Wie stark nutzt der Mittelstand bereits digitale Technologien und Geschäftsmodelle? Und welche Rolle spielt dabei deren Finanzierung?
Zwar haben in den letzten drei Jahren bereits 83 Prozent der Mittelständler mit mindestens fünf Mitarbeitern in neue Technologien oder die Verbesserung der IT-Kompetenz investiert. Jedoch befinden sich sehr viele Unternehmen des deutschen Mittelstands noch in einer frühen Phase der Digitalisierung. Nur knapp ein Fünftel zählt zu den Vorreitern, während rund ein Drittel sich sogar erst im Anfangsstadium befindet. Auch die Volumina zeigen, dass der Ausbau der Digitalisierung überwiegend in sehr kleinen Schritten erfolgt. Beinahe die Hälfte der Unternehmen gibt pro Jahr weniger als 10.000 Euro für Digitalisierungsprojekte aus. Ausgaben von 100.000 Euro und mehr findet man dagegen nur bei fünf Prozent der Mittelständler – insbesondere bei den größeren Unternehmen.
Finanzierung vorerst kein Problem
Die bislang eher kleinen Volumina bei Digitalisierungsvorhaben werden zu mehr als drei Vierteln aus den laufenden Einnahmen der Unternehmen finanziert. Bankkredite spielen dagegen – anders als bei klassischen Sachinvestitionen – nur eine untergeordnete Rolle. Entsprechend ist Finanzierung im Augenblick nicht die entscheidende Herausforderung. Vielmehr hemmen vor allem organisatorische und kompetenzbedingte Hemmnisse die Digitalisierung. Dies sind etwa mangelnde IT-Kompetenz der Beschäftigten, Schwierigkeiten bei der Anpassung der Unternehmens- und Arbeitsorganisation oder IT-Fachkräftemangel. Generell scheinen viele Mittelständler den Nutzen einer weitergehenden Digitalisierung für ihr Geschäftsmodell noch nicht zu erkennen. Sie fürchten hohe Investitions- und Betriebskosten und investieren daher nicht oder zu wenig in digitale Projekte.
Doch das muss sich ändern, damit die Unternehmen nicht langfristig ihre Wettbewerbsfähigkeit gefährden. Es gilt jetzt die notwendigen Kompetenzen aufzubauen, damit der Mittelstand die Chancen, die mit der Digitalisierung einhergehen, erkennen und nutzen kann!
Spätestens dann wird sich auch der Finanzierungsbedarf in der Breite des Mittelstands erhöhen. Denn ein deutlicher Schritt nach vorne in der digitalen Vernetzung von Informationen, Produkten und Dienstleistungen ist nur mit erheblich höheren Ausgaben möglich. Dies dürfte jedoch auch dazu führen, dass Schwierigkeiten bei der Finanzierung von Digitalisierungsvorhaben zunehmen. Denn ähnlich wie Innovationsvorhaben haben sie ein erhöhtes Risiko – und die Bewertung durch externe Geldgeber fällt besonders schwer. Darüber hinaus haben Digitalisierungsvorhaben einen vergleichsweise großen Anteil an Personal- und Vorleistungsaufwendungen. Materielle Investitionen machen dagegen nur einen kleinen Anteil aus. Dies reduziert die Möglichkeiten, Sicherheiten aus dem Projekt heraus zu stellen. Diese Punkte senken insgesamt die Bereitschaft externer Geldgeber, Digitalisierungsvorhaben zu finanzieren.
Die Digitalisierung im Mittelstand wird zunehmen und die Projekte sowie die notwendigen Finanzierungen dürften größer werden. Dann müssen die mittelständischen Unternehmen ihre Strategie anpassen und auf einen breiteren Finanzierungsmix setzen. Aber auch die Kreditinstitute müssen sich darauf einstellen, damit sie den Mittelstand als bewährter Partner auch hierbei begleiten können.
Zur Person
Dr. Jörg Zeuner ist Chefvolkswirt der KfW Bankengruppe und Mittelstandsbotschafter des Creditreform- Magazins. Mehr von ihm: creditreform-magazin.de/autor/joergzeuner