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Creditreform

Worum genau ging es im aktuellen Urteil des Bundesarbeitsgerichts?

Eine Sachbearbeiterin war bei Einführung der Betriebsrente bereits 57 Jahre und damit zu alt, um noch die geforderten 15 Jahre zu arbeiten. Als sie mit 66 Jahren in Rente ging, bekam sie keine Betriebsrente ausgezahlt, sondern ein Küchensieb geschenkt. Da sie elf Jahre insgesamt und neun davon seit Existenz des betrieblichen Altersvorsorgesystems bei dem Softwarehaus beschäftigt war, hoffte sie mit einer Klage zumindest eine gestaffelte Rentenzahlung zu erreichen. Die Bundesarbeitsrichter wiesen ihre Klage jedoch ab. Das war sehr arbeitgeberfreundlich und gibt Unternehmen mit eigenen Betriebsrentensystemen mehr Rechtssicherheit. Sie dürfen die Zahlung der betrieblichen Altersvorsorge an Voraussetzungen knüpfen …

Welche Voraussetzungen sind das?

Es steht Arbeitgebern frei, sich überhaupt für eine Betriebsrente im Unternehmen zu entscheiden – entsprechend dürfen sie auch die Bedingungen bestimmen, etwa Wartefristen und Höchstaltersgrenzen ansetzen. Im aktuellen Fall hatte das Softwareunternehmen eine 15-jährige Betriebszugehörigkeit bis zum Eintritt ins Rentenalter gefordert. Durch diese Koppelung der Betriebszugehörigkeit an die Regelaltersrente von damals 65 Jahren (heute 67 Jahren) ist die Wartefrist in diesem Fall gleichzeitig als Höchstaltersgrenze von 50 Jahren zu verstehen. Damit schloss das Unternehmen ältere Mitarbeiter aus, die schon recht bald eine Betriebsrente erhalten würden.

Welche Wartefristen sind erlaubt – und welche nicht?

Wartefristen von 15 bis 20 Jahren hielten die Richter am Bundesarbeitsgericht in der Vergangenheit für gerechtfertigt, denn immerhin müssen die Unternehmen zunächst die notwendigen finanziellen Mittel ansparen, bevor sie erstmals Betriebsrenten auszahlen können. Das Urteil gestattet ein weites zeitliches Spektrum. Dennoch sollten Arbeitgeber berücksichtigen, dass das Thema Diskriminierung in der betrieblichen Altersversorgung immer wieder überprüft wird.

Denn Wartefristen und Höchstaltersgrenzen diskriminieren ältere Mitarbeiter …

Ältere werden gegenüber jüngeren Mitarbeitern ungleich behandelt, ja. Das ist jedoch gerechtfertigt vor dem Hintergrund, dass Unternehmen grundsätzlich die Möglichkeit haben müssen, das höhere und kostspieligere Risiko älterer Arbeitnehmer im Rahmen ihrer betrieblichen Altersversorgung auszuschließen. Denn das Risiko eines höheren Eintrittsalters lässt sich bei leistungsbezogenen, arbeitgeberfinanzierten Versorgungssystemen nicht mithilfe versicherungsmathematischer Berechnungsfaktoren ausgleichen. So auch das Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil. Zumindest bei einer Wartefrist von 15 Jahren müssen nach dem aktuellen Urteil Personalverantwortliche keine Vorwürfe einer Altersdiskriminierung mehr fürchten.

Was raten Sie Arbeitgebern noch?

Eine Betriebsrente ist neben der gesetzlichen Altersrente eine weitere Säule der Altersversorgung, mit der sich die Rentenbezüge von Arbeitnehmern verbessern lassen. Hierbei handelt es sich um eine freiwillige Zusatzleistung des Arbeitgebers, die häufig als ein Instrument der Mitarbeiterbindung eingesetzt wird. Die betriebliche Altersvorsorge bieten vor allem große Unternehmen mit vielen Angestellten an, wenn auch inzwischen nicht mehr ganz so häufig wie früher. Denn in Zeiten hoher Lohnnebenkosten wird auch in der Privatwirtschaft über freiwillige Leistungen kritischer diskutiert. Das heißt aber nicht, dass Mitarbeiter der Willkür des Arbeitgebers ausgesetzt sind. Wichtig ist für Arbeitgeber jedoch, dass ihre Zusage zur Zahlung einer Betriebsrente bindend ist und nicht willkürlich oder bei schlechter Wirtschaftslage wieder gestrichen werden kann. Arbeitgeber sind – trotz des Urteils der Richter aus Erfurt – gut beraten, bei der Aufstellung der Anspruchsvoraussetzungen für das System der betrieblichen Altersversorgung zu beachten, dass die Differenzierungskriterien, die für eine Trennung zwischen Versorgungsberechtigten und Nicht-Versorgungsberechtigten aufgestellt werden, im Einklang mit der Rechtsprechung des BAG zum Diskriminierungsrecht und zum arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz stehen.

Die Fragen stellte Ingo Schenk

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