Mustang, Stonefax oder Hurrikan: Für die Firma Komptech Umwelttechnik Deutschland GmbH im westfälischen Oelde sind das wahre Umsatzbringer. Im Schnitt rollt jeden dritten Tag eine dieser Maschinen vom Band. Sie kommen zum Einsatz, um zum Beispiel Abfälle zu sieben oder zu sichten. Mit ihrem Angebot bewegt sich das Unternehmen in einem expandierenden Markt. „Komptech ist in den vergangenen Jahren stark gewachsen und mit seinen Produkten gut aufgestellt“, kommentiert Bernd Thielepape, Geschäftsführer des Unternehmens mit 110 Mitarbeitern. Dafür investiert der Betrieb jedes Jahr sieben Prozent des Umsatzes allein in Forschung und Entwicklung. Außerdem wurden die Produktionskapazitäten aktuell erweitert – verbunden mit hohen Investitionen. Um den Kraftakt zu stemmen, holte das Unternehmen die NRW.BANK als Kapitalgeber ins Boot. „Unsere Stille Beteiligung stärkt das Eigenkapital der Firma“, sagt Christoph Büth, Abteilungsleiter Beteiligungskapital Mittelstand bei der NRW.BANK. Für Firmengründer und -eigentümer Josef Heissenberger bringt die Finanzspritze mehrere Vorteile: Die Liquidität der Gesellschaft ist unabhängig von einer Kreditfinanzierung gesichert. Gleichzeitig behält er die komplette Entscheidungsbefugnis im Betrieb.
Gutes Finanzierungsklima
Wie Komptech steuern derzeit zahlreiche mittelständische Firmen auf Wachstumskurs und sichern sich mit Unterstützung externer Geldgeber eine günstige Finanzierung. „Die meisten Unternehmen sind gut durch die Staats- und Finanzkrise gekommen“, kommentiert Siegfried Stangohr, Bereichsleiter Vertriebs- und Kreditmanagement in der Mittelstandsbank der Commerzbank AG. Genauso sieht das Oliver Bortz, Leiter Geschäftskunden Deutschland der Deutschen Bank: „Wichtige Finanzkennziffern wie die Eigenkapitalquote und die Umsatzrentabilität sind im Mittelstand derzeit relativ hoch.“
Die Einschätzung der beiden Experten deckt sich mit den Ergebnissen einer aktuellen Umfrage der KfW-Bankengruppe. Danach beklagt aktuell nur jeder fünfte Unternehmer verschärfte Probleme bei der Kreditaufnahme. Das Finanzierungsklima hat sich laut KfW in den vergangenen 12 Monaten insgesamt leicht verbessert. 75 Prozent der Unternehmen, die beispielsweise einen Kredit beantragen, bekommen ihn derzeit auch bewilligt. Unterm Strich damit gute Voraussetzungen für Firmen, sich für den Wachstumsprozess das notwendige Kapital zu sichern.
Eigenkapital stärken
Oberstes Ziel sollte es sein, so viel Eigenkapital wie möglich in die Finanzierung mit einzubringen. Im Optimalfall baut die Firma ihre Eigenmittel langfristig auf. Das kann zum Beispiel über eine konsequente Politik laufen, die Ausgaben gering zu halten und die Gewinne im Unternehmen stehen zu lassen. So agiert zum Beispiel die Firma Physik Instrumente (PI) GmbH & Co.KG in Karlsruhe. Das Unternehmen entwickelt und fertigt Standard- und Original Equipment Manufacturer (OEM) Produkte mit Piezo oder Motorantrieben für alle wichtigen Hightech-Märkte – zum Beispiel für die Medizintechnik, die Halbleiterindustrie, die Astronomie, die optische Messtechnik und die Mikroskopie. Im Schnitt erzielt die Firma jedes Jahr von innen heraus Wachstumsraten von 10 bis 15 Prozent – und das seit mehr als 30 Jahren. „Effiziente Prozessabläufe und kontinuierliche Verbesserung der Produktionsablaufsteuerung sowie der Verzicht auf unnötige Ausgaben ermöglichen uns ein komplett innenfinanziertes Wachstum“, sagt Markus Spanner, kaufmännischer Geschäftsführer der PI Gruppe. Darüber hinaus belassen die Gesellschafter den Großteil der Gewinne im Unternehmen. Entsprechend gut ist das Unternehmen in punkto Eigenkapital und Liquidität aufgestellt. „Deshalb zeigen sich unsere Geldgeber auch immer aufgeschlossen, wenn wir einmal Kapital aufnehmen müssen“, sagt Spanner. Die Kreditvergabe verläuft stets reibungslos und zu günstigen Konditionen. „Wir achten dann darauf, ein Darlehen möglichst schnell zurückzuzahlen“, so der Geschäftsführer. Renditeoptimierung steht bei seiner Gesellschaft nicht nur im Tagesgeschäft, sondern auch bei der Kapitalbeschaffung oben an.
Zuerst zur Hausbank
„Unter dieser Vorgabe führt beim internen Wachstum der erste Weg sicherlich zur Hausbank und zu den Förderbanken“, meint Finanzierungsexperte Dr. Ulrich Viefers, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater der Kanzlei WWS Wirtz, Walter, Schmitz in Mönchengladbach. In der Regel läuft eine günstige Finanzierung auf einen Mix verschiedener Bausteine hinaus (siehe Checkliste auf dieser Seite).
„Wir prüfen zum Beispiel bei jeder Anfrage sehr genau und individuell, ob und wie viel Fördermittel genutzt werden können“, so Siegfried Stangohr. Dafür beziehen die Firmenkundenbetreuer der Commerzbank die gesamte Palette an regionalen und überregionalen Förderprogrammen ein und stellen passende Alternativen zusammen. Ziel ist es, den Unternehmern ein maßgeschneidertes Angebot unter optimalem Einsatz von Eigenkapital, Fördermitteln und Hausbankkrediten unterbreiten zu können. Dabei funktioniert die Kreditbewilligung bei einer Wachstumsfinanzierung nicht anders als bei einem normalem Betriebsmittel- oder Kontokorrentkredit. Der Unternehmer muss ein langfristig tragfähiges Konzept vorlegen. Er sollte seine Fähigkeit unter Beweis stellen, dass er in der Lage ist, Zins und Tilgung zu leisten. „Jahresabschlüsse, betriebswirtschaftliche Auswertungen und ein gut ausgearbeiteter Businessplan inklusive Liquiditätsplanung, bilden die Grundlage jedes Finanzierungsvorhabens“, kommentiert Oliver Bortz. Je komplizierter das Geschäftsmodell, desto mehr Erläuterungen braucht die Bank. „Es kommt vor, dass die Firmenkundenbetreuer die aktuelle Marktsituation in der Branche nicht einschätzen können und dann den Kredit verweigern“, meint Ulrich Viefers. Das lässt sich durch umfassende Information und Dokumentation vermeiden. „Wir empfehlen Unternehmern, den Kontakt zur Hausbank nicht nur bei einer konkreten Finanzierungsanfrage zu suchen, sondern regelmäßig mit ihrem Berater über die Finanz- und Ertragslage sowie über Veränderungen in der Geschäftsstrategie zu sprechen“, so Bortz.
Finanzieren mit Beteiligung
Bei größeren Vorhaben kann die Hausbank auch eine Beteiligungsgesellschaft ins Spiel bringen (siehe Kasten „Beteiligungsformen“ auf Seite 37). Die NRW. BANK zum Beispiel steigt bei tragfähigen Finanzierungen mit einem Volumen ab rund einer Million Euro ein. „In der Praxis führt das gewöhnlich dazu, dass der Jahresumsatz der Antragsteller mindestens bei zehn Millionen Euro liegt“, so Christoph Büth. Stille Beteiligungen haben aber ihren Preis. Je nach Bonität liegt die Vergütung zwischen zehn und 15 Prozent. Wer in seinem Kerngeschäft niedrigere Margen erzielt, spürt das in der zu zahlenden Vergütung für das Kapital. Deshalb kommen Beteiligungen nur für renditestarke, größere Betriebe in Frage – wie die Firma Komptech. Firmenchef Josef Heissenberger hat sich auch deshalb dafür entschieden, weil ihm das hohe wirtschaftliche Eigenkapital Vorteile bei Folgefinanzierungen bringt. Die Firma verbessert ihr Rating und erhält damit günstigere Konditionen von der Hausbank. Das wiegt für ihn den Nachteil der hohen Kosten auf.Eva Neuthinger
Viele Firmen wollen sich unabhängig von der Hausbank finanzieren. Für renditestarke Firmen kommen verschiedene Beteiligungsmodelle in Frage, die jeweils Vor- und Nachteile haben:
Offene Beteiligung: Der Investor wird Gesellschafter und Miteigentümer. Nachteil: Er profitiert von der Wertentwicklung der Firma und kann auf die Geschäftspolitik Einfluss nehmen.
Stille Beteiligung: Die klassische Finanzierung über eine mittelständische Beteiligungsgesellschaft. Es handelt sich um Mezzanine-Kapital als Mischform zwischen Eigen- und Fremdkapital. Nachteil: Eine Gewinnbeteiligung ist garantiert, Verlustbeteiligung kann ausgeschlossen sein. Vorteil: Der Investor hat keine Entscheidungsbefugnis.
Private Equity: Private Investoren beteiligen sich ab einem Kapitalbedarf von 5 Millionen über eine Laufzeit von sechs Jahren.
Nachteil: Sie erhalten Mitspracherechte und wollen den Wert des Unternehmens steigern. Ihr Ziel ist allein die Renditeoptimierung. Vorteil: Es werden keine Sicherheiten fällig.
Unternehmensanleihen: Größere Unternehmen können sogenannte Corporate Bonds nutzen, um sich Kapital an der Börse zu verschaffen. Nachteil: Das erfordert eine lange Vorbereitung mit Unterstützung teurer Berater. Es gibt zahlreiche rechtliche Regeln zu beachten. Außerdem ist das Risiko hoch, dass die Anleihe am Markt nicht angenommen wird. Nur geeignet für namhafte Firmen. Vorteil: Es werden keine Sicherheiten fällig.
Je besser die Finanzierungsanfrage vorbereitet wird, desto höher die Chancen für eine reibungslose Zusage. So sollten Sie vorgehen:
Experten einschalten: Der Steuerberater kennt die Entwicklung der Firma sowie die aktuelle Geschäftslage. Im ersten Schritt sollten Unternehmer mit ihm oder etwa mit einem externen auf Finanzierungsfragen spezialisierten Unternehmensberater das Vorhaben diskutieren und alternative Finanzierungen abklären.
Hausbank: Beim Firmenkundenberater kommt es gut an, wenn der Unternehmer bereits im Vorfeld die Chancen und Risiken der Kapitalaufnahme mit einem unabhängigen Dritten geklärt hat. Im Optimalfall legt er beim ersten Gespräch bereits einen ausführlichen Businessplan vor. Wer zu mehreren Hausbanken Kontakt hat, holt Vergleichsangebote ein.
Förderprogramme: Im Internet über www.foerderdatenbank.de sollte der Unternehmer sich vorab gezielt über geeignete Förderprogramme etwa der KfW-Bankengruppe informieren. Dabei kann auch der Steuerberater unterstützen. Nicht jeder Firmenkundenberater wird die Offerten von sich aus darlegen.
Businessplan: Der Unternehmer sollte sich auf kritische Fragen vorbereiten. Welche Maßnahmen will er ergreifen, falls sich das Geschäft schlechter als erwartet entwickelt. Den Worse-Case durchspielen.