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Creditreform

Mittelständler mit großen Produktionshallen, Autohändler mit imposanten Showrooms, Logistiker mit weitläufigen Lagerflächen – bei Schäden an Immobilien steht schnell das ganze Geschäft still. Damit das nicht zum ernsten Problem wird, muss ein umfassender Versicherungsschutz her. Text: Hajo Simons

Die TMP Fenster + Türen GmbH in Bad Langensalza ist eine ostdeutsche Erfolgsgeschichte: Seit Gründung im Jahr 1990 ist der Betrieb von Bernhard Helbing auf mehr als 300 Mitarbeiter gewachsen. Von vier Standorten aus agiert TMP, jeweils einer in Thüringen, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und auch in Litauen. „Im laufenden Jahr 2016 werden wir weiter wachsen und nahezu 45 Millionen Euro Umsatz erreichen“, sagt Helbing stolz.

Zum TMP-Betriebsvermögen zählen auch unterschiedliche Liegenschaften, für die Produktion, für Schulungen, die Lagerung, den Versand sowie für die Verwaltung. „Die überdachte Fläche unserer Firmenimmobilien summiert sich auf rund zwei Hektar“, rechnet Helbing vor und fügt hinzu: „Selbstverständlich haben wir ein Versicherungspaket geschnürt, das sämtliche Risiken abdeckt, die die Existenz der Firma bedrohen könnten.“ Gut so. Aber welche Versicherungen sind tatsächlich nötig für einen Mittelständler? „Gewerblich genutzte Gebäude sind heute oft mehr als nur ein paar gemauerte Wände mit Dach“, sagt Daniel Koch, Leiter Produktmanagement HUS Firmen der HDI Versicherung AG. Erst die passende Kombination aus Gebäude- und technischer Versicherung wird diesem speziellen Risiko gerecht. „Es gibt keine Standardlösungen“, so Christian Boll, Geschäftsführer der NW Assekuranzmakler Hanse. Er hat exklusiv für das Creditreform Magazin die unterschiedlichen Policen unter die Lupe genommen. Das Ergebnis:

Gebäudeversicherung: ein Muss

Gefahren wie Feuer, Leitungswasser, Hagel und Sturm sind in der Gebäudeversicherung die Klassiker. „In heutigen Versicherungskonzepten sollten allerdings auch weitere Risiken berücksichtigt werden“, rät Boll. Etwa die Absicherung von Schäden, die aus den extremen Wetterverhältnissen resultieren. Sinnvoll insbesondere für mittelständische Unternehmen ist mittlerweile auch eine Überschwemmungsversicherung, selbst wenn das Firmengelände nicht gleich neben dem Rhein oder der Elbe liegt. Bolls Tipp zum Umfang des Risikoschutzes: „Die Versicherungssumme sollte unbedingt dem Neuwert der Immobilie gleicher Art und Güte entsprechen.“ Der Grund: Nur in diesem Fall werden dem Betrieb die Kosten des kompletten und neuwertigen Wiederaufbaus der Immobilie erstattet. Deshalb sollten Firmenchefs auch in regelmäßigen Abständen überprüfen, ob die Versicherungssumme noch ausreicht. „Nur so können sie eine mögliche Unterversicherung und das Risiko, einen Teil des Schadensselbst zu zahlen, vermeiden“, erklärt Boll. Dieser Fall kann übrigens schnell eintreten. Etwa wenn eine Produktionshalle durch An- und Umbauten erweitert wurde. Bolls Extratipp: „Berücksichtigen Sie allgemeine Preissteigerungen der Herstellungskosten, also hauptsächlich beim Material und den Handwerkerlöhnen, durch entsprechende Klauseln im Versicherungsvertrag.“

Mieten: vor Ertragsausfall schützen

Oft werden Firmenimmobilien anders als ursprünglich vorgesehen genutzt. Sobald etwa eine alte Produktionshalle wegen eines Neubaus an anderer Stelle nicht mehr gebraucht wird, entstehen daraus mitunter attraktive Loft-Wohnungen, die als Teil des Betriebsvermögens oder des Privatvermögens des Firmenchefs dann reinrassige Investmentobjekte sind. Oder auch nicht, falls das schnieke Mehrfamilienhaus nach einem Brand über Monate hinweg nicht bewohnbar ist und die Mieteinnahmen entfallen. Deshalb sollte das Risiko eines Mietausfalls nach einem Sachschaden an der Immobilie in die Gebäudeversicherung integriert werden. Grundlage für die Schadenregulierung und auch für die Höhe des Beitrags ist die jährliche Bruttomiete. Wichtig auch hier: die regelmäßige Überprüfung der Versicherungssumme. Tipp von Makler Boll: „Unbedingt auf ausreichende Haftungszeiten achten, sie hängen von der möglichen Dauer des Wiederaufbaus ab.“ Zwölf Monate sind üblich. Bei Gebäuden mit absehbar längeren Wiederaufbauzeiten können Versicherungsnehmer sogar 18, 24 oder noch mehr Monate wählen.

Umwelt-Haftpflicht: den kleinen Gau absichern

Es gibt Umweltrisiken, aus denen im Ernstfall große und somit sehr teure Personen- oder Sachschäden resultieren können. „Da geht es dann gleich um Hunderttausende oder einige Millionen“, weiß Boll aus Erfahrung. Der Einbau einer Umwelt-Haftpflicht in das Versicherungskonzept ist deshalb meist angesagt. Ob das überhaupt sein muss und mit welcher Versicherungssumme, entscheidet das Vorhandensein umweltrelevanter Anlagen in der Firma. Dazu zählen etwa Öltanks und -abscheider. „Auch das Einleiten sanitärer Abwässer in die öffentliche Kanalisation ist ein potenzielles Umweltrisiko“, erklärt Boll. Deshalb: Sämtliche Anlagen, von denen Umweltgefahren ausgehen können, unbedingt in das Gesamtkonzept aufnehmen. Einmal mehr gilt: Veränderungen, beispielsweise der Ersatz des alten durch einen neuen Öltank, umgehend dem Versicherer melden. Denn das kann zu einer neuen Risikoeinschätzung führen.

Haus-/Grundbesitzer-Haftpflicht: besser zu viel

Bei der Haftpflicht lautet die grundsätzliche Empfehlung von Versicherungsexperten Boll: „Sparen Sie nicht an der falschen Stelle – also an der Deckungs- respektive Versicherungssumme.“ Fünf bis zehn Millionen Euro pauschal für Personen- und Sachschäden sind gängig und deshalb das Minimum. Je nach Größe des Objekts und seiner Lage können aber auch Deckungssummen von 15 Millionen Euro oder mehr sinnvoll sein. Grundlage für die Höhe des jährlichen Versicherungsbeitrags ist der sogenannte Jahresmietwert.

Bauleistungsversicherung: bei Unvorhersehbarem

Die Bauleistungspolice zählt zu den technischen Versicherungen – notwendig insbesondere für Firmenchefs, die ihre Expansion durch den Neubau oder die Erweiterung von Produktions- oder Lagerflächen bewältigen. Die Police ist gleichsam eine Allgefahrenversicherung, die unvorhergesehene Schäden abdeckt. Wobei „unvorhergesehen“ bedeutet: Weder der Unternehmer noch einer seiner Repräsentanten konnten und können auch in Zukunft mit solchen Schäden rechnen. Wichtig: „Gegebenenfalls ist überdies eine sogenannte Bauleistungs-Betriebsunterbrechungs-Versicherung sinnvoll, sofern durch Verzögerungen beim Bau Betriebs- oder andere Nutzungsausfälle zu erwarten sind“, empfiehlt Boll. Für TMP-Chef Helbing „ist erstklassiger Versicherungsschutz selbstverständlich“. Bereits mehrfach hat er die Policen seiner stetig expandierenden Firma angepasst. „Wir setzen doch unsere ostdeutsche Erfolgsgeschichte nicht aufs Spiel, nur um ein paar Euro Beitrag zu sparen“, so der Firmenlenker entschieden.

Ignorieren kann teuer werden

Wer als Versicherungsnehmer seine vertraglichen Pflichten, im Fachjargon: Obliegenheiten, nicht oder nur unzureichend beachtet, gefährdet seinen Versicherungsschutz. Unterschieden werden dabei vorvertragliche Obliegenheiten, Pflichten während der Vertragslaufzeit sowie solche bei einem eingetretenen Schaden.

Zu den vorvertraglichen Obliegenheiten zählen vor allem vollständige und wahrheitsgetreue Informationen über die versicherte Person oder versicherte Sache. Auf dieser Grundlage kalkuliert die Versicherung das Risiko und kann die Höhe des Versicherungsbeitrags festlegen. Nach Vertragsstart bleibt in puncto Risiko nur selten alles beim Alten. Deshalb hat der Versicherungsnehmer einmal mehr weitreichende Informationspflichten. So muss der Gebäudeversicherer über Nutzungsänderungen ebenso wie über den Leerstand einer Immobilie zeitnah informiert werden. Ist Letzteres der Fall, gelten besondere Obliegenheiten, die der Risikobegrenzung dienen, etwa regelmäßige Kontrollen des Objekts, die Entleerung der Wasserleitungen sowie das Heizen in der kalten Jahreszeit. Zu den Pflichten des Versicherungsnehmers, falls etwas passiert ist: Schäden müssen umgehend, am besten innerhalb weniger Tage, dem Versicherer gemeldet werden.