Unternehmer können bis zum Jahresende noch verschiedene Maßnahmen realisieren, um ihre Steuern zu minimieren. Unsere Tipps für Ihre clevere Bilanzgestaltung.
Hermann Blattner beginnt bereits frühzeitig mit den Vorbereitungen für den Jahresabschluss. „Wir wollen nicht in Hektik geraten“, erklärt der Geschäftsführer der Christian Gröber GmbH & Co. KG. Das Stuttgarter Unternehmen mit 40 Mitarbeitern hat sich auf Fassadengestaltungen und Ausbau spezialisiert. Blattner fragt zum Beispiel in den nächsten Wochen ab, welche Projekte offen sind. „Wir wollen alle für die Bilanzierung relevanten Informationen frühzeitig parat haben, um eventuell noch Steuervorteile erzielen zu können.“ Zudem überlegt er, welche Anschaffungen er in diesem Jahr und welche er lieber 2016 realisieren will: „Das Ergebnis hängt zwar in erster Linie von den betrieblichen Notwendigkeiten ab. Darüber hinaus halte ich aber die Einnahmen- und Ausgabensituation im Blick – auch um die Steuerlast zu minimieren.“
Der Bauunternehmer bereitet die Bilanz dann intern vor und übergibt die relevanten Belege mit Erläuterungen an seinen Steuerberater. Auf dieser Basis erstellt der den Jahresabschluss, die Gewinn- und Verlustrechnung sowie die Steuererklärungen. „In einem ausführlichen Gespräch gehen wir dann die einzelnen Posten durch und erörtern mögliche Chancen zum Steuern sparen“, so Blattner. In der Regel geht es bei diesem Termin etwa um die Abschreibungsmodalitäten neuer Anschaffungen, die Bewertungen von Vorräten und um Gewährleistungsverpflichtungen. Eine übliche und gute Vorgehensweise: Viele Firmenchefs nutzen das letzte Quartal des Jahres dazu, gezielt Maßnahmen für eine Bilanzoptimierung zu ergreifen. Denn zum einen gilt es, gegenüber Geschäftspartnern mit einem möglichst hohen Gewinn zu punkten. Zum anderen geht es darum, aus fiskalischen Gründen den Überschuss zu drücken. Zehn Tipps, wie dieser Spagat zu meistern ist:
1. Niedrig bewerten
Vermögensgegenstände und Schulden sind zum Bilanzstichtag – oftmals der 31.12. – einzeln zu bewerten. Tipp: Bestände im Lager, die sich etwa aufgrund des technischen Fortschritts oder aufgrund von Modetrends nur noch mit Preisabschlägen verkaufen lassen oder sogar verschrottet werden müssen, fließen mit einem pauschalen Abschlag in die Bilanz ein. Allerdings führen diese Teilwertabschläge immer wieder zu Streit mit den Betriebsprüfern. „Unternehmer sollten ihren Ansatz deshalb exakt begründen und die Erläuterungen zur Bilanz nehmen“, rät Thilo Söhngen vom Steuerberaterverband Westfalen-Lippe.
2. Kleinvieh macht auch Mist
Bürostuhl, Werkzeug, Lampe – geringwertige Wirtschaftsgüter, deren Kaufpreis bei maximal 150 Euro netto liegt, können sofort abgeschrieben werden. Ab einem Anschaffungspreis von 151 bis unter 410 Euro haben Firmenchefs die Wahl: Entweder sie legen ein Verzeichnis mit Angaben zum Tag der Anschaffung, zur Einlage ins Betriebsvermögen sowie zu den exakten Anschaffungs- oder Herstellungskosten an und setzen das gute Stück auf einen Schlag ab. Oder sie nutzen die Poolabschreibung: In einem Posten sammeln sie alle neuen Anschaffungen mit einem Preis zwischen 151 und 1.000 Euro netto und schreiben diese gleichmäßig über fünf Jahre ab. „Die zweite Variante bietet sich an, wenn das Gut regulär länger als fünf Jahre abgeschrieben wird“, so Bernhard Leibfried von der Kanzlei KKLB in Fellbach.
3. Sonderzahlungen absetzen
Ob Fuhrpark, Immobilie, IT oder Maschine: Leasen statt kaufen lautet in vielen Betrieben die Devise. Bei Vertragsbeginn ist häufig eine Einmalzahlung zu leisten. Diese können Einnahmen-Überschuss-Rechner sofort als Betriebsausgabe steuerlich geltend machen. Wird etwa der neue Geschäftswagen im Jahr der Anschaffung ausschließlich betrieblich genutzt, akzeptiert der Fiskus sogar die gesamte Sonderzahlung. Zum Jahresende wird Leasing eines teuren Wirtschaftsgutes deshalb besonders interessant. Wichtig wird es sein, die betriebliche Nutzung nachzuweisen. Im Fall eines Firmenwagens also für die letzten Monate nicht vergessen, ein korrektes Fahrtenbuch zu führen.
Welche Anforderungen stellt der Fiskus an ein elektronisches Fahrtenbuch? Infos finden Sie in unserer App oder auf creditreform-magazin.de/fahrtenbuch
4. Nichts ist sicher
Rückstellungen schmälern den zu versteuernden Gewinn, dürfen aber nur unter strengen Vorgaben gebildet werden: Eine noch ungewisse Schuld, für die eine Rückstellung gebildet wird, muss mit hoher Wahrscheinlichkeit auch entstehen. Beispiel: Rückstellungen für Mängelrügen. Der Unternehmer orientiert sich dabei an den Aufzeichnungen über den bisherigen Aufwand für die Gewährleistung. Ausnahmsweise können auch pauschale Größen genommen werden – etwa Anteile vom Umsatz. Der Posten darf auch für Resturlaub oder Urlaubsgeld sowie im Einzelfall für die Kosten einer kommenden Betriebsprüfung angesetzt werden. „Sogar für die Aufbewahrung der Geschäftsunterlagen lässt er sich bilden“, so Verbandsexperte Söhngen.
5. Gewinne thesaurieren
Eine gute Eigenkapitalposition stärkt das Rating. Allein das kann Grund genug sein, einen Teil des Gewinns in der Firma zu behalten. Einzelunternehmer und Personengesellschafter sparen damit Steuern. „Für nicht entnommene Gewinne zahlen Firmenchefs nur 28,5 Prozent an den Fiskus“, erklärt Fritz Winkler, Vorstandsmitglied der Steuerberaterkammer München.
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