Zwischen den Gesellschaften einer Unternehmensgruppe im In- und Ausland findet zumeist ein reger Austausch statt: Waren werden untereinander geliefert, Dienstleistungen erbracht oder Finanzierungsleistungen ausgetauscht. Diese gruppeninternen Leistungen unterliegen einem bestimmten Wert: dem Verrechnungspreis. Worauf sich Firmenchefs nun einstellen müssen. Redaktion: Susanne Widrat
Der steuerliche Aspekt
Die Höhe der Verrechnungspreise hat Einfluss darauf, wie hoch die Gewinne der Gesellschaften einer Unternehmensgruppe ausfallen – und folglich auch darauf, wie hoch die Steuerbelastung sein wird. Der Fiskus erkennt die Verrechnungspreise aber nur dann an, wenn sie dem Grundsatz des Fremdvergleichs standhalten. Unternehmen müssen umfassend dokumentieren, wie sie auf einen bestimmten Verrechnungspreis gekommen sind. Fehlen diese Unterlagen, sind sie unvollständig oder werden sie nicht rechtzeitig vorgelegt, drohen empfindliche Strafzuschläge oder Schätzungen.
Die aktuelle Entwicklung
Im Rahmen des BEPS-Projekts (Base Erosion and Profit Shifting) wird das Ziel verfolgt, Gewinnverkürzungen und -verlagerungen durch international tätige Unternehmensgruppen einzudämmen. Dazu haben sich mehr als 100 Länder unter Führung der G20-/OECD-Staaten zusammengeschlossen und Ende 2015 verschiedene Maßnahmenpakete verabschiedet. Mit dem Anti-BEPS-Umsetzungsgesetz, das ab 2017 gilt, sollen diese in nationales Recht umgesetzt werden. Ein wichtiger Themenkomplex: die grenzüberschreitenden Verrechnungspreise.
Die neuen Auflagen
Das BEPS-Projekt fordert Mindeststandards bei den Dokumentationen. Künftig müssen Mittelständler ab einem Jahresumsatz von 100 Millionen Euro einen Master File vorlegen, das einen weltweiten Überblick über die Geschäftstätigkeit der Firmengruppe bietet. Zudem wird von ihnen ein Local File erwartet, das auch Angaben zum Zeitpunkt der Preisfestlegung macht. Ein länderbezogener Country-by-Country-Report ist ab 750 Millionen Euro Umsatz zu verfassen und beim Bundeszentralamt für Steuern zu hinterlegen.
In der Praxis
Das Anti-BEPS-Umsetzungsgesetz greift voraussichtlich für alle Wirtschaftsjahre, die 2017 und später beginnen. „Es zwingt Unternehmen dazu, bei der Verrechnungspreisfindung neue Wege zu gehen. Sie müssen künftig im Detail darlegen, wie sie einzelne Werte ermittelt haben, das erhöht den Aufwand immens“, sagt Steuerexperte Christian Zimmermann von Ebner Stolz und gibt ein Beispiel: Im Master File ist jedes immaterielle Wirtschaftsgut detailliert zu beschreiben – auch wenn es bislang nicht in der Bilanz angesetzt werden musste.
Die indirekten Folgen
Künftig wollen die Finanzverwaltungen der BEPS-Teilnehmerstaaten intensiver Informationen austauschen. „Die Unternehmen werden also wesentlich transparenter. Aus diesem Grund kommt einer konsistenten Verrechnungspreisdokumentation eine erheblich größere Bedeutung zu als bisher. Schließlich wollen Firmenchefs steuerliche Gewinnkorrekturen und die damit verbundenen Doppelbesteuerungen vermeiden“, sagt Zimmermann.