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Creditreform

Dividendenzahlungen in Rekordhöhe trösten in diesen turbulenten Börsenzeiten über so manchen Kurseinbruch hinweg. Doch Experten warnen: Nicht in allen Marktphasen geht die Dividendenstrategie auf.

Die Rallye zum Jahresende schien längst ausgemachte Sache. Schließlich hatten sich die Kurse am Aktienmarkt nach der scharfen Korrektur im Herbst 2014 im Eiltempo wieder erholt. So viel Schwung müsste doch bis ins neue Jahr hinein anhalten? Doch es kam anders: In der Adventszeit ging den Börsen die Puste aus. Viele Anleger, die sich für die Jahresendrallye positioniert hatten, wurden auf dem falschen Fuß erwischt. Mal wieder.

Wohl dem, der Anteile von Unternehmen besitzt, die ihre Aktionäre mit verlässlichen Gewinnausschüttungen bei der Stange halten. Wenn sich schon der Kurswert des Depots verringert, kassiert der Anleger wenigstens Dividenden. Der Zahlungseingang auf dem Konto tröstet – auch wenn die Aktie am Tag der Ausschüttung gewöhnlich „ex Dividende“ gehandelt wird. „Nachhaltige Dividendenzahlungen sind ein echter Erfolgsfaktor“, findet auch Chris-Oliver Schickentanz. Der Chief Investment Officer der Commerzbank rechnet vor: In den vergangenen 80 Jahren wurde die Gesamtperformance europäischer Aktien zu 45 Prozent über Dividenden verdient. In diesem Zeitraum lag die Jahresentwicklung im Durchschnitt bei 9,7 Prozent – immerhin 4,4 Prozentpunkte davon waren Dividende. Zugrunde liegt diesen Berechnungen der Euro Stoxx 50 in seiner Ausprägung als „Performance-Index“, die – anders als die Variante „Kursindex“ – auch Dividendenzahlungen und andere Ertragskomponenten wie etwa Aktien aus Kapitalerhöhungen einbezieht.

Bergauf, bergab

Apropos Erträge: Der Mangel an renditestarken Anlageformen im anhaltenden Niedrigzinsumfeld macht Experten trotz aller Kursrücksetzer weiterhin optimistisch für Aktien (mehr unter creditreform-magazin. de/aktien2015).

„Warum sollten Aktien abgestraft werden, deren Dividenden deutlich mehr Rendite einfahren als Staatspapiere oder Festgeld?“, fragt Robert Halver, Leiter Kapitalmarktanalyse bei der Baader Bank. Hinzu kommt die immer aggressivere Geldpolitik der Notenbanken weltweit: Die Börsenkurse wirken wie gefangen zwischen schlechten Konjunkturnachrichten einerseits und stimulierenden Impulsen andererseits. Der Dax schlug, verglichen mit anderen Indizes, in beide Richtungen besonders heftig aus.

Die neue Form der Zinsen

Dividenden mögen hierbei eine Rolle spielen. „Vergleicht man die Dividendenrendite des Dax mit den Renditeniveaus für Bundesund Unternehmensanleihen, wird deutlich: So lukrative Renditen wie bei deutschen Aktien gibt es derzeit in keiner gängigen Anleihekategorie“, so Schickentanz. Und tatsächlich: Im Frühjahr wollen die Dax-Unternehmen rekordhohe Dividenden auszahlen – gut 30 Milliarden Euro. „Bei 20 der 30 Dax-Werte rechnen Analysten mit Dividendensteigerungen“, sagt Max Schott von der Vermögensverwaltung Sand & Schott.

Auch international dürften die Dividenden wachsen. Für den Euro Stoxx 50 liegen laut Commerzbank mehr als 90 Milliarden Euro im Ausschüttungstopf – dies entspricht einer Rendite von 3,5 Prozent. „Für eine vergleichbare Verzinsung müsste man bei Anleihen bonitätsschwache Papiere mit langer Laufzeit wählen“, so Schickentanz. Unter Chance-Risiko-Gesichtspunkten erscheint somit die Aktienalternative durchaus attraktiv.

© Creditreform-Magazin 02/2015

© Creditreform-Magazin 02/2015

Doch worauf sollten Privatanleger bei der Auswahl ihrer Aktien achten? Die Dividendenrendite, also die Höhe der Ausschüttung im Vergleich zum jeweiligen Aktienkurs, sei für sich allein gesehen kein Qualitätskriterium, warnt Schott. Schließlich lässt ein Kursrutsch bei gleichbleibender Dividende diese trügerisch hoch erscheinen. Auch unverhältnismäßig großzügige Zahlungen sollten langfristig orientierte Anteilseigner misstrauisch machen, weil diese an der Substanz der Firma knabbern könnten. Als Obergrenze für eine „solide Ausschüttungsquote“ nennt Schott 60 Prozent. Schickentanz rät zudem, „zusätzliche fundamentale Aspekte“ zu berücksichtigen – etwa die langfristige Entwicklung des Dividendenwachstums.

Wer die Aktienauswahl lieber Profis überlässt, findet in der Tabelle oben mögliche Aktienfonds wie etwa den DWS Top Dividende. „Er dürfte aufgrund seines globalen Investmentansatzes auch von der erwarteten Dollaraufwertung profitieren“, so Schickentanz. Max Schott empfiehlt lieber passive Indexfonds, die es von beinahe jedem Anbieter zu deutlich günstigeren Gesamtkostenquoten gibt als aktiv gemanagte Produkte.

Kein Allheilmittel

Und Vorsicht: „Immer wieder gibt es Marktphasen, in denen sich Wachstumstitel trotz ihres vergleichsweise niedrigen gegenwärtigen Gewinns und ihrer geringen Dividendenrendite besser entwickeln als Value-Aktien“, warnt Schott – und das trotz deren Dividenden. Die erwähnte rasante Erholung im Oktober 2014 war eine solche Phase: Der MSCI World Growth Index ließ den MSCI World Value Index klar hinter sich. Im ersten Halbjahr 2014 allerdings war es umgekehrt.

Das Hamburger Analyseunternehmen Absolut Research sieht den guten Ruf von Dividenden daher etwas differenzierter: „Wir haben die Performance von passiven Dividendenstrategien anhand von Indizes analysiert und keine Outperformance im langfristigen Zeitraum gefunden“, so der geschäftsführende Gesellschafter Michael Busack. Zwar fänden sich in bestimmten kurzfristigen Zeiträumen durchaus erhebliche Performance-Differenzen. Die These besserer Entwicklung von Dividendenstrategien in Krisenzeiten lasse sich indes nicht bestätigen. „Diese Anlageform passt zwar zu den Präferenzen vieler Investoren – etwa durch einen stetigen Einkommensstrom und gegebenenfalls Steuervorteile“, räumt Busack ein. Deren spezielle Eigenarten müssten jedoch genau durchleuchtet und verstanden werden.