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Creditreform

© Yuri Arcurs/Getty Images

Flexibel arbeiten oder früher in Rente gehen – Arbeitnehmer und Arbeitgeber profitieren steuerlich von Gleitzeitregelungen und Zeitwertkonten. Jetzt haben die Finanzbehörden bei Vorständen von Aktiengesellschaften und Geschäftsführern von Kapitalgesellschaften nachgezogen.

 

Mit Gleitzeitregelungen und Zeitwertkonten lassen sich Arbeitszeiten an schwankende Auftragslagen und Produktionszyklen anpassen. Im Gegenzug können Arbeitnehmer der voraussichtlichen Ausweitung ihrer Lebensarbeitszeit entgegensteuern.

Steuerlich sind bei Flexi- oder Gleitzeitkonten zum Ausgleich von Mehr- und Minderarbeitszeiten keine Besonderheiten zu beachten. Die Lohnsteuer wird wie üblich erst dann fällig, wenn dem Arbeitnehmer sein Lohn ausgezahlt wird oder er wirtschaftlich darüber verfügen kann.

Anders dagegen bei Zeitwertkonten. Dabei vereinbaren Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine Gutschrift des Arbeitslohns, um diesen erst Jahre später während einer vollen oder teilweisen Freistellung von der Arbeitsleistung bei fortbestehendem Dienstverhältnis auszuzahlen.

Hauptzweck solcher Arbeitslohnguthaben, die auch unter dem Begriff Lebensarbeitszeitkonten bekannt sind, ist es, ohne finanzielle Einbußen einen früheren Renteneintritt vor der eigentlichen Regelaltersgrenze zu ermöglichen.

Aber auch die Arbeitgeber profitieren: Für sie liegen die Vorteile vornehmlich in der Vermeidung betriebsbedingter Kündigungen und teurer Sozialpläne bei angespannten Konjunkturlagen.

Auch bei Zeitwertkonten ist die Besteuerung kein Hexenwerk: Laut dem nach wie vor gültigen Anwendungsschreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 17. Juni 2009 führt weder die Vereinbarung eines Zeitwertkontos noch eine Wertgutschrift darauf zum lohnsteuerpflichtigen Zufluss von Arbeitslohn.

Lohnsteuer wird vielmehr erst später fällig, wenn das angesammelte Guthaben dem Arbeitnehmer während seiner Freistellungsphase planmäßig sukzessive ausgezahlt wird.

Gleiches gilt für eine vereinbarte Verzinsung des Guthabens auf dem Zeitwertkonto. Da die aufgelaufenen Zinsen lohnsteuerlich ebenfalls erst bei der tatsächlichen Auszahlung an den Arbeitnehmer als Arbeitslohn erfasst werden, gelten sie nicht als Kapitaleinkünfte und unterliegen zum Zeitpunkt der Gutschrift auf dem Zeitwertkonto demzufolge auch nicht der 25-prozentigen Abgeltungsteuer.

 

Vorsicht Auszahlungsfalle

Steuerlich erkennen die Finanzbehörden Zeitwertkonten allerdings nur an, wenn jede vorzeitige (Teil-)Auszahlung des Guthabens vor Erreichen der Freistellungsphase auf existenzbedrohende Notlagen des Arbeitnehmers beschränkt ist.

Werden unter anderen Umständen Teilbeträge ausgezahlt, droht nicht nur die Lohnbesteuerung des Auszahlungsbetrags, sondern des gesamten Guthabens. Überdies muss die zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer getroffene Vereinbarung mindestens den Rückfluss der dem Zeitwertkonto zugeführten Arbeitslöhne garantieren.

Dies gilt auch in den Fällen, in denen das Guthaben nicht beim Arbeitgeber, sondern bei einem externen Anlageinstitut geführt wird. Wertschwankungen des angelegten Arbeitslohnguthabens sowie Abbuchungen von beispielsweise Verwaltungskosten oder Depotgebühren bleiben in gewissem Rahmen lohnsteuerlich dagegen unbeachtet.

Das Nachsehen hatten in der Vergangenheit freilich alle jene Arbeitnehmer, die zugleich als Organ einer Körperschaft bestellt sind, wie etwa Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft oder GmbH-Geschäftsführer, bei denen sich Zeitwertkonten nach bisheriger Auffassung der Finanzbehörden nicht mit deren Aufgabenbild vereinbaren ließen.

Die Folge: Ab Beginn der Organstellung wurden entsprechende Vereinbarungen steuerlich nicht mehr anerkannt und die Lohnbesteuerung erfolgte bereits bei Gutschrift auf den Zeitwertkonten.

Auch für Geschäftsführer

Durch die jüngste Finanzrechtsprechung haben die Finanzbehörden jetzt allerdings nachgebessert. Sie erkennen Vereinbarungen über die Einrichtung von Zeitwertkonten grundsätzlich auch bei diesem Personenkreis an, sofern der betreffende Arbeitnehmer, wie etwa ein Fremd-Geschäftsführer, nicht an der Körperschaft beteiligt ist. Ist er beteiligt, darf er die Körperschaft keinesfalls beherrschen.

Zudem darf keine verdeckte Gewinnausschüttung vorliegen. Damit darf die getroffene Vereinbarung insbesondere nicht allein durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sein. Davon gehen Finanzrechtsprechung und -behörden unisono dann aus, wenn ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsführer die Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung gegenüber einer fremden Person unter sonst gleichen Umständen nicht hingenommen hätte.

Und noch eine gute Nachricht: Bei der Zuführung von Beträgen auf das Zeitwertkonto sind neben dem Fixum auch erfolgsabhängige Vergütungsbestandteile zu berücksichtigen. Aus Vereinfachungsgründen akzeptieren die Finanzbehörden dabei den Durchschnittsbetrag der letzten fünf Jahre.

 

Rechtsgrundlagen

BMF-Schreiben zur lohn- und einkommensteuerlichen Behandlung und zu den Voraussetzungen für die Anerkennung von Zeitwertkonten-Modellen vom 17. Juni 2009 (Az.: IV C 5 – S 2332/07/0004)

BFH-Entscheidung vom 22. Februar 2018 (Az.: VI R 17/16) zur Unvereinbarkeit von Zeitwertkonten bei beherrschenden Gesellschaftern einer Kapitalgesellschaft

BMF-Schreiben zur Anerkennung von Zeitwertkonten-Modellen bei Organen von Körperschaften vom 8. August 2019 (Az.: IV C 5 – S 2332/07/0004 :004)