Die Zukunft im Handel gehört denjenigen, die stationäres Geschäft und Online-Verkauf intelligent verknüpfen. Damit das gelingt, benötigen Handelsunternehmen belastbare Daten über die Bonität ihrer Kunden. Der Modehändler Jeans Fritz macht vor, wie es in Zusammenarbeit mit Creditreform und Boniversum gehen kann.
Spätnachmittags an einem Wochentag im Oberhausener Centro, einem der bundesweit größten Einkaufszentren: Dichtes Gedränge bei Gastronomiebetrieben, gähnende Leere in den meisten Shops. So wie hier ist es häufig in deutschen Einkaufsstraßen und Shoppingcentern. Die Kundenströme verringern sich. Bei einer kürzlich vom BTE Handelsverband Textil durchgeführten Untersuchung beklagten 70 Prozent der befragten Händler eine rückläufige Frequenz in ihren Läden. Meistgenannte Begründung, natürlich: die zunehmende Beliebtheit des Online-Einkaufs. Das spiegelt sich in den Zahlen der Bekleidungs- und Textilienverkäufer wider. Die Ladenumsätze gehen vielerorts zurück, Zuwächse gibt es meist nur im E-Commerce. Nach Schätzung des BTE verzeichnete der Online-Verkauf mit Bekleidung und Textilien im vergangenen Jahr bei insgesamt stabilem Branchenumsatz ein Plus von rund sechs Prozent. „Für einen Modehändler ist es fatal, keinen Onlineverkauf zu betreiben. Gleichzeitig sind aber auch neue Konzepte gefragt, um das stationäre Geschäft zu beleben“, meint Georgios Triantafillou, Leiter des Onlineshops bei Jeans Fritz.
Das Unternehmen mit Sitz im ostwestfälischen Hüllhorst betreibt bundesweit mehr als 300 Filialen. Viele davon wurden in den vergangenen drei Jahren einem Relaunch unterzogen. Sie sind nun moderner, interessanter und bequemer für den Kunden. Gleichzeitig feilt der Modeanbieter an Konzepten, die das stationäre Geschäft mit dem Onlineverkauf verknüpfen. „Entscheidend ist die Vernetzung. Wir wollen nicht zwei Vertriebswege nebeneinander betreiben“, betont Triantafillou. Wie das funktionieren kann, probiert Jeans Fritz bereits seit einigen Jahren aus: Die Kunden bestellen online und lassen sich die Artikel in ihre Wunschfiliale liefern. Aber anders als bei diesem als „Click & Collect“ bekannten Verkaufsmodell üblich, bezahlt der Kunde nicht vorab – weder direkt online noch unmittelbar bei Abholung in der Filiale –, sondern er kann die Sachen zunächst anprobieren und schauen, ob sie ihm tatsächlich gefallen. Das ist für den Kunden (und auch die Mitarbeiterin an der Kasse) sehr viel komfortabler, als zunächst die gesamte Bestellung zu bezahlen, um kurz darauf festzustellen, dass er einige Artikel zurückgeben möchte. „So kann der Kunde in Ruhe entscheiden, welche Ware er tatsächlich haben will, und bezahlt später“, erläutert Triantafillou.
Retouren über die Filiale
Zu Jahresbeginn 2017 hat Jeans Fritz dieses Vertriebsmodell um eine bundesweit einzigartige Variante erweitert, die dem Kunden noch mehr Flexibilität bietet: Er kann online Waren auf Rechnung bestellen und an seine Privatadresse liefern lassen. Mögliche Retouren wickelt er über die Filiale ab. Dort kann er auch die Rechnung begleichen. Das ist für ein Unternehmen ein Wagnis, wenn es die Bonität der Besteller nicht richtig einschätzt. Denn bei dieser Zahlungsart ist das Ausfallrisiko deutlich höher als bei Bezahlung per Vorkasse. Andererseits ist das Angebot, auf Rechnung zu zahlen, für ein Unternehmen eine Chance, Kunden zu gewinnen. Denn alle Befragungen zeigen, dass die Kunden am liebsten auf Rechnung kaufen.
» Unsere Zahlungsausfälle bewegen sich im branchenüblichen Rahmen – trotz des tendenziell stärker risikobehafteten Zahlungsangebots auf Rechnung. «
Georgios Triantafillou, Jeans Fritz
Die Herausforderung heißt somit: die Bonität zuverlässig einzuschätzen. Das gelingt Jeans Fritz durch die Zusammenarbeit mit Creditreform und Boniversum. „Wir ermitteln für jeden Besteller einen Score, der dann die Entscheidungsgrundlage dafür ist, ob Jeans Fritz ihm die Bezahlung auf Rechnung anbietet“, erläutert Dirk Markus, Geschäftsleiter Marketing bei der Creditreform Herford & Minden Dorff GmbH & Co. KG. Der Score stellt sicher, dass es die Person, die im Onlineshop bestellt, tatsächlich gibt und dass sie zudem über eine Bonität verfügt, die erwarten lässt, dass sie die Rechnung bezahlt. Ziel ist es, so viel Geschäft wie möglich zuzulassen, ohne das Ausfallrisiko übermäßig zu erhöhen. „Wichtig ist, die Daten regelmäßig zu aktualisieren. Es nützt wenig, Kunden bei der ersten Bestellung zu scoren und dann nie wieder. Die Bonität kann sich sehr schnell verändern“, betont Triantafillou. Neukunden gewährt Jeans Fritz bei Bestellung auf Rechnung zunächst einen vergleichsweise kleinen Rahmen – sofern es der Score erlaubt. Zahlen sie zuverlässig, erhöht sich das Einkaufsvolumen Schritt für Schritt. „Wir stehen mit Jeans Fritz und dessen Fulfillment-Dienstleister Hellmann Logistics ständig im Austausch, um das Scoring aktuell zu halten“, sagt Markus. Hellmann wickelt die Logistik und das Retourenmanagement ab sowie die IT, also die Programmierung des Onlineshops.
In Kürze will der Modehändler sein Modell noch einmal erweitern: Online-Kunden, die auf Rechnung bestellen und deren Ware in eine Filiale geliefert wird, sollen sich dort weitere Artikel aussuchen und erst später zusammen mit den online erworbenen Sachen bezahlen können. Das Ganze selbstverständlich innerhalb eines vorher gesteckten Limits. Wer beispielsweise über einen Einkaufsrahmen in Höhe von 800 Euro verfügt, kann für 500 Euro Ware im Onlineshop bestellen und später in der Filiale noch einmal für 300 Euro einkaufen. Der Rechnungsbetrag über 800 Euro wird erst 14 Tage später fällig. Diese Einkaufsoption, die Jeans Fritz und Boniversum gemeinsam entwickelt haben, verlangt besonders belastbare Daten und Aussagen über die Bonität der Besteller.
Chance auf zusätzlichen Umsatz
Der Modehändler will den Kunden so viel Flexibilität wie möglich bieten. „Schon heute werden 23 Prozent der online bestellten Waren in die Filialen geliefert. Das eröffnet uns die Chance auf zusätzlichen Umsatz. Denn wenn die Kunden einmal im Laden sind, entdecken sie möglicherweise weitere Artikel, die ihnen gefallen“, sagt Triantafillou. Vor allem Neukunden, die Jeans Fritz nicht kennen, seien häufig angenehm überrascht über die Auswahl und Warenpräsentation in den Läden.
Das beste Risikomanagement kann nicht verhindern, dass Kunden Rechnungen auch einmal nicht bezahlen. Dann übernehmen bei Jeans Fritz die Inkassospezialisten von Creditreform und versuchen, einen möglichst großen Teil der offenen Beträge hereinzuholen. „Das Zusammenspiel mit Creditreform, Boniversum und Hellmann funktioniert sehr gut. Unsere Zahlungsausfälle bewegen sich im branchenüblichen Rahmen – trotz des tendenziell stärker risikobehafteten Zahlungsangebots auf Rechnung“, betont Triantafillou. Das bestärkt ihn im Vorhaben, das Online-Geschäft weiter auszubauen. „In drei Jahren will Jeans Fritz gut zehn Prozent seines Umsatzes durch Internetverkäufe erwirtschaften.“