Das Unternehmermagazin aus der Handelsblatt Media Group

Creditreform

Arbeiten bis zum 67. Geburtstag? 45 Jahres lang in die gesetzliche Rentenkasse einzahlen? Diese Vorgaben schaffen nur die wenigsten Deutschen. Doch wer vorzeitig in den Ruhestand wechseln will, sollte frühzeitig einen individuellen Finanzplan aufstellen. Das Ziel: die wegen des vorgezogenen Renteneintritts entstandene Versorgungslücke möglichst komplett zu schließen. Das sind die einzelnen Schritte zum frühen Rentenglück:

Schritt 1: Einnahmen-Ausgaben-Plan

Viele Deutsche wissen, wie und vor allem wo sie ihre Zeit nach dem Arbeitsleben verbringen möchten. Doch wie viel Geld benötigen sie dafür? Ob jemand später in der Stadt oder auf dem Land wohnt, ihm eine Lebensversicherung ausgezahlt wird oder er eine Weltreise plant – all diese Aspekte haben großen Einfluss auf den persönlichen Einnahmen-Ausgaben-Plan. Dabei werden die monatlichen Ausgaben den erwarteten Einkünften gegenübergestellt. Zwei wichtige Punkte dürfen bei der Einnahmen-Ausgaben-Kalkulation nicht vergessen werden: erstens die anfallende Einkommensteuer mit dem persönlichen Steuersatz sowie die zu zahlenden Sozialabgaben auf sämtliche Renteneinkünfte (gesetzliche Rente, Riesteroder Rürup-Rente) und Mieteinnahmen. Zudem wird auf Kapitalerträge eine Kapitalertragsteuer von mehr als 25 Prozent berechnet. Zweitens sollten künftige Vorruheständler an die Inflation denken: Wer etwa für Miete und Nebenkosten mit 1.000 Euro im Monat rechnet, wird bei einer Inflationsrate von 1,5 Prozent in 20 Jahren 1.347 Euro aufwenden müssen. Bei zwei Prozent jährlicher Teuerung erhöht sich die notwendige Summe sogar schon auf 1.486 Euro.

Schritt 2: Rentenlücke berechnen

„Die Rente ist sicher“, verkündete seinerzeit CDU-Politiker Norbert Blüm. Sicher mag sie vielleicht sein – ausreichend aber bestimmt nicht. Nachdem die Einnahmen und Ausgaben für das Rentenalter feststehen, lässt sich nämlich nunmehr die Versorgungslücke zum Renteneintrittsalter mit 67 Jahren bestimmen.

Ein Beispiel verdeutlicht die Rechnung: Ein Ehepaar (beide 40 Jahre alt) hat zusammen ein Jahreseinkommen von 90.000 Euro (Ehemann: 60.000 Euro, Ehefrau: 30.000 Euro). In den kommenden Jahren wird eine Gehaltssteigerung von einem Prozent angenommen. Die beiden wollen später auf dem Land leben, reisen und Sport treiben. Ihre geplanten Ausgaben belaufen sich auf monatlich 2.030 Euro netto (Mann) und 1.155 Euro (Frau). Das entspricht etwa 70 Prozent des derzeitigen Nettolohns. Doch Vorsicht: Bei einer angenommenen Preissteigerung von 1,5 Prozent beträgt zum Beispiel die Wunschrente des Ehemannes im Jahr 2040 schon 3.126 Euro anstatt 2.030 Euro. Beide Ehepartner können derzeit nur auf die gesetzliche Rente zurückgreifen, da sie noch keine private Vorsorge getroffen haben. Aus einer Erbschaft haben sie sich ein Wertpapierdepot mit einem Wert von 70.000 Euro aufgebaut. Die zu erwartende Nettorente mit 67 Jahren wird deshalb beim Ehemann 2.436 Euro und bei der Ehefrau 1.675 Euro betragen. Daraus ergibt sich mit 67 Jahren eine gemeinsame Rentenlücke von rund 794 Euro (Mann: 690 Euro, Frau: 104 Euro) pro Monat.

Schritt 3: Budget planen

Bereits heute gibt es Abschläge bei vorzeitigem Rentenbeginn: Wer mit 63 Jahren dem Arbeitsleben den Rücken kehrt, muss einen Abschlag von 14,4 Prozent von der gesetzlichen Rentenzahlung akzeptieren, mit 65 Jahren beträgt das Minus noch immer 7,2 Prozent. Diese Abschläge sind jedoch nur für Rentner gültig, die eine Mindestversicherungszeit von 35 Jahren erarbeitet haben. Neben den eigenen Beitragszeiten werden auch Zeiten von Kindererziehung, Krankheit, Arbeitslosigkeit, Ausbildung und Studium angerechnet. Und wer 45 Beitragsjahre nachweisen kann, darf mit 65 Jahren ohne Abschlag in Rente gehen.

Zurück zum Rechenbeispiel: Plant das Ehepaar schon mit 66 Jahren in den Ruhestand zu gehen, sinkt ihre Rente lebenslang durch den gesetzlichen Abschlag um 3,6 Prozent. Die Rentenlücke vergrößert sich auf monatlich 947 Euro – ein Plus von 153 Euro. Das klingt auf den ersten Blick nicht dramatisch. Doch bei einer angenommenen Lebenserwartung von 90 Jahren wächst die Lücke schon auf 42.228 Euro an (153 Euro x 12 Monate x 23 Jahre). Berücksichtigt man, dass die Zusatzlücke erst mit 67 Jahren greift, muss ein Jahr zusätzlich finanziert werden (947 Euro x 12 Monate), sodass in der Summe 53.592 Euro zusätzlich zu finanzieren sind.

Dieser zusätzliche Kapitalbedarf lässt sich jedoch mit sicheren Anlagen finanzieren. Dabei ist entscheidend, dass die errechneten Summen nach Steuern benötigt werden.

Schritt 4: Rentenlücke schließen

Um die reguläre Altersrente bis zur Höhe der Wunschrente aufzustocken, ist eine sichere Sparvariante empfehlenswert. „Sicher“ ist zwar ein relativer Begriff, gemeint sind aber Anlageformen, die als Endprodukt keinen Schwankungen beispielsweise des Aktienmarktes unterliegen. Dazu zählen derzeit etwa die Riester-, Rürup- oder Privatrente sowie die Aussicht auf Betriebsrente. Für Arbeitnehmer empfiehlt sich deshalb oftmals eine Kombination aus Riester-Rente und betrieblicher Altersvorsorge. Rentenversicherungen bieten den Vorteil lebenslanger Zahlungen. Zudem können die Sparer von Förderungen profitieren, in Form von Zulagen (Riester) oder von Steuervorteilen (Betriebsrenten).

Bezogen auf das Rechenbeispiel bedeutet dies: Werden beide Ehepartner 90 Jahre alt, muss die ermittelte Rente 23 Jahre gezahlt werden. Die beiden haben jedoch noch 27 Jahre Zeit, um die monatlichen Auszahlungen anzusparen. Bei einer unterstellten Rendite der Anlage von 2,5 Prozent wäre eine monatliche Sparrate von 418 Euro erforderlich.

Extrawünsche für die Renten kann das Ehepaar mit einer zusätzlichen Dividendenstrategie schließen: Etwa mit einem Aktiendepot, das ausgewählte Dividendenwerte und Investmentfonds, die Aktien mit überdurchschnittlichen Dividendenrenditen halten, umfasst.

 

Gabrielle Radl

 

Die folgenden Zahlungsströme sollten Sie bei der Aufstellung Ihres persönlichen Budgetrahmens im Ruhestand berücksichtigen:

1. Laufende Einnahmen (brutto):

– Gesetzliche Rente, Betriebsrente

– Rente aus privaten Renten- und Lebensversicherungen

– Mieteinnahmen

– Kapitalerträge

2. Vermögen zum Rentenbeginn:

– Auszahlung Kapitallebensversicherung

– Wertpapiervermögen

– Immobilien

– Erbschaften Ausgaben:

– Zinstilgung Eigenheim

– Miete/Erhaltungsaufwand Eigenheim

– Nebenkosten (Strom, Heizung, Wasser etc.)

– Auto

– Lebensmittel

– Kleidung

– Gesundheitskosten (evtl. private Krankenversicherung)

– Versicherungsbeiträge

– Sport, Reisen, Kultur

Was kostet es jeweils, wenn Sie mit 65, 64, 60 Jahren in Rente gehen möchten? Die Antwort finden Sie online – unter creditreform-magazin.de/rentenbeginn