Zur Verhinderung von Betrügereien sieht das Umsatzsteuergesetz (§ 13b UStG) für bestimmte Umsätze und Risikobranchen eine Verlagerung der Steuerschuldnerschaft auf den Leistungsempfänger vor. Dabei zahlt der Auftraggeber dem leistenden Unternehmer lediglich den in Rechnung gestellten Nettobetrag und führt die darauf entfallende Umsatzsteuer in seiner eigenen Voranmeldung auf.
Unter dieses „Reverse-Charge-Verfahren“ fallen auch Werklieferungen und sonstige Leistungen, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen, sofern der Leistungsempfänger selbst derartige Leistungen erbringt. Davon ging die Finanzverwaltung aus, wenn dessen Bauleistungen im vorangegangenen Kalenderjahr mehr als zehn Prozent seiner steuerbaren Umsätze betragen haben oder er dem leistenden Unternehmer eine gültige Freistellungsbescheinigung von der Bauabzugsteuer nach § 48b Einkommensteuergesetz vorlegt. Von der Verpflichtung des Leistungsempfängers zur Abführung der Umsatzsteuer nimmt der Anwendungserlass zwar zahlreiche Leistungen aus. Nach Auffassung der Finanzbehörden erbringen allerdings auch Bauträger mit dem Verkauf eigener Grundstücke Bauleistungen statt bloßer Grundstückslieferungen. Dies gilt, sofern die Verkaufsverträge bereits zu einem frühen Zeitpunkt geschlossen werden, in dem der Kunde einen auch noch so geringen Einfluss auf Bauausführung und Baugestaltung nehmen kann.
Dieser Rechtsauffassung erteilte der Bundesfinanzhof (BFH, Az.: V R 37/10) eine Abfuhr: Anders als Generalunternehmer erbringen Bauträger keine Bauleistung im Sinne des § 13b UStG, sondern liefern bebaute Grundstücke. Ist der Unternehmer sowohl als Bauträger als auch als Generalunternehmer tätig, kommt es auf die Verwendung der von ihm bezogenen Bauleistung an: Maßgeblich ist, ob der Unternehmer die Bauleistung für eine steuerfreie Grundstücksübertragung als Bauträger oder für eine eigene steuerpflichtige Bauleistung als Generalunternehmer verwendet. Im letzteren Fall schuldet er die Umsatzsteuer wie bislang (auch) für die von ihm in einer Leistungskette (von Subunternehmern) bezogenen Bauleistungen nach § 13b UStG.