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Creditreform

Der technologische Wandel zwingt Unternehmen, in ihre Informationstechnik zu investieren. IT-Leasing ist vor allem durch die Finanzierung der Hardware bekannt. Die Möglichkeit, ganze Digitalisierungsprojekte, von der Beratung bis zur Mitarbeiterschulung, zu leasen, ist noch nicht so verbreitet – obwohl sie attraktiv sein kann.

 

© Caiaimage/Rafal Rodzoch/Getty Images

Digitalisierung ist für Horst Wagner ein Gewinn. Besonders die Foto-App, die er beruflich nutzt, findet er genial.

Der Dachdeckermeister, der den von seinem Vater 1950 gegründeten Betrieb 1979 übernahm und diesen vor kurzem an seine beiden Söhne übergeben hat, gerät ins Schwärmen, wenn er über den Nutzen der Anwendung spricht: „Unsere Mitarbeiter machen auf den Baustellen Fotos, die dann direkt den entsprechenden Projekten zugeordnet werden.“ So spart die Firma Wagner Dachdecker- und Zimmermeister GmbH & Co. KG aus Neukirchen-Seigertshausen in Hessen Zeit – und damit Geld.

Die App gehört zum Produktangebot des Unternehmens Codex, bei dem Horst Wagner Kunde der ersten Stunde ist. Das Unternehmen aus Waldsee in Rheinland-Pfalz entwickelt und vertreibt schon seit 30 Jahren spezielle Software für das Dachdeckerhandwerk.

„Rund 70 Prozent unseres Umsatzes machen wir mit Kunden, die unsere Produkte leasen“, sagt Codex-Geschäftsführer Dieter Herzog. Seine Firma wirbt mit der einfachen Bedienbarkeit der Dachdeckersoftware.

Eine Innovation des Unternehmens ist das „Google-Earth-Dach“. Über die Google-Earth-Onlineplattform können Dachdecker die Adresse ihres Kunden eingeben und mithilfe der Software das komplette Dach vermessen.

„Digitalisierung spielt bei uns eine wichtige Rolle. Immer mehr Handwerksunternehmen erkennen und nutzen die Vorteile der Technologie“, unterstreicht Herzog.

Die Finanzierung der IT regelt sein Kunde Wagner am liebsten per Leasing: „Für uns liegt es nahe, dass wir Hardware wie Server oder auch Software leasen, die wir für Kalkulation, Angebote, Baustellenabwicklung, Rechnungsstellung und Buchhaltung mit Lieferanten verwenden.

Über Codex haben wir nur einen Ansprechpartner, der sich darum kümmert, dass alle Systeme laufen.“ Je nach Leasingvertrag ist der Austausch defekter Hardware inbegriffen.

Durch die Zusammenarbeit mit dem technischen Support, den Technikern und der Geschäftsleitung wird die EDV des Dachdeckerbetriebs alle paar Jahre auf den neusten Stand gebracht.

Zudem wird die komplette Hardware mit Ablauf des Leasingvertrags erneuert. Den Leasingvertrag organisiert Dieter Herzog von Codex beim Leasinganbieter Abcfinance aus Köln, der die Bonität des Dachdeckers prüft und dann ein Angebot für Wagner erstellt.

 

Software und Service leasen

„Leasing wird von vielen zuallererst mit Autos in Verbindung gebracht. Dass sich aber auch Digitalisierungsvorhaben wie IT-Projekte auf diese Weise finanzieren lassen, ist den Unternehmen noch wenig bewusst“, sagt Stephan Ninow, Geschäftsführer bei Abcfinance.

So sind auch Softwarelizenzen und Servicebestandteile wie zu programmierende Anpassungen an das konkrete Unternehmen leasingfähig. Weiterhin lassen sich Dienste wie Schulungen, die Inbetriebnahme, der Anschluss ans Firmennetzwerk und die laufenden Wartungsarbeiten durch Leasing- oder Mietmodelle abdecken.

Manchen Unternehmen kommt außerdem zupass, dass Leasingraten flexibel gestaltet werden können. Dann werden in Zeiten mit hohen Umsätzen höhere und in schwächeren Zeiten niedrigere Raten fällig. Wenn der Dachdecker etwa im Winter weniger Umsätze wegen des schlechten Wetters hat, dann schont das die liquiden Mittel.

„Die Leasingwirtschaft ist prädestiniert, um Investitionen ihrer Kunden in die Digitalisierung zu realisieren“, sagt Horst Fittler, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Deutscher Leasing-Unternehmen (BDL).

Jedoch brauche es dafür klare rechtliche Rahmenbedingungen, die zum Teil noch fehlten. Der Verband fordert mehr Klarheit darüber, wem die Daten gehören, die in den Prozessen gesammelt und angewendet werden. Zudem stellen sich Haftungsfragen. Wer kommt zum Beispiel für Schäden auf, die selbstlernende Systeme verursachen?

 

Finanzierung in der Cloud

„Solche Fragen müssen geklärt werden, um endlich Rechtssicherheit bei Datenschutz und Haftungsaspekten zu erhalten“, sagt auch Ninow von Abcfinance. Noch sei das Leasinggeschäft hierbei überschaubar.

Zugleich seien die Wachstumsraten beträchtlich. So verbuchte Abcfinance bei Leasingverträgen für Softwareprojekte im Geschäftsjahr 2018 einen kräftigen Zuwachs.

Ninow sieht das Leasinggeschäft auch in den kommenden Jahren auf dem Vormarsch. „Wir rechnen damit, dass der Markt mit zweistelligen Raten zulegen wird.“ Übergreifend sei festzustellen, dass es vermehrte Anfragen von Softwareentwicklern für Nischenlösungen und auch Branchen mit speziellen Anforderungen gibt, so Ninow.

„Softwareentwickler kommen auf uns zu und fragen Finanzierungsleistungen für deren Kunden an, da eine Anschaffung der Software für diese Kunden betriebswirtschaftlich absolut Sinn macht, aber finanziell in den seltensten Fällen auf Anhieb möglich ist.“

Horst Fittler betont, dass sich der digitale Wandel auch auf die Prozesse der Leasinggesellschaften selbst auswirke. Befragungen des Verbands zeigen, dass knapp zwei Drittel der Firmenkunden ihre Finanzierungspartner auch nach deren digitalen Angeboten auswählen.

„Das digitale Zeitalter zwingt jedes Unternehmen, sein Geschäftsmodell, die Kommunikation mit Kunden und Zulieferern, seine Arbeitsabläufe, die Art des Zusammenarbeitens und schließlich seine Unternehmenskultur zu prüfen und anzupassen“, sagt Fittler.

Der Leasingverband verweist zudem darauf, dass in Leasingunternehmen Finanzexperten mit Branchen- und Technik-Know-how arbeiten, etwa Ingenieure und Informations- und Kommunikationstechnik-Spezialisten.

Sie können Prozesse bewerten und passende flexible Finanzierungslösungen konzipieren. „Denn mit den neuen Geschäftsmodellen gehen auch neue Finanzierungsmodelle einher“, weiß der BDL-Hauptgeschäftsführer und veranschaulicht dies an einem Beispiel: „In vielen Fertigungsunternehmen fehlt das Spezialwissen über Hard- und Softwarelösungen, die für das Datenmanagement notwendig sind.

Spezialisierte Leasingfirmen bieten die Finanzierung in der Cloud an: Software wird dem Kunden in der Cloud zur Verfügung gestellt, er muss sie nicht mehr im Unternehmen physisch installieren.“

 

Softwareentwicklung finanzieren

„Eine zeitgemäße IT ist für viele Unternehmen der Schlüssel zum Erfolg“, sagt Elfriede Eckl, Partnerin bei der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft EY.

Nicht nur um Arbeitsabläufe zu optimieren und Geschäftsprozesse zu beschleunigen, sondern auch in Bezug auf zunehmende Attacken von außerhalb des Unternehmens – Stichwort Cybersicherheit. Dies mache umfangreiche Investitionen in Hard- und Software erforderlich.

„Dabei sind häufig die Kosten für Software um ein Vielfaches höher als die für Hardware. Und oftmals bedingt die Investition eine Folgeinvestition.“ IT-Leasing hilft, die hohen Volumina zu stemmen, denn über das Finanzierungsmodell kann die Anschaffung auf monatliche Raten verteilt werden, ohne die Liquidität zu belasten. Die Raten sind zudem als Betriebsausgaben steuerlich abzugsfähig.

Ein weiterer Vorteil des Leasings könne laut der EY-Beraterin auch darin bestehen, dass Firmen im Zuge der voranschreitenden Digitalisierung aufgrund kürzer werdender Innovationszyklen ihre IT häufiger austauschen oder erneuern müssen.

„Für viele Unternehmen ist neben der Finanzierung der Hard- und Software zudem das Servicing, also die Wartung und die Reparaturen, von großer Bedeutung. Sie brauchen sich nicht mit der Suche nach dem entsprechenden Fachpersonal beschäftigen und können sich auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren.“

So bekommen sie den Service, den sie benötigen, aus kompetenter Hand und haben aufgrund des für den Service vereinbarten Preises auch entsprechende Planungssicherheit. Nicht nur Hardware und Software, auch Dienstleistungen lassen sich durch Leasing- oder Mietmodelle abdecken.

„Zusätzliche Leistungen wie IT-Beratung oder Schulungen für die Mitarbeiter sind inzwischen zu einem zentralen Unterscheidungsmerkmal geworden, auf das unsere Kunden bei der Auswahl des passenden Leasingpartners achten“, sagt Nico Peters, geschäftsführender Gesellschafter der Finanzierungsplattform Compeon.

„Unternehmen können schneller auf technische Veränderungen reagieren, bleiben finanziell flexibel und gewinnen Spielraum für andere Investitionen“, hebt er hervor.

Bei Produktzyklen im Bereich der mobilen Kommunikation seien es beispielsweise rund sechs Monate, bis eine neue technische Lösung auf den Markt komme. „Eine echte Mammutaufgabe für Unternehmer, die immer auf die neuste Technik setzen möchten, und verbunden mit stetig wiederkehrenden Investitionszyklen.“

Fazit: Digitale Prozesse und damit einhergehende komplexere IT-Infrastrukturen erfordern Expertise, die viele mittelständische Firmen nicht alleine aufbringen können. Das nötige Know-how und den Service können die Unternehmen per Leasing erwerben. Diese Art der Finanzierung schont das Eigenkapital und bietet Planungssicherheit.

IT-Leasing für KMU

✪    Laut dem Leasinganbieter Abcfinance nutzen auch kleinere Unternehmen immer häufiger das Instrument des Leasens von spezieller Branchensoftware.

 

✪    Neben dem Dachdeckerhandwerk sind dies zum Beispiel niedergelassene Ärzte, Veranstaltungstechniker, Hoteliers oder auch Gastronomen.

 

✪    Für Branchen, die abhängig von saisonalen Umsatzverläufen sind, wozu auch Gastronomen gehören, können die Leasingraten im Pay-as-you-earn-Prinzip konzipiert werden. Das bedeutet, dass in umsatzschwachen Zeiten auch nur eine geringere Rate fällig ist und diese in der Hochsaison an die steigenden Umsätze angepasst wird. So trägt sich die Investition für den Unternehmer im Idealfall selbst.

 

✪    Als zusätzliches Argument für ihre Software können Softwareentwickler Services wie eine Hotline oder Schulungen für deren Kunden bei der Finanzierung anbieten. Dann bekommt der Endkunde, beispielsweise der Dachdecker, ein Full-Service-Paket, das ihm eine finanzielle Sicherheit bei überschaubaren monatlichen Raten ermöglicht.