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Creditreform

Nach der aktuellen Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 14. November 2012 (Az.: VI R 56/11) droht die Lohnbesteuerung der zunehmend beliebter werdenden „Jobtickets“. Denn nach Ansicht der höchsten Finanzrichter liegt ein einkommensteuerlicher Sachbezug auch dann vor, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer durch Vereinbarung mit einem Verkehrsbetrieb das Recht zum Erwerb einer vergünstigten Jahresnetzkarte einräumt. Wichtig für die Anwendung der monatlichen Freigrenze von 44 Euro (§ 8 Abs. 2 Satz 9 EStG): Der geldwerte Vorteil fließt Arbeitnehmern nach dem BFH-Urteil nicht nur anteilig verteilt über das Jahr zu, sondern in voller Höhe bereits mit Erwerb der Jahresnetzkarten. Umsatzsteuer im Internet Mit der flächendeckenden Nutzung des Internets als grenzüberschreitende Verkaufsplattform hat sich der elektronische Geschäftsverkehr für viele deutsche Unternehmen zum lukrativen Vertriebskanal entwickelt. Darauf haben auch die Finanzbehörden reagiert und durchkämmen das Internet seit Jahren nach steuerlich bislang nicht registrierten Unternehmen. Neben dem Online-Handel mit körperlichen Gegenständen stehen dabei elektronisch erbrachte Dienstleistungen im Fokus, die in Deutschland umsatzsteuerpflichtig sind. Dazu zählt der Bundesfinanzhof (BFH) in seiner Entscheidung vom 15. Mai 2012 (Az.: XI R 16/10) auch die Weiterleitung von Nutzern auf kostenpflichtige Internetangebote anderer Unternehmen, ohne dies in eindeutiger Weise kenntlich zu machen. Nach Auffassung der höchsten Finanzrichter ist der Betreiber einer Internetseite mit kostenpflichtigen Inhalten einem Unternehmer vergleichbar, der im eigenen Laden Waren verkauft. Ausnahmen gelten nur für die Fälle, in denen der Betreiber in eindeutiger Weise vor oder beim Geschäftsabschluss zu erkennen gebe, dass er für einen anderen tätig werde. Pech für die Klägerin, über deren Internetpräsenz Nutzer auf die Webseite eines spanischen Unternehmens mit Erotikinhalten weitergeleitet wurden – sie musste nicht nur ihre vom spanischen Geschäftspartner ausgezahlten Provisionen, sondern die gesamten, per Webdialer mit der Telefonrechnung einbehaltenen „Gebühren“ für die kostenpflichtigen Abrufe der Bilder und Videos der deutschen Umsatzsteuer unterwerfen.

Umsatzsteuerfreies Wettbewerbsverbot

Nach dem Umsatzsteuergesetz (§ 1 Abs. 1a UStG) bleiben Umsätze im Rahmen einer Geschäftsveräußerung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen steuerfrei. Gleiches gilt nach Auffassung des Bundesfinanzhofs (BFH) auch für ein im Unternehmenskaufvertrag vereinbartes Wettbewerbsverbot, sofern dem Konkurrenzverbot eine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung zukommt. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn das Wettbewerbsverbot dem Übernehmer die Fortführung des Betriebs – im zugrunde liegenden Sachverhalt eines ambulanten Pflegedienstes – ermöglicht. Als unmaßgeblich erachteten es die Finanzrichter, ob und in welcher Höhe im Kaufvertrag ELA_2012.pdf 1 10.07.12 11:55 ein gesondertes Entgelt für das Wettbewerbsverbot ausgewiesen ist (BFH-Urteil vom 1. September 2011, Az.: II R 67/09). Insolvenz und Umsatzsteuer Aufgrund einer Erweiterung der Insolvenzordnung zum 1. Januar 2011 (§ 55 Abs. 4 InsO) zählen die von einem (schwachen) vorläufigen Insolvenzverwalter oder vom Schuldner mit dessen Zustimmung begründeten Steuerschulden samt Nebenleistungen nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens neuerdings zu den Masseverbindlichkeiten. Sofern die Masse ausreicht, müssen Insolvenzverwalter wegen der Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 9. Dezember 2010 (Az.: V R 22/10) zudem auch bei der Sollbesteuerung nach vereinbarten Entgelten die komplette Umsatzsteuer aus nachträglich von ihnen vereinnahmten Entgelten an das Finanzamt abführen. Und zwar selbst dann, wenn die umsatzsteuerpflichtigen Leistungen bereits lange vor Verfahrenseröffnung erbracht wurden. Hinsichtlich der Aufrechnung von Umsatzsteuerforderungen des Finanzamts mit Ansprüchen des insolventen Unternehmens entscheidet nach einem Rechtsschwenk der obersten Finanzrichter im Urteil vom 25. Juli 2012 (Az.: VII R 29/11) dagegen künftig, ob der Berichtigungstatbestand schon vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens eingetreten ist. Ihren Umsatzsteuer-Anwendungserlass hatten die Finanzbehörden bereits am 9. Dezember 2011 (Az.: IV D 2 – S 7330/09/10001 :001) entsprechend angepasst und alle Finanzämter angewiesen, die neue Finanzrechtsprechung auf alle nach dem 31. Dezember 2011 eröffneten Insolvenzverfahren anzuwenden. Jetzt wurde auch der Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO zu § 251 – Insolvenzverfahren) ergänzt und die steuerlichen Auswirkungen einer Insolvenz umfassend anhand zahlreicher (Berechnungs-)Beispiele beschrieben.

Elektronische Lohnsteuerkarte

Für den Nachfolger der Papplohnsteuerkarte haben die Finanzbehörden eine zentrale Datenbank aufgebaut, in der alle für den Lohnabzug relevanten Besteuerungsgrundlagen vorgehalten, aktualisiert und vom Arbeitgeber jederzeit abgerufen werden können. Bereits seit dem 1. Januar 2013 sind grundsätzlich alle Arbeitgeber zur Teilnahme am elektronischen Verfahren verpflichtet. Zur Vermeidung von Umstellungsschwierigkeiten hatte das Bundesministerium der Finanzen (BMF) Ende 2012 Arbeitgebern und Lohnbüros jedoch eine Kulanzfrist bis Ende 2013 eingeräumt. Erst die letzte Monatsabrechnung 2013 muss zwingend auf Basis der beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) gespeicherten Elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale (EL-StAM) erfolgen. Sofern ein Arbeitgeber dasselbe Arbeitsverhältnis bei der Finanzverwaltung nach zuvor erfolgter Abmeldung ein weiteres Mal anmelden will, weist das ELStAM-Verfahren allerdings derzeit die Anmeldung des betreffenden Arbeitnehmers ab. Davon betroffen sind insbesondere Wechsel vom Hauptarbeitsverhältnis zum Nebenarbeitsverhältnis und umgekehrt beim selben Arbeitgeber. In diesen Fällen darf der Arbeitgeber laut BMF-Schreiben vom 25. April 2013 (Az.: IV C 5 – S 2363/13/10003) den Lohnsteuerabzug nach den ihm in Papierform vorliegenden Lohnsteuerabzugsmerkmalen bis zu zwei Monaten nach Einsatz einer fehlerbereinigten Programmversion, längstens jedoch für den letzten Lohnzahlungszeitraum 2013 durchführen. Schuldzinsen nach Immobilienverkauf Abweichend von seiner bisherigen Rechtsprechung hatte der Bundesfinanzhof (BFH) in seiner vielbeachteten Entscheidung vom 20. Juni 2012 (Az.: IX R 67/10) nachträglich anfallende Schuldzinsen für ein ursprünglich zur Finanzierung der Anschaffung eines Mietobjekts als nachträgliche Werbungskosten anerkannt, sofern und soweit der Veräußerungserlös nicht zur vollständigen Schuldentilgung ausreicht. Auf einen Nichtanwendungserlass haben die Finanzbehörden diesmal zwar verzichtet, machen den Steuerabzug der Schuldzinsen aber von weiteren Voraussetzungen abhängig: Nach dem Anwendungsschreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 28. März 2013 (Az.: IV C 1 – S 2211/11/10001 :001) muss die Veräußerung innerhalb der mittlerweile zehnjährigen Spekulationsfrist erfolgen. Zudem darf die Absicht zur Erzielung weiterer Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nicht bereits vor Veräußerung der Immobilie gefallen sein.

Leerstehende Immobilie

Grundsätzlich können die Kosten leerstehender Wohnimmobilien als vorab entstandene Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abgezogen werden. Bei schwer vermietbaren Wohnungen mussten Eigentümer jedoch bereits in der Vergangenheit ihre ernsthafte Vermietungsabsicht durch Inserate oder die Beauftragung von Maklern nachweisen. Jetzt verlangt der Bundesfinanzhof (BFH) eine deutliche Intensivierung der Vermietungsbemühungen: Sofern Zeitungsanzeigen erkennbar nicht erfolgreich wären, seien dem Eigentümer Zugeständnisse insbesondere bei der Miethöhe oder der als Mieter akzeptablen Personen zuzumuten (BFH-Urteil vom 11. Dezember 2012, Az.: IX R 14/12). Im Streitfall hatte ein Wohnungseigentümer über Jahre vergeblich Chiffreanzeigen in einer überregionalen Zeitung geschaltet und sich bei der Miethöhe am jeweils aktuellen Mietspiegel orientiert. Scheitert die Vermietung des Objekts an seiner ungünstigen baulichen Gestaltung, fordert der BFH vom Eigentümer darüber hinaus eine bauliche Umgestaltung. Tut er das nicht, dürfen die Finanzämter nach der Entscheidung vom 25. Juni 2009 (Az.: IX R 54/08) eine Aufgabe der Einkünfteerzielungsabsicht unterstellen und den Werbungskostenabzug ablehnen. Wie schnell notwendige Renovierungsarbeiten aus Zeit- oder Geldgründen in Eigenleistung oder durch Fachfirmen durchgeführt werden, liegt zwar in der Entscheidungsbefugnis des Eigentümers. Als Indizien für oder gegen eine Einkünfteerzielungsabsicht wertet der BFH bei renovierungsbedürftigen Objekten allerdings den zeitlichen Zusammenhang zwischen Umbaumaßnahmen und Vermietung, die Renovierungsdauer sowie die (fehlende) Absehbarkeit, ob und wann die Räume künftig tatsächlich vermietet werden sollen. Verzögerungsgeld bei Außenprüfungen Sofern ein Unternehmen seinen Mitwirkungspflichten (beispielsweise die Herausgabe steuerrelevanter Datenbestände) bei Außenprüfungen nicht fristgerecht nachkommt, dürfen die Finanzbehörden seit einigen Jahren ein Verzögerungsgeld von mindestens 2.500 bis immerhin 250.000 Euro verhängen. Nicht rechtens ist nach dem Beschluss des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 16. Juni 2011 (Az.: IV B 120/10) hingegen, wenn wegen derselben Unterlagen nochmals ein Verzögerungsgeld festgesetzt wird. Im Streitfall hatte das Unternehmen vom Außenprüfer angeforderte Unterlagen nicht fristgerecht eingereicht. Weil bestimmte Unterlagen auch nach der erstmaligen Festsetzung eines Verzögerungsgelds immer noch nicht vorgelegt wurden, hat das Finanzamt das Unternehmen ein weiteres Mal verdonnert. Diese Einschränkung haben die Finanzbehörden Ende Januar 2013 in ihrem Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO zu § 146 Nr. 3) aufgenommen. Auch auf die Folgen einer Verletzung der Mitwirkungspflichten wird hingewiesen: Ein einmal festgesetztes Verzögerungsgeld muss vom Unternehmen selbst dann noch gezahlt werden, wenn es seine Mitwirkungspflichten nachträglich doch noch erfüllt.

Bernhard Lindgens