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Creditreform

Gründungs- oder Wachstumsfinanzierungen gelingen oft nur mit Beteiligung von Investoren. Wie Firmenchefs deren Interesse wecken  — und welche Kapitalquellen infrage kommen.

Seit drei Jahren ist der Finanzinvestor Hannover Finanz am Familienunternehmen Franz Ziener GmbH & Co. KG in Oberammergau beteiligt. Die Firma mit einem Jahresumsatz von etwa 30 Millionen Euro und 50 Mitarbeitern gehört europaweit zu den führenden Herstellern von Winterhandschuhen und -textilien. Die Hannover Finanz Gruppe hält als Minderheitsgesellschafter 35,4 Prozent. Die Anlässe für die Beteiligung waren für Firmenchef Franz Ziener, frühzeitig seine Nachfolge zu sichern, sowie die Überlegung, das notwendige Kapital für weiteres Wachstum zu beschaffen. „In der globalisierten Wirtschaftswelt kann ein Familienunternehmen nicht mehr davon ausgehen, dass die eigenen Kinder übernehmen. Mit einem starken Eigenkapitalpartner sind wir gut für die Zukunft aufgestellt“, so Ziener.

Wie Ziener verkaufen viele Mittelständler Anteile ihrer Firma an eine Beteiligungsgesellschaft. Besonders beliebt ist diese Finanzierungsvariante bei Unternehmen, die ihren Sitz in Berlin, Bayern oder Nordrhein-Westfalen haben, wie eine Studie der Unternehmensberatung EY zeigt. Eine geplante Nachfolge sowie die Sicherung weiteren Wachstums sind häufige Motive für die Aufnahme eines Investors. Immer öfter profitieren aber auch Startups mit einer innovativen Geschäftsidee vom Einstieg einer Venture-Capital-Gesellschaft (VC-Gesellschaft). Alternativ haben insbesondere Gründer auch die Möglichkeit, Kontakt mit den sogenannten Business Angels aufzunehmen. In der Regel handelt es sich dabei um private Investoren, die eng mit dem jeweiligen Unternehmer zusammenarbeiten. Doch egal für welchen Kapitalgeber sich Firmenchefs entscheiden: Es wird nicht leicht, sie für sich zu gewinnen. Worauf es dabei ankommt, hängt auch stark von deren Motiven und Zukunftserwartungen ab.

„Viele Kapitalgeber wollen mindestens 20 Prozent Gewinn pro Jahr erzielen, wenn sie ihre Anteile verkaufen.“ Marco Brockhaus, Bundesverband Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften

Business Angels oder Private Equity?

VC-Gesellschaften oder Private-Equity-Firmen steigen sowohl als Minderheits- als auch als Mehrheitsgesellschafter ein, kaufen aber je nach Modell auch alle Anteile an der Firma – im Rahmen eines sogenannten Buy-outs. „Letzteres kommt zum Beispiel häufig bei Familienunternehmen infrage, die mit innovativen Leistungen weltweite Standards setzen“, sagt Marco Brockhaus vom Bundesverband Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften (www.bvkap.de). Für die Investoren zählt in erster Linie, wie viel Profit die Firma abwirft. „Wir nehmen die Jahresabschlüsse, Gewinn- und Verlustrechnungen sowie einzelne Kennzahlen, wie etwa den Cashflow, akribisch unter die Lupe und begutachten zudem die Verhältnisse vor Ort“, so Brockhaus. Unterm Strich geht es um die Renditechancen. „Viele Kapitalgeber wollen mindestens 20 Prozent Gewinn pro Jahr erzielen, wenn sie ihre Anteile nach fünf bis sieben Jahren wieder verkaufen“, so Brockhaus.

Strategische Mitspracherechte garantiert

Grundsätzlich gilt: Die neuen Gesellschafter erhalten bei Minderheitsbeteiligungen immer Mitspracherechte. So sind sie an strategischen Entscheidungen regelmäßig beteiligt. Ob sie sich auch ins operative Geschäft einmischen, hängt vom Vertrag und vom jeweiligen Finanzinvestor ab. Hier liegt eine Crux: „Sicherlich kann das zu Interessenkonflikten mit den Unternehmern führen“, so Brockhaus. Zum Beispiel, wenn es um Fragen der Gewinnthesaurierung oder um die Höhe des Geschäftsführergehalts geht. Umso wichtiger wird es für eine erfolgreiche Zusammenarbeit sein, dass die Partner kooperativ agieren und dass die Chemie zwischen den Parteien stimmt. „Sollte dies nicht auf Anhieb der Fall ist, kann es besser sein, auf die geplante Transaktion zu verzichten“, warnt Brockhaus. Clevere Firmenchefs prüfen also vorab ganz genau, an wen sie sich binden und mit wem sie es persönlich in den nächsten Jahren zu tun haben werden. „Der Unternehmer sollte sich darüber informieren, über wie viel Kapital von welchen Geldgebern die Gesellschaft verfügt und welche Ziele sie mit ihrem Engagement verfolgt“, erklärt Andreas Schober, Sprecher des Vorstands der Private-Equity-Gesellschaft Hannover Finanz. Diese Gruppe beteiligt sich ausschließlich an mittelständischen Firmen, die ein nachhaltiges Wachstum anstreben.

Zudem sollte der Firmenchef schon in den ersten Gesprächen konkret fragen, über welchen Zeitraum sich die Beteiligung erstrecken soll und in welcher Form die Zusammenarbeit konkret abläuft. Kluge Unternehmer klären überdies frühzeitig, mit welchen Ansprechpartnern sie später kommunizieren. In dem Zusammenhang wird es relevant sein, wie lange einzelne Mitarbeiter für die Gesellschaft bereits tätig sind.

Bei Beteiligung eines Business Angels sieht die Vorgehensweise dagegen anders aus. Die privaten Einzelinvestoren arbeiten meist persönlich mit dem Unternehmer zusammen. Sie investieren zwischen 50.000 Euro und etwa einer Million Euro risikotragendes Kapital, in der Regel in Startups. Bis 2016 können sie dabei von einem Zuschuss des Bundes profitieren: Insgesamt 150 Millionen Euro stehen im Programm Invest für Business Angels bereit, damit die Investoren 20 Prozent ihres eingesetzten Kapitals vom Staat zurückerhalten können. Dies ist jedoch an Voraussetzungen geknüpft. So darf die Firma nicht länger als zehn Jahre in einer innovativen Branche am Markt sein und muss weniger als 50 Mitarbeiter in Vollzeit beschäftigen. Für den Jahresumsatz sowie die Bilanzsumme gibt es ebenfalls Höchstgrenzen: Sie darf maximal zehn Millionen Euro betragen.

Berlin zieht die meisten Kapitalgeber an. Hier haben besonders viele Firmen, an denen VC-Gesellschaften eine Beteiligung halten, ihren Sitz. © VectorShots/fotolia.com, Creditreform-Magazin 04/2015

Berlin zieht die meisten Kapitalgeber an. Hier haben besonders viele Firmen, an denen VC-Gesellschaften eine Beteiligung halten, ihren Sitz. © VectorShots/fotolia.com, Creditreform-Magazin 04/2015

„Die Business Angels sind überwiegend an Unternehmen mit einer Geschäftsidee interessiert, die hervorragende Wachstumsperspektiven verspricht“, sagt Frank Müller, Geschäftsführer der Business Angels Frankfurt-Rhein-Main. Ihr Ziel ist es, langfristig einen Wertzuwachs des Unternehmens zu ermöglichen und daran zu partizipieren. Diese Geldgeber steigen immer als Teilhaber mit Minderheitsanteilen in die Gesellschaft ein. Ins operative Geschäft mischen sich die Business Angels selten ein, sie behalten sich aber vertraglich bei strategischen Entscheidungen ein Vetorecht vor. „Wir bewerten es positiv, wenn mehrere Gründer interdisziplinär zusammenarbeiten und alle Kernkompetenzen der Unternehmensführung abdecken“, erklärt Guenter Christmann, der als Business Angel aktuell Beteiligungen an fünf jungen Unternehmen hält. Ausschlaggebend für eine Zusage wird am Ende ein schlüssiges Gesamtbild sein.

Am besten nehmen die Jungunternehmer über die Website des Business-Angels-Netzwerk BAND (www.business-angels.de) Kontakt mit den Investoren auf. Dort laden sie sich unter BAND One Pager ein Formular herunter, füllen es aus und senden es an den Verband. So erreichen sie zentral gesteuert zahlreiche Investorennetzwerke. „Statistisch gesehen laden wir allerdings von 150 Bewerbern nur rund 40 zu einem sogenannten Matching ein“, so Müller. Bei diesen Veranstaltungen präsentieren die Unternehmer einem ausgewählten Kreis von Investoren ihre Geschäftsidee. Nur 20 Prozent davon erhalten dann eine Zusage. „Die Erfolgsaussichten steigen mit einer guten Vorbereitung dieser Termine“, stellt Müller für den Raum Frankfurt fest.

Vom Netzwerk profitieren

Gleich drei Business Angels kann die Vertical Cloud Solution GmbH aus Darmstadt aufweisen – und ist rundum zufrieden mit den Geldgebern. Gründer Florian Klima erklärt: „Wir profitieren seit Sommer 2014 vor allem auch von ihrem Netzwerk.“ Das Startup bietet Unternehmen der Gastronomie die Möglichkeit, online ihre Dienstplanung, Zeiterfassung und Auswertung zu erledigen. Für Klima und seinen Partner Patrick Pötzsch war der Einstieg der Investoren die einzige Möglichkeit, an Kapital zu kommen. Darüber hinaus gelang es dank der Business Angels und ihrem Know-how, das Produkt professionell zu vermarkten. Klima: „Wichtig ist gegenseitiges Vertrauen – so wie bei uns.“

Ähnlich erging es der Firma Frizle aus dem baden-württembergischen Malsch. Seit Beginn dieses Jahres vertreibt die AG biologisch hergestellten frischen Spätzleteig. „Wir hatten gerade erst unser Studium abgeschlossen und konnten das notwendige Kapital nicht aus eigener Kraft aufbringen“, so Geschäftsführer Martin Nikolaus Sluk. Über das regionale Netzwerk Business Angels Region Stuttgart e.V. nahm er gemeinsam mit seinem Partner Thomas Spieler Kontakt zu insgesamt acht Business Angels auf. Diese tragen jetzt die Verluste mit und profitieren im Gegenzug von möglichen Gewinnen sowie von Wertsteigerungen. „Sie unterstützen uns auch bei der Unternehmensführung“, so Sluk.

 

 

Die Vor- und Nachteile der Beteiligungsfinanzierung

Firmenchefs, die die Aufnahme von Beteiligungsgebern in Erwägung ziehen, sollten genau überlegen: Zwar wird das Eigenkapital des Unternehmens mit dem Einstieg eines Investors gestärkt. Im Gegenzug erhalten diese jedoch tiefe Einblicke in die Geschäftsführung und sichern sich in der Regel Mitspracherechte. Aspekte, auf die zu achten ist:

Keine Zinszahlungen. Als Aktionär, Kommanditist oder GmbH-Gesellschafter erwirbt der Investor Anteile am Unternehmen. Er profitiert bei der offenen Beteiligung vom Wertzuwachs. Es fallen keine Zinsund Tilgungszahlungen an. Das Rating des Unternehmens und damit die Finanzierungskonditionen für nachfolgende Kreditaufnahmen verbessern sich. Es werden keine Sicherheiten für eine Beteiligung fällig.

Geschätzte Sparringspartner. Die Investoren unterstützen bei der Unternehmensführung – zum Beispiel bei der Auswahl und Akquise weiterer Investoren, der Fortschreibung der Unternehmensstrategie, bei Vertragsgestaltungen mit Kunden oder der Entwicklung von Marketing- und Vertriebsstrategien.

Großer Imagevorteil. Wenn Investoren einsteigen, verbessert dies oft das Ansehen gegenüber anderen Geldgebern. Zum einen, weil sich das unternehmerische Risiko auf mehrere Parteien verteilt. Zum anderen aber zeigt der Firmenchef, dass Dritte vom Erfolg seines Geschäftskonzepts überzeugt sind.

Geteilte Mitspracherechte. Der Minderheitsinvestor behält sich bei wichtigen Entscheidungen ein Vetorecht vor – zum Beispiel bei Fragen des Geschäftsführergehalts. Zudem will er in der Regel detailliert über die aktuelle Entwicklung der Firma informiert werden.

Ausreichende Laufzeit. Der Investor ist häufig in erster Linie am Wertzuwachs der Firma interessiert, um beim Ausstieg nach fünf oder mehr Jahren von einem hohen Gewinn zu profitieren.

Zusätzlicher Aufwand. Investoren erwarten eine detaillierte Beschreibung des Geschäftskonzepts sowie regelmäßige Updates zu aktuellen Entwicklungen. Sie wollen erkennen, dass sich das Management mit den Stärken und Schwächen der Firma auseinandersetzt und den Markt fundiert analysiert. Zudem setzen sie eine hohe Einsatzbereitschaft voraus.