Die Erbschaftsteuer soll nicht länger Dummensteuer sein: Ein Kommentar.
Die Ausgangslage
Nun haben wir den Salat! Das Bundesverfassungsgericht hat das geltende Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht mit der Begründung verworfen, die geltenden Regelungen zur Verschonung von Betriebsvermögen seien zu weitgehend.
Die ungeschmälerte Besteuerung der Übertragung mittelständischer Unternehmen muss aber in vielen Fällen zwangsläufig das „wirtschaftliche Aus“ der Unternehmen bedeuten und demzufolge auch die Volkswirtschaft insgesamt beschädigen. Das erkennt auch das Verfassungsgericht an, fordert aber eine treffsichere Förderung des Übergangs von Unternehmen. Statt der Schrotflinte wird das Präzisionsgewehr gefordert. Die Erbschaftsteuer soll nicht länger Dummensteuer sein!
Schäubles Eckpunktepapier
Mit einem ersten Eckpunktepapier hat sich der Finanzminister bereits positioniert.
Danach soll eine Verschonung beantragt werden können, wenn der Wert des erworbenen Unternehmensteils bis zu 20 Mio. Euro (je Erwerb) beträgt und der Betrieb wie bisher schon fortgeführt wird und die Arbeitsplätze beibehalten werden. Wie die Fortführung und der Erhalt der Arbeitsplätze konkret definiert wird, dürfte sich an den bisherigen Regeln orientieren. Da das Bundesverfassungsgericht die Beschäftigungsgrenze von 20 Beschäftigten als zu hoch eingestuft hat, soll nach dem Eckpunktepapier auf die Erfüllung der Lohnsummenregelung verzichtet werden, wenn der Unternehmenswert 1 Mio. Euro nicht übersteigt.
Bei Erwerb eines Unternehmensteils mit einem Wert über 20 Mio. Euro greift dann eine Bedürfnisprüfung. Nur „Bedürftige“ werden verschont. Wenn eine Bedürftigkeit nicht gegeben ist, kommt es mithin zur Vollversteuerung. Wann aber Bedürftigkeit gegeben sein soll, bleibt unklar. Sicher ist indes, dass der Finanzminister bei der Prüfung auch das Privatvermögen mit einbeziehen will. Die Hälfte des Privatvermögens zur Begleichung der Erbschaftsteuer soll danach zumutbar sein.
Auch soll zukünftig im Wesentlichen nur noch „betriebsnotwendiges“ Betriebsvermögen verschont werden. Was betriebsnotwendig ist und was nicht muss noch definiert werden. Dass die Abgrenzung lückenhaft bleiben wird, liegt auf der Hand. Verwaltungsvermögen, dass 10% nicht übersteigt, soll indes wie bisher verschont bleiben.
Verfehlte Konzeption
Die aufgezeigten Eckpunkte zeigen, dass auch zukünftig erhebliches Gestaltungspotenzial gegeben sein wird. Es wird dabei bleiben, dass die Erbschaftsteuer in erheblichem Umfang gestaltungsabhängig sein wird.
Auch politisch kann das Eckpunktepapier, nach Lage des derzeitigen Diskussionsstandes, schon als gescheitert betrachtet werden. Und so verwundert es kaum, dass der Finanzminister bereits zurückrudert und das Papier als Diskussionsgrundlage einstuft.
Kritisiert wird, dass die Bedürfnisprüfung viel zu früh ansetzt und dass auch Privatvermögen in erheblichem Umfang bei der Bedürfnisprüfung zu berücksichtigen ist. Gefordert werden Verschonungsgrenzen von 100 Mio. € und mehr, statt der anvisierten 20 Mio. €.
Die Einbeziehung des Privatvermögens führt sicherlich praxisbezogen zu einer Schwächung des Betriebsvermögens. Denn gerade die KMU´s (Klein- und mittelständische Unternehmer) haben in der Vergangenheit oft krisenbedingt privates Kapital in ihr Unternehmen eingezahlt.
Nicht zuletzt drohen viele Unternehmer, so IHK-Präsident Dr. Erik Schweizer, „Deutschland den Rücken zu kehren“. Hier sei vielleicht ein Blick über die Grenzen hinweg nach Österreich erlaubt:
Dort ist die Erbschaftsteuer komplett abgeschafft worden!
Vor dem Hintergrund der derzeitigen Diskussion dürften wie bisher die kleinen und auch viele mittlere Unternehmen von der Erbschaftsteuer verschont bleiben. Hier kann gewissermaßen Entwarnung gegeben werden.
Bei größeren Mittelständlern sieht das schon anders aus. Diese stellen aber das Rückgrat der Wirtschaft dar.
Vor diesem Hintergrund muss die Frage schon erlaubt sein, ob 1% des Steueraufkommen es wert sind, eine Steuer zu erheben, die:
• wegen der Verschonung von Unternehmen als ungerecht empfunden wird
• in hohem Maße gestaltungsabhängig ist
• wegen schwieriger Abgrenzungsfragen streitanfällig ist
• volkswirtschaftlich bedenklich ist.
Wir meinen: Abschaffen wäre besser!
Über die Autoren:
Dr. Rudolf Schmitz ist Wirtschaftsprüfer/Steuerberater und Geschäftsführer der Kölner SRS-Audit-Group. Rainer Steinhaus ist Vorstandsvorsitzender der GIA-Unternehmensgruppe und Geschäftsführer am ICM-Institute for Capital Management.