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Creditreform

Seit der Einführung der Poolabschreibung im Jahr 2010 hat sich an den Abschreibungsregeln für geringwertige Wirtschaftsgüter nichts geändert. Jetzt endlich wurden die realitätsfernen Wertgrenzen angehoben.

Papier ist geduldig. Die Gesetzgebung bisweilen auch. Obwohl die bisherige 410-Euro-Grenze für die Sofortabschreibung geringwertiger Wirtschaftsgüter bereits 1964 festgeschrieben wurde, stieß die Forderung der Wirtschaftsverbände und Steuerberaterkammern nach einer Anpassung an die Preisentwicklung jahrzehntelang auf taube Ohren. Mehr noch: Die Unternehmenssteuerreform 2008 schränkte den Betriebsausgabenabzug für geringwertige Wirtschaftsgüter noch weiter ein. Zur Gegenfinanzierung der Steuersenkungen für Kapitalgesellschaften durften selbstständig nutzbare bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens nur noch bei Anschaffungs- oder Herstellungskosten ohne Umsatzsteuer von maximal 150 Euro im Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung voll abgeschrieben werden.

20 Prozent auf alles

Allerdings nur kurze Zeit, denn bereits Ende 2009 ruderte der Gesetzgeber zur Abmilderung befürchteter Auswirkungen der weltweiten Finanzkrise auf deutsche Unternehmen mit dem „Wachstumsbeschleunigungsgesetz“ zurück. Er räumte Unternehmen zusätzlich ein Wahlrecht zwischen sofortiger Abschreibung oder der Bildung eines wirtschaftsjahrbezogenen Sammelpostens ein. Nach dem Einkommensteuergesetz (§ 6 Abs. 2a EStG) muss dieser zwingend über einen Zeitraum von fünf Jahren beginnend mit dem Wirtschaftsjahr seiner erstmaligen Bildung linear mit jährlich 20 Prozent abgeschrieben werden. Dabei beeinflusst weder der konkrete Anschaffungstag noch ein späteres Ausscheiden der Wirtschaftsgüter aus dem Betriebsvermögen durch Entnahme, Veräußerung, Verschrottung oder Diebstahl sowie jegliche Wertminderung – beispielsweise aufgrund von Beschädigungen oder starker Abnutzung – die Abschreibungshöhe. Sie muss im Bildungsjahr des Sammelpostens auch für alle vier Folgejahre verbindlich festgelegt werden.

Konsequenterweise stoßen Sonder- und Teilwertabschreibungen bei späteren Betriebsprüfungen auf strikte Ablehnung. Selbst der Abgang sämtlicher im Sammelposten erfasster Wirtschaftsgüter führt nach dem (bis auf die kürzlich erhöhten Abschreibungsgrenzen) nach wie vor gültigen Anwendungsschreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 30. September 2010 (Az.: IV C 6 – S 2180/09/10001) nicht zur Auflösung des Sammelpostens. Im Gegenzug bleiben nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten bei der 20-prozentigen Abschreibung ebenso außen vor wie spätere Vorsteuerberichtigungen aufgrund von Nutzungsänderungen (§ 15a UStG).

Höhere Wertgrenzen ab 2018

Nun die gute Nachricht: Kurz vor der Bundestagswahl 2017 hat sich der Gesetzgeber doch noch zur überfälligen Erhöhung der Wertgrenzen durchgerungen. Für ab dem 1. Januar 2018 angeschaffte, hergestellte oder in das Betriebsvermögen eingelegte Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens haben Unternehmen nun die Wahl zwischen folgenden Abschreibungsmöglichkeiten:

Alternative A: Bei Anschaffungs- oder Herstellungskosten bis maximal 800 Euro (vorher 410 Euro) netto ohne Umsatzsteuer darf das Wirtschaftsgut im Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung voll abgeschrieben werden. Bei höheren Anschaffungs- oder Herstellungskosten erfolgt die Abschreibung über die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer. Wirtschaftsgüter, deren Wert 250 Euro (vorher 150 Euro) übersteigt, sind unter Angabe des Tages der Anschaffung, Herstellung oder Einlage und der Kosten in ein besonderes, laufend geführtes Verzeichnis zu übernehmen, sofern sich diese Angaben nicht bereits aus der Buchführung ergeben.

Alternative B: Wirtschaftsgüter bis zum Betrag von 250 Euro (vorher 150 Euro) können sofort in voller Höhe abgesetzt werden. Bei Anschaffungs- oder Herstellungskosten von mehr als 250 Euro (vorher 150 Euro) bis einschließlich 1.000 Euro darf ein jährlicher Sammelposten gebildet und über einen Zeitraum von fünf Jahren linear mit jährlich 20 Prozent abgeschrieben werden. Auch hier gilt, dass Wirtschaftsgüter mit einem höheren Wert als 250 Euro in einem besonderen, laufend geführten Verzeichnis aufgelistet werden müssen, sofern sich diese Angaben nicht bereits aus der Buchführung ergeben. Bei Anschaffungs- oder Herstellungskosten von mehr als 1.000 Euro ist das jeweilige Wirtschaftsgut anhand seiner in den amtlichen AfA-Tabellen festgelegten betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer abzuschreiben. Aufpassen: Sowohl die Sofortabschreibung bis 250 Euro als auch die Bildung eines Sammelpostens kann bei einer Entscheidung für Alternative B nur einheitlich für alle Wirtschaftsgüter des jeweiligen Wirtschaftsjahres gewählt werden!

Doch man sollte sich nicht allein vom Steuersparpotenzial der höchstmöglichen Abschreibungssumme leiten lassen. Wichtiger erscheinen auf den zweiten Blick die häufig übersehenen Buchführungserleichterungen bei der Bildung von Sammelposten. So profitieren Unternehmen von einer deutlich einfacheren Dokumentation. Neben der buchmäßigen Erfassung des Zugangs geringwertiger Wirtschaftsgüter im Sammelposten bestehen keine weiteren steuerlichen Aufzeichnungspflichten. Die Finanzbehörden verzichten sogar auf die Aufnahme in ein Inventar.