Das Unternehmermagazin aus der Handelsblatt Media Group

Creditreform

Fester Arbeitsplatz, steigendes Einkommen: Den meisten Verbrauchern in Deutschland geht es wirtschaftlich gut. Dennoch konnten zuletzt erneut mehr Menschen ihren Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen. Das belegt der SchuldnerAtlas der Creditreform Wirtschaftsforscher. Vor allem Ältere geraten häufiger in die Schuldenfalle und haben wenig Chancen, ihre wirtschaftliche Situation zu verbessern.

Von einem magischen Dreieck ist häufig dann die Rede, wenn es gilt, drei miteinander konkurrierende Ziele in Balance zu halten. In der Vermögensanlage beispielsweise sind das die Größen Rentabilität, Sicherheit und Liquidität: Ein Mehr von einem ist nicht zu haben, ohne gleichzeitig Zugeständnisse bei den anderen zu machen. Wenn es um private Finanzen geht, gibt es ein weiteres magisches Dreieck: Kauflust, Anschaffungsnotwendigkeit und Ausgabenvorsicht. Wer es schafft, diese Umstände in Einklang mit seinem Einkommen zu bringen, wird finanziell keinen Schiffbruch erleiden.

Wie hoch ist der Schuldneranteil in den jeweiligen Landkreisen? Die detaillierte Deutschlandkarte zum SchuldnerAtlas gibt‘s in unserer App oder unter diesem Link

Offensichtlich gelingt dies jedoch immer weniger Verbrauchern. Und der jüngste SchuldnerAtlas der Creditreform Wirtschaftsforschung, der microm und der Creditreform Boniversum, der die Überschuldungssituation der Deutschen im Herbst 2015 analysiert, lässt ahnen: Ein dauerhafter und nachhaltiger Rückgang der aktuell in vielen Fällen bereits besorgniserregend hohen Überschuldung ist in den nächsten Jahren nicht zu erwarten. Und das trotz eines stabilen wirtschaftlichen Umfelds – und obwohl die Arbeitslosenzahl so niedrig ist wie zuletzt vor 24 Jahren. Und ungeachtet zuletzt hoher Rentensteigerungen. Denn vor allem ältere Menschen geraten immer häufiger in die Schuldenfalle. Wer einmal aus dem finanziellen Gleichschritt geraten ist, hat es schwer, zurückzufinden – unabhängig vom konjunkturellen Umfeld. „Der Megatrend zur strukturellen Überschuldung ist ungebrochen“, analysieren die Creditreform-Forscher.

Zuwanderung lindert Pro-Kopf-Verschuldung

Dabei sieht der Befund zum Oktober 2015 auf den ersten Blick gar nicht schlecht aus: Zwar erhöhte sich die Zahl der Überschuldungsfälle in den zwölf zurückliegenden Monaten erneut – dies aber weit weniger stark als noch im Herbst 2014 befürchtet. Zum Stichtag waren mit etwa 6,7 Millionen Bundesbürgern über 18 Jahre gut 44.000 Personen mehr überschuldet oder wiesen nachhaltige Zahlungsstörungen auf als im Vorjahr. Im Mittel hatten diese Personen Verbindlichkeiten von 34.000 Euro pro Kopf – 500 Euro weniger als im Vorjahr. Auch die Schuldnerquote, also der Anteil der Personen mit finanziellen Schwierigkeiten an der Gesamtbevölkerung, war mit 9,92 Prozent nur geringfügig höher als im Herbst 2014. Ursache dafür ist eine spürbare Bevölkerungszunahme, die sich nach Angaben des Statistischen Bundesamts auf „hohe Zuwanderung“ zurückführen lässt.

© Creditreform-Magazin 12/2015

© Creditreform-Magazin 12/2015

Der verglichen mit dem Jahr zuvor niedrige Anstieg der Überschuldungsfälle hat vor allem einen Grund: die stabile Konjunktur. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sind für viele Verbraucher in Deutschland so günstig wie selten zuvor. Sie haben einen festen Arbeitsplatz – die wichtigste Grundlage, um das Überschuldungsrisiko gering zu halten – sowie ein stabiles Einkommen. So haben denn zuletzt andere Auslöser von Verschuldungsprozessen an Bedeutung gewonnen, allen voran eine unwirtschaftliche Haushaltsführung – also die mangelnde Fähigkeit, Einnahmen und Ausgaben über einen längeren Zeitraum in Balance zu halten.

Und auf der nächsten Seite: Ruhrgebiet bleibt Sorgenkind