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Creditreform

Niedrige Zinsen, volle Fördertöpfe: Nachfolger können sich derzeit zu optimalen Konditionen eine Finanzierung sichern. Unsere Praxisbeispiele zeigen, wie angehende Juniorchefs die Übernahme am besten stemmen.

Die Übernahme der Bildstein GmbH in Dreieich vor fast zwei Jahren war für Michael Schneider ein Glücksfall. Eigentlich wollte der Schreinermeister den väterlichen Betrieb übernehmen. Nach der Lehre und einer Weiterbildung zum Betriebswirt des Handwerks folgten mehrere Jahre als Angestellter in der Firma. Bis der Junior sich eingestand: „Mein Vater konnte nicht loslassen. Ich musste mir was anderes suchen.“ Also bewarb er sich extern – und leitete mehrere Jahre eine andere Schreinerei in Hanau. Zuletzt war er als Objektbetreuer in einem Handelshaus für Holz und Bauelemente tätig.

„Damit war das Ende der Karriereleiter als Arbeitnehmer erreicht“, so Schneider, der die fachlichen wie auch die betriebswirtschaftlichen Kompetenzen schon längst unter Beweis gestellt hatte. Deshalb nutzte er seine Chance, als er mitbekam, dass Altunternehmer Jürgen Purper seinen florierenden Betrieb verkaufen wollte. Die beiden wurden sich schnell über den Ablauf der Nachfolge einig. Entsprechend zügig musste Schneider die Finanzierung des Projekts „Unternehmenskauf“ dann auf die Beine stellen.

Die Handwerkskammer empfahl ihm, bei der Bürgschaftsbank Hessen einen Antrag für eine Ausfallbürgschaft zu stellen. Der Grund: „Ich brachte kein Eigenkapital mit und als Jungunternehmer auch nur wenige Sicherheiten“, sagt Schneider. In Kooperation mit seinem Steuerberater und dem Betriebsberater der Handwerkskammer erstellte Schneider im ersten Schritt den Businessplan. Diesen legte er direkt der Bürgschaftsbank vor. Die Experten prüften seine Planung und gaben ihm prompt eine Zusage. Schneiders Plan ging auf: Mit Unterstützung der Bürgschaftsbank war die Hausbank bereit, eine Finanzierung zu übernehmen.

Der richtige Finanzierungsmix

Wenn eine Finanzierungszusage so wie im Fall der heutigen Schneider Bildstein Inneneinrichtungen GmbH reibungslos klappt, ist das der Optimalfall. Nach einer Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertags bekommt jeder zweite Nachfolger jedoch Probleme. Das hat mehrere Gründe: Zum einen verfügen 32 Prozent der Nachfolger nicht über eine ausreichende Qualifikation. Zum anderen bringen die meisten wenig eigene Mittel und Sicherheiten mit, um einen hohen Kaufpreis zu stemmen. „Deshalb laufen die Finanzierungen in der Regel auf komplexe Lösungen hinaus“, erklärt Andreas Middelberg, stellvertretender Vorstand der Kreissparkasse Ravensburg. Am Ende beteiligen sich meist mehrere Geldgeber – die Hausbank, die KfW Bankengruppe, ein Förderinstitut, die Bürgschaftsbank des Landes und oft auch der Vorbesitzer. Kluge Nachfolger verschaffen sich vorab den Überblick, welche Möglichkeiten sich ihnen bieten.

„Die Banken sehen es gerne, wenn der Senior mit ins Risiko geht – das belegt, dass er von seinem Nachfolger überzeugt ist.“ Achim Brueser, Unternehmensberater

Die grobe Richtlinie lautet: Mindestens 15 Prozent Eigenkapital sollte ein Nachfolger mitbringen – eine hohe Hürde für viele. Der Ausweg: Der Verkäufer sorgt für die notwendige Eigenkapitalbasis und springt mit einem sogenannten Nachrangdarlehen ein. In der Regel vereinbaren die Parteien den Kredit in einer Höhe von zehn bis 20 Prozent des Kaufpreises über eine Laufzeit von drei bis fünf Jahren. „Die Banken sehen es gerne, wenn der Senior mit ins Risiko geht – das belegt, dass er von seinem Nachfolger und dessen Konzept überzeugt ist“, sagt Achim Brueser, Unternehmensberater aus Korschenbroich. Das Besondere am Nachrangdarlehen ist seine Konstruktion: Obwohl es ein Kredit ist, werden diese Mittel wie Eigenkapital behandelt und in der Bilanz ausgewiesen. Das Risiko für den Darlehensgeber ist entsprechend hoch: Im Fall einer Insolvenz kommen zunächst andere Kreditgeber zum Zuge, ganz am Ende erst der Seniorunternehmer.

Die meisten Firmenverkäufer beschreiten diesen Weg deshalb nicht gerne. Melden mehrere Kaufinteressenten ihr Interesse für einen Betrieb an, ist die Sache klar: „Falls ein Nachfolger dabei ist, der ohne ein Nachrangdarlehen auskommt, wird der bisherige Betriebsinhaber diesen immer vorziehen“, sagt Brueser. Doch in den meisten Fällen haben angehende Juniorchefs eine gute Verhandlungsposition. Für zahlreiche Altunternehmer ist es nämlich heutzutage nicht leicht, einen Nachfolger zu finden. Das Angebot übersteigt in vielen Branchen und Regionen die Nachfrage. „Wenn sich dann endlich ein Käufer gefunden hat, erklärt sich der Senior oft bereit, in die Finanzierung mit einzusteigen“, so Brueser und rät zu Zugeständnissen vonseiten des Übernehmers. Um die Darlehensvergabe schmackhafter zu machen, kann der neue Chef dem Altinhaber auch Kontrollrechte einräumen und ihm etwa zweimal im Jahr die aktuellen Geschäftszahlen vorlegen.

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