Christian Wolfram, Präsident des Verbands der Vereine Creditreform, über das neue Produkt CrefoPay, das Auslandsgeschäft von Creditreform, aktuelle Gesetzesänderungen und die Perspektiven für 2015.
Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs hat Creditreform International e.V. rasch auch Geschäftsstellen in Mittel- und Osteuropa gegründet. Welches Fazit ziehen Sie ein Vierteljahrhundert später?
Alle Zahlen, welche die Entwicklung von Creditreform in den Ländern Mittel- und Osteuropas dokumentieren, weisen klare Zuwächse auf. Das reicht vom Umsatz über die Zahl der Beschäftigten bis zu unserer Position am Markt eines jeden Landes. Es war der richtige Weg, gleich nach Öffnung der Grenzen selbst aktiv zu werden. So konnten wir den Aufbau marktwirtschaftlicher Strukturen begleiten und den jungen Unternehmen, aber auch den Investitionen aus dem westlichen Ausland Sicherheit geben. In diesem Zusammenhang ist es mir wichtig, darauf hinzuweisen, dass unsere erfolgreiche Arbeit nur möglich war zusammen mit den neuen einheimischen, mit Sprache und Kultur bestens vertrauten Mitarbeitern und Geschäftsführern, die sich, wie auch in Deutschland, als selbstständige Unternehmer regional verantwortlich fühlen. Erst die Verbindung unserer Erfahrung und nicht zuletzt unserer Technik mit der Motivation und den Kenntnissen unserer neuen Unternehmer haben den „Aufbau Ost“ zu einer Erfolgsgeschichte gemacht.
Creditreform ist längst auch in China ansässig. Sind weitere Auslandsinitiativen außerhalb Europas geplant?
China durchläuft – wenn auch mit anderen Voraussetzungen und anderen Begleitumständen – einen ähnlichen Transformationsprozess wie der Osten Europas. Dort stehen auf der einen Seite gewaltige wirtschaftliche Erfolge, auf der anderen Seite sind marktwirtschaftliche Strukturen teilweise noch unterentwickelt. Dazu gehören auch das Verständnis und der Stellenwert von Wirtschaftsauskünften und Inkasso. Auch in China mussten wir bei null anfangen, nehmen nun aber im Fernen Osten deutlich an Fahrt auf. Im Moment stehen keine weiteren Aktivitäten außerhalb Europas auf der Agenda. Wir bleiben bei unserer Philosophie, für die Auskunftserteilungen und das Forderungsmanagement unserer Mitglieder weltweit mit exzellenten Partnern vor Ort zusammenzuarbeiten. Dieses Prinzip hat uns zum Marktführer in Europa gemacht.
In den Bereich „Ausland“ hat Creditreform noch einmal deutlich investiert. Was ändert sich damit für die 20.000 Unternehmensmitglieder, die allein in Deutschland Auslandsauskünfte und Auslandsinkasso nutzen?
Entscheidend für unsere Investitionen im Bereich Auslandsauskünfte ist, dass wir mit ihnen eine ebenso hohe Qualität und Verfügbarkeit zur Verfügung stellen, wie unsere Kunden das auch bei der Auskunftserteilung über ein deutsches Unternehmen gewohnt sind. Dabei sind erhebliche Prozessinnovationen im IT-Bereich erforderlich, die im Hintergrund ablaufen. Was unser Kunde schließlich auf dem Bildschirm sehen wird, wenn er online mit unserer Datenbank verbunden ist, ist ein neues Format und Design der Auskunft, das er von der Creditreform Wirtschaftsauskunft in Deutschland gewohnt ist. Er erhält einen dreistelligen Bonitätsindex und eine Vielzahl von relevanten Informationen, die übersichtlich strukturiert sind. Das internationale Produktportfolio wird erweitert, zum Beispiel um die Kompaktauskunft und vor allem das Creditreform Monitoring, die permanente Überwachung des Risikos einer Geschäftsbeziehung. Denn gerade im ferneren Ausland können sich belieferte Unternehmen in ihrer Bonität sehr schnell verändern, ohne dass der Lieferant in Deutschland dies erkennt. Ebenfalls in der Entwicklung ist die Erweiterung unserer Verflechtungsdatenbank um internationale Unternehmensstrukturen. Die Anbindung der einzelnen europäischen Länder werden wir – nach und nach – für alle Länder möglich machen.
In wenigen Wochen öffnet die Cebit wieder ihre Tore. Ein Schwerpunktthema wird auch in diesem Jahr der rasant wachsende Onlinehandel sein – und Creditreform bringt CrefoPay heraus. Was genau zeichnet denn das Produkt aus?
CrefoPay ist die komplette Lösung von Creditreform für Zahlungsabwicklungen im Onlinehandel. Immer mehr Verbraucher nutzen den Einkauf im Internet – allein im Bereich von Smartphones und Tablets ist der mobil generierte Umsatz des Handels 2014 um 42 Prozent gestiegen. Dabei erwarten sowohl der Verbraucher als auch der Händler für die Zahlungsabwicklung im Internet eine Komplettlösung. CrefoPay bietet dem Kunden des Handels eine individuelle Auswahl des für ihn optimalen Zahlungsverfahrens, dem Händler eine übergreifende, einheitliche Abrechnung und ein entsprechendes Reporting. Der E-Commerce-Händler wird vor Ort durch den Verein Creditreform betreut. CrefoPay stellt darüber hinaus ein optimiertes Gutschriftenmanagement, ein völlig integriertes Risikomanagement, ein umfangreiches und einheitliches Reporting und den Weg in die Internationalisierung zur Verfügung.
Was hat Creditreform unter dem Gesichtspunkt Risikominimierung zu bieten?
Wenn es um Risiken im E-Commerce geht, bietet Creditreform mit Creditreform Boniversum einem führenden Anbieter von Bonitätsauskünften zu Konsumenten, wie auch ein integriertes Mahnwesen zum einen durch accredis, der Creditreform-Tochter für das zentrale Mengeninkasso, als auch durch die regionalen Inkassodienstleistungen der Vereine Creditreform. Wir ermöglichen Gläubigerschutz auch im Internet mit Informationen, die datenschutzkonform und sicher sind.
In den vergangenen zwei Jahren hat es einige gesetzliche Neuregelungen gegeben – etwa das GguG, SEPA oder auch Änderungen im Bereich BGB § 288 –, auf die sich die einzelnen Creditreform-Vereine in ihrer Rolle als Inkassodienstleister eingestellt haben. Inwieweit hat CrefoTEAM Inkasso als einheitliche und zentrale Inkassoanwendung dabei geholfen?
Der Gesetzgeber hat in den letzten Jahren eine Vielzahl von Änderungen herausgebracht. Manche begrüßen wir im Sinne des Gläubigerschutzes, manche sehen wir durchaus kritisch. In jedem Fall sind diese Änderungen zeitnah umfassend umzusetzen. Dies ist bei der dezentralen Struktur von Creditreform mit 130Geschäftsstellen allein in Deutschland sicherlich anspruchsvoll, aber dank des Einsatzes zentraler Inkassosoftware problemlos umzusetzen. Neben den Anforderungen an die Qualität und Sicherheit automatisierter Inkassoprozesse besteht die große Herausforderung darin, individuelle Kundenlösungen und eigene Schnittstellen zum Kreditmanagement zu berücksichtigen. Die Einführung optimierter Prozesse in unserem Forderungsmanagement sind das eine, die Wünsche der Kunden bei ihrer Anbindung an unser System das andere. Und dies immer mit dem Blick auf den Gesetzgeber, dessen Vorstellungen von Datenschutz und Schuldnerschutz umzusetzen sind.
Auf welche Weiterentwicklungen bewährter Anwendungen oder gar auf welche neuen Lösungen dürfen sich die Unternehmensmitglieder von Creditreform noch im Jahr 2015 freuen?
Die aufgezeichneten Lösungen im Bereich Ausland, CrefoPay, E-Commerce und Inkasso stellen ja keine abgeschlossenen Ziele dar, sondern unterliegen ständiger Weiterentwicklung. Wir wollen auf Basis der neuen Wirtschaftsauskunft international kontinuierlich weitere Länder anbinden. Bei CrefoPay werden wir zu Jahresbeginn mit dem Rollout beginnen. Wir werden die Systeme in Zusammenarbeit mit unseren neuen Kunden im E-Commerce weiterentwickeln. Auch die erfolgte Installation der neuen Inkassoanwendungen wird lediglich als weiterer Schritt, als eine Generation gesehen, der weitere folgen werden. Und zu guter Letzt: Wir wollen uns in diesem Jahr um die weitere Optimierung unserer Recherche bemühen und ich sehe noch viel Potenzial im Crefo Factoring.