Missverständnissen vorzubeugen.
Berater mitnehmen
Wer betriebswirtschaftlich nicht fit ist, zieht am besten seinen Steuer- oder Unternehmensberater zum Termin hinzu. Die Bank sieht es sogar gern, wenn ein Firmenchef sein Vorhaben vorab mit einem unabhängigen und kritischen Dritten diskutiert. Wichtig ist aber, dass der Unternehmer als Wortführer agiert. Der Berater schaltet sich nur in schwierigen Situationen ein – etwa wenn der Firmenkundenbetreuer nach Bewertungen des Vermögens in der Bilanz fragt. Keinesfalls darf der Eindruck entstehen, dass der Unternehmer seine Zahlen nicht zu interpretieren weiß oder – noch schlimmer – nicht kennt.
Gründerin Yvonne Möbius zum Beispiel diskutierte ihren Businessplan im ersten Schritt mit einer erfahrenen Unternehmensberaterin, stellte ihn aber selbst ihrer Bank vor. Vor wenigen Wochen eröffnete sie gemeinsam mit Wasiliki Fotia- dou in der Innenstadt von Stuttgart das Café Poffers. Das Unternehmerduo hat sich auf die Fertigung und den Verkauf von Poffertjes spezialisiert. Bisher wurde das Gebäck auf zahlreichen Märkten via Verkaufswagen angeboten. „Jetzt haben wir unser eigenes 70 Quadratmeter großes Café eröffnet“, so Möbius.
DER NEUN-PUNKTE-SELBSTCHECK
Je mehr der folgenden Statements, erarbeitet von UnternehmerBerater Carl-Dietrich Sander, Firmenchefs zustimmen können, desto selbstbewusster können sie in den Termin mit dem Bankberater gehen: Sie haben einen gute Überblick über die finanzielle Situation ihres Betriebs.
• Die Stärken und Schwächen meines Unternehmens sind mir bewusst – ich führe darüber einen offenen Dialog mit meinen Banken.
• Meine Gesprächspartner in meinen Banken kenne ich gut – ebenso meine Rating-Ergebnisse.
• Meine Banken erhalten alle von ihnen verlangten Unterlagen über die Firma immer aktuell und aussagefähig – und sogar noch einen Tick besser als erwartet.
• Mein Bankenordner mit allen Unterlagen und der aktuellen betriebswirtschaftlichen Auswertung obenauf halte ich immer auf dem aktuellsten Stand.
• In meine Kreditgespräche gehe ich immer gut vorbereitet – mit klarem Themenkatalog und klaren Zielvorstellungen für jedes Thema.
• Meine Kreditgespräche führe ich auf Basis meiner Vorbereitung selbstbewusst, und ich sichere die getroffenen Vereinbarungen ab.
• Ich kenne die Zinsen und Gebühren meiner Banken sowie die der Wettbewerber und verhandle gezielt.
• Über die Bewertung meiner Sicherheiten durch Banken spreche ich offen und bin informiert.
• Ich arbeite regelmäßig gezielt an Aktivitäten, die mein Unternehmen im Bereich Liquidität und Finanzierung voranbringen.
Die Firmenchefinnen bereiteten das Projekt akribisch vor, sodass ein ausführlicher Businessplan mit konkreten Planzahlen für die nächsten Jahre entstand. Die Basis dafür lieferten die bisherigen Erfahrungen auf nebenberuflicher Basis. „Unser Bankberater hat sich alles genau angesehen und die Zahlen geprüft, nachdem ich ihm die Einzelheiten des Konzepts verbal vorgestellt habe. Am Ende war er selbst richtig begeistert“, so Möbius. Die Hausbank holte noch die Bürgschaftsbank Baden-Württemberg mit ins Boot und rundete das Finanzierungskonzept so ab. „Ich denke, unser Konzept und unser engagiertes Auftreten haben überzeugt“, sagt Möbius.
Das haben aber auch die detaillierten Marktanalysen und Zahlen im Business- plan, das A und O jedes Investitionsvorhabens. Die Banken erwarten tief gehende betriebswirtschaftliche Kenntnisse vom Firmenchef. Auch Emil Freund weiß das. Er vergleicht monatlich die Soll- mit den Istzahlen und aktualisiert laufend die erforderlichen Maßnahmen. In Quartalsberichten informiert er die Banken, erläutert die Entwicklung und erklärt das weitere Vorgehen. Freund: „Wir machen die Jahresplanung aber nicht nur für die Kapi- talgeber, sondern vor allem für uns.“
BANKGESPRÄCH PERFEKT VORBEREITEN
Finanzierungsexperte Carl-Dietrich Sander listet auf, welche Informationen die Bank beim Jahresgespräch erwartet und welche Unterlagen Firmenchefs parat haben sollten, um ihr Unternehmen auch in schwierigen Zeiten vorteilhaft zu präsentieren.
Aktuelle Zahlen bereithalten. Die Bank bewertet die Qualität der Berichterstattung zum Jahresabschluss und zur aktuellen Betriebswirtschaftlichen Auswertung (BWA). Sie registriert, wie häufig und wie zeitnah der Unternehmer Zahlen auswertet und der Bank präsentiert. Besonderes Augenmerk legen die Sachbearbeiter etwa auf die Umsatzentwicklung, die Rohertragsquote und die Bewertung des Umlaufvermögens (Warenlager, halbfertige Produkte, Forderungen).
Besonderheiten erklären. Wichtig sind für die Bank zudem Veränderungen bei den stillen Reserven im Anlagevermögen (Abschreibungen in der monatlichen BWA), vorgesehene Rückstellungen in Verbindung mit Gewährleistungen und Prozessen sowie die Eigenkapitalquote (möglichst mindestens 20 Prozent) und das Entnahmeverhalten des Unternehmers.
Finanzstruktur erläutern. Die Bank interessiert sich auch dafür, ob die goldene Finanzierungsregel (langfristige Investitionen werden mit Eigenkapital und langfristigen Darlehen gedeckt) strikt eingehalten wird. Überall dort, wo deutliche Abweichungen zum Vorjahr beziehungsweise zu den gesetzten Zielen auftreten, sollten diese mit entsprechenden Unterlagen belegt und kommentiert werden.
Geschäftsplan vorlegen. Banken erwarten heute von den Betrieben klare Ziele für die Zukunft – in Form von Planzahlen und Aussagen zur strategischen Ausrichtung. Vielfach Standard ist eine Ergebnisplanung (Gewinn- und Verlustrechnung) für ein Jahr. Oftmals werden aber auch Ertragsvorschauen für bis zu drei Jahre erwartet. Der Firmenchef sollte mit seiner Bank klären, welche Zahlen in welcher Detaillierung erwartet werden. Wichtig ist vor allem, zu fragen, ob die Bank eine Ertrags- oder eine Liquiditätsplanung haben möchte. Wichtig zu wissen: Die Planzahlen fließen auch in das Rating ein.
Plan B vorlegen. Falls ein unternehmerisches Problem besteht, sprechen clevere Firmenchefs es an und präsentieren dem Firmenkundenbetreuer Lösungsvorschläge. Erwähnt werden sollten auch Schwächen und Risiken sowie Vorschläge, wie der Firmenchef mit diesen umgehen will.