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Creditreform

Für elektronische Registrierkassen wird es Ende des Jahres ernst: Spätestens dann müssen alle Kassendaten aufbewahrt und im Prüfungsfall den Finanzbehörden vorgelegt werden. Doch nicht nur der Bundesfinanzhof hat die Messlatte zwischenzeitlich nochmals höher gelegt.

Grundsätzlich sind Unternehmen zur Aufzeichnung jedes einzelnen Barverkaufs verpflichtet. Ausnahmen gelten lediglich für den Verkauf geringwertiger Waren wie beispielsweise Lebensmitteln an eine unbestimmte Zahl nicht bekannter Personen. Und dies auch nur, wenn eine Erfassung der einzelnen Umsätze technisch, betriebswirtschaftlich und unter Zumutbarkeitsgesichtspunkten praktisch unmöglich sein sollte. Immerhin: Entgegen der weit verbreiteten Meinung existiert in Deutschland nach wie vor keine gesetzliche Vorgabe zur Führung eines Kassenbuchs. Mit Rückendeckung des Bundesfinanzhofs (BFH) können die steuerlich erforderlichen Aufzeichnungen deswegen durchaus auch in einer geordneten Belegablage aufbewahrt werden (Az.: X B 57/05).

Kommen jedoch – wie wohl hierzulande mittlerweile flächendeckend üblich – elektronische Registrierkassen oder gar PC-Kassensysteme zum Einsatz, verlangen die Finanzbehörden selbst bei Waren von geringem Wert die Speicherung und gegebenenfalls auch die Herausgabe detaillierter Informationen zu Barverkäufen, (Nach-)Stornobuchungen, Einlagen oder Entnahmen und durchlaufenden Posten. Alle diese Aufzeichnungs- und Aufbewahrungsvorgaben muss spätestens mit Ablauf einer Übergangsfrist ab 2017 jede EDV-Kasse erfüllen. Darüber hinaus verlangt die geltende „Kassenrichtlinie“ des Bundesministeriums der Finanzen (BMF, Az.: IV A 4 – S 0316/08/10004-07) für jedes einzelne Gerät die getrennte Führung und Aufbewahrung von Organisationsunterlagen wie insbesondere der Bedienungs- und Programmieranleitung.

Drohende Sanktionen

Unabhängig von ihrer Größe dürften Unternehmen deshalb gut beraten sein, die ihnen auferlegten Aufbewahrungspflichten von Kassendaten ernst zu nehmen. Anderenfalls droht ihnen ein Verzögerungsgeld in zum Teil immenser Höhe: Bei einem unvollständigen oder nicht zeitnah eingeräumten Zugriff auf steuerrelevante Datenbestände können Strafen zwischen 2.500 Euro und 250.000 Euro verhängt werden. Dem in der Prüfungspraxis wohl weitaus häufiger eingesetzten Druckmittel der Gewinnzuschätzung hat der BFH jedoch inzwischen Grenzen gesetzt: Nach seinem Urteil (Az.: X R 20/13) muss als Voraussetzung einer Schätzung der Betriebseinnahmen auf Basis von Zeitreihenvergleichen das Verhältnis zwischen Erlösen und Wareneinkäufen im Betrieb über das ganze Jahr hinweg weitgehend konstant sein.

Zudem sind die höchsten deutschen Finanzrichter der Auffassung, dass bei einer formell ordnungsmäßigen Buchführung der Zeitreihenvergleich als mathematisch-statistische Methode zum Nachweis materieller Mängel der Buchführung von vornherein ungeeignet ist. Nur wenn die materielle Unrichtigkeit der Buchführung bereits aufgrund anderer Erkenntnisse – wie etwa nicht gebuchter Wareneinkäufe, nachweislich unversteuerter Betriebseinnahmen, rechnerischer Kassenfehlbeträge etc. – feststeht, dürfen die Ergebnisse eines, technisch korrekt durchgeführten, Zeitreihenvergleichs auch für die Höhe der Hinzuschätzung herangezogen werden.

Mit diesem Urteilsspruch hat der BFH nicht nur allzu forsche Finanzamtsprüfer in die Schranken gewiesen, sondern auch betroffenen Unternehmen eine Falle gestellt: Bereits das Fehlen der Bedienungs- und Programmieranleitung – gemeint ist hier nicht der Programmcode, sondern die unternehmensspezifischen Anpassungen und Einstellungen – werten er als schwerwiegenden formellen Buchführungsmangel, der für sich genommen grundsätzlich schon zu einer Hinzuschätzung durch den Prüfer berechtigt.

Aufwendige und teure Gesetzesentwürfe

Ein weiteres Thema, das die Finanzbehörden umtreibt: die Möglichkeit zu nachträglichen Manipulationen von Barverkäufen. Schon 2008 sah ein Gesetzesvorschlag vor, jede Registrierkasse, jede Waage mit Registrierkassenfunktion und jedes Taxameter mit einem elektronischen Chip, dem sogenannten Fiskalspeicher, auszustatten. Der Plan: Den Chip sollten die Unternehmer gegen Zahlung einer Gebühr bei ihrem Finanzamt beantragen, die Auslieferung sollte dann später vom Bonner Bundeszentralamt für Steuern erfolgen. Letztendlich hätte dieser Gesetzesentwurf den flächendeckenden Austausch nahezu aller vorhandenen Registrierkassen bedeutet – und erwies sich als zu aufwendig, um ihn in die Praxis umzusetzen.

Aufgegeben haben die Finanzbehörden ihren Kampf um Einführung manipulationssicherer Kassen damit aber nicht: Mit Nachdruck fordern sie derzeit die Anwendung des sogenannten Insika-Verfahrens (Insika steht für Integrierte Sicherheitslösung für messwertverarbeitende Kassensysteme). Dieses versieht alle in elektronischen Kassen erfassten Geschäftsvorfälle mit einer nicht mehr veränderbaren digitalen Signatur und soll Manipulationen über einen Verifikationsserver überprüfbar macht. Wegen der vermeintlich hohen Kosten lehnt das BMF einen verpflichtenden Einsatz des Insika-Verfahrens bislang allerdings ab.

Liegen den Finanzbehörden Kassendaten unvollständig oder zu spät vor, drohen Strafen zwischen 2.500 Euro und 250.000 Euro.

Stattdessen setzt das Ministerium im kürzlich vorgelegten „Entwurf eines Gesetzes zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen“ auf Technologieoffenheit. So sollen elektronische Aufzeichnungssysteme durch eine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung – bestehend aus Sicherheitsmodul, Speichermedium und digitaler Schnittstelle – geschützt werden. Für jeden Geschäftsvorfall startet ein elektronisches Aufzeichnungssystem dabei künftig unmittelbar eine Transaktion, die nicht nur die Daten des Vorgangs und die Zahlungsart nachweist, sondern darüber hinaus noch einen manipulationssicheren Prüfwert festlegt und eine eindeutige und fortlaufende Transaktionsnummer vergibt.

Als flankierende Maßnahme sind unangekündigte Kassen-Nachschauen geplant, mit denen die tatsächliche Erfassung von Bareinnahmen in der Kasse („Brauchen Sie einen Beleg?“) überprüft wird. Diesem Zweck dient auch die vorgesehene herstellerübergreifende Schnittstelle, über die dem Prüfer bei einer unangekündigten Kassen-Nachschau oder regulären Außenprüfung die angeforderten Kassendaten einheitlich strukturiert zur Prüfung der Aufzeichnungen auf Authentizität und Vollständigkeit bereitgestellt werden. Und weil selbst unangekündigte Vor-Ort-Prüfungen hartgesottene Betrüger kaum abschrecken dürften, drohen zu guter Letzt Geldbußen bis zu einem Betrag von 25.000 Euro für nachgewiesene Manipulationen sowie für den Einsatz nicht oder nicht richtig geschützter Kassen. Übrigens drohen diese nicht nur dem Betreiber selbst, sondern auch dem Hersteller, Vertrieb und Kassenaufsteller.

Erstaunlicherweise verzichtet das BMF aber auf eine in anderen Ländern durchaus übliche Verpflichtung zur Belegausgabe. Vor allem darin sehen Steuerrechtsexperten wie Arno Becker, Referatsleiter für Außenprüfungsdienste, Steuerstrafrecht und Umsatzsteuer bei der Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen, einen der wesentlichen Schwachpunkte des Gesetzesentwurfs. Seiner Auffassung nach hat dieser Verzicht zur Folge, dass eine korrekte Nutzung des Systems allein durch unangekündigten Datenzugriff im Rahmen einer Kassen-Nachschau erfolgen kann. Damit würden Zeit- und Personalaufwand sowohl für die Unternehmen als auch für die Finanzverwaltung erheblich ansteigen und das Entdeckungsrisiko für die Nichteingabe der Umsätze in den Kassen sinken.