Das Unternehmermagazin aus der Handelsblatt Media Group

Creditreform

Oft währt die Freude über den günstigen Personaleinkauf nur bis zur nächsten Lohnabrechnung. Denn über die üblichen Aktions- oder Sonderpreise hinausgehende Arbeitnehmerrabatte zählen zu den Einkünften aus nichtselbstständiger Tätigkeit und unterliegen damit der Lohnsteuer. Doch längst nicht jeder Mitarbeiterrabatt führt zu steuerpflichtigem Arbeitslohn. So hat der Bundesfinanzhof (BFH) kürzlich in gleich zwei Urteilen klargestellt, dass ein üblicher, auch Kunden und fremden Dritten eingeräumter Rabatt bei der Lohnbesteuerung außen vor bleibt. Ob ein besonders günstiger Preis tatsächlich im Arbeitsverhältnis begründet sei, müsse entgegen der bisherigen Praxis vielmehr durch Vergleich mit dem üblichen Endpreis festgestellt werden (Urteile vom 26. Juli 2012, Az.: VI R 30/09 und VI R 27/11).

Bei der erforderlichen Vergleichsberechnung sieht das Einkommensteuergesetz (EStG) seit jeher zwei unterschiedliche Methoden vor. Sofern der Arbeitgeber die Waren oder Dienstleistungen nicht nur überwiegend für den Bedarf seiner Arbeitnehmer herstellt, vertreibt oder erbringt, richtet sich die Rabattbesteuerung grundsätzlich nach § 8 Abs. 3 EStG. In diesem Fall zählt der im allgemeinen Geschäftsverkehr fremden Letztverbrauchern angebotene Endpreis (Angebotspreis), von dem ein 4-prozentiger Bewertungsabschlag und zusätzlich noch ein jährlicher Rabattfreibetrag von 1.080 Euro abgezogen werden darf. Unterstützt von der Finanzrechtsprechung galt als Angebotspreis lange Jahre regelmäßig der nach der Preisangabenverordnung ausgewiesene Preis, bei Kraftfahrzeugen beispielsweise der „Hauspreis“. Ob Kunden weitere Preisnachlässe gewährt wurden, spielte für die Lohnbesteuerung dagegen keine Rolle.

Endpreis des Arbeitgebers

Von dieser mittlerweile praxisfremden Rechtsprechung hat sich der BFH zu Gunsten der Arbeitnehmer jetzt endlich verabschiedet. Angebotener Endpreis ist nach Auffassung der Finanzrichter nunmehr derjenige, der am Ende von Verkaufsverhandlungen unter Berücksichtigung aller Rabatte als letztes Angebot des Händlers steht (Urteil vom 26. Juli 2012, Az.: VI R 30/09). Auf den 4-prozentigen Bewertungsabschlag wie auch den jährlichen Rabattfreibetrag von 1.080 Euro müssen Arbeitnehmer dennoch nicht verzichten (siehe Berechnungsbeispiel).

Darüber hinaus lehnte es der BFH ab, den geldwerten Rabattvorteil zwingend mit dem Endpreis des Arbeitgebers bewerten zu müssen und räumte ein Wahlrecht bei der Rabattbewertung ein. Diesen Spielraum sollten Arbeitnehmer auch nutzen, kann sich doch die zweite im Einkommensteuergesetz vorgesehene Bewertungsmethode auf Basis der tatsächlichen Marktverhältnisse in vielen Fällen durchaus rechnen. Denn alternativ zum Endpreis des Arbeitgebers lässt § 8 Abs. 2 EStG den um „übliche Preisnachlässe geminderten üblichen Endpreise am Abgabeort“ zu – allerdings ohne zusätzlich noch den 4-prozentigen Bewertungsabschlag und jährlichen Rabattfreibetrag von 1.080 Euro in Anspruch nehmen zu dürfen. Steuerfrei bleiben bei der Rabattbewertung nach § 8 Abs. 2 EStG lediglich geldwerte Vorteile bis maximal 44 Euro pro Kalendermonat, die zudem schon bei geringfügiger Überschreitung der äußerst knapp bemessenen Freigrenze in voller Höhe der Lohnsteuer zu unterwerfen sind.

Günstigster Marktpreis

Erfreulicherweise haben die Finanzbehörden diesmal auf einen ihrer berüchtigten Nichtanwendungserlasse verzichtet und die arbeitnehmerfreundliche BFH-Rechtsprechung komplett übernommen. So sieht das Anwendungsschreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 16. Mai 2013 (Az.: IV C 5 – S 2334/07/0011) nunmehr nicht nur eine Berücksichtigung von Rabatten vor, sondern räumt Arbeitnehmern ein Wahlrecht zwischen den beiden gesetzlich festgelegten Bewertungsmethoden ein. Arbeitgeber werden dennoch nicht überfordert: Um die Lohnbesteuerung nicht weiter zu komplizieren, darf im Lohnsteuerabzugsverfahren der geldwerte Vorteil (zunächst) nach § 8 Abs. 3 EStG mit dem letzten Angebotspreis unter Abzug von Rabatten zugrunde gelegt werden. Arbeitgeber sind damit nicht verpflichtet, die üblichen Endpreise am Abgabeort zeitaufwändig festzustellen. Doch unabhängig von der gewählten Bewertungsmethode müssen die Grundlagen für den ermittelten und der Lohnversteuerung zu Grunde gelegten Endpreis als Belege zum Lohnkonto aufbewahrt und dem Arbeitnehmer auf Verlangen formlos mitgeteilt werden.

Denn diese Bescheinigung benötigt der Arbeitnehmer, um den geldwerten Vorteil im Rahmen seiner späteren Einkommensteuer-Veranlagung nach § 8 Abs. 2 EStG mit dem günstigsten Markpreis bewerten zu können. Zum Markt zählt die Verwaltungsanweisung vom 16. Mai 2013 ausdrücklich auch alle gewerblichen Anbieter, von denen die konkrete Ware oder Dienstleistung im Inland über das Internet bezogen werden kann. Selbst beim Nachweis des günstigsten Marktpreises haben die Finanzbehörden die Hürden erfreulicherweise niedrig gehalten – der Ausdruck eines günstigeren inländischen Angebots bei Zufluss des geldwerten Vorteils soll den Finanzämtern reichen. Die nicht nur von Beschäftigten der Automobilindustrie seit Jahren heftig kritisierten Scheinlohnbesteuerungen durch erkennbar überhöhte Preisauszeichnungen gehören damit endgültig der Vergangenheit an.

Sonderfall Arbeitgeberdarlehen

Wie bei Waren, Dienstleistungen oder Wohnungen unterliegen zwar auch die Vorteile aus zinslosen oder zinsverbilligten Arbeitgeberdarlehen der Lohnsteuer.

Allerdings müssen Zinsvorteile nach der auch heute noch vollumfänglich geltenden Verwaltungsanweisung des BMF vom 1. Oktober 2008 (Az.: IV C 5 – S 2334/07/0009) nur dann als Sachbezüge lohnversteuert werden, wenn die Summe der vom jeweiligen Arbeitnehmer noch nicht getilgten Darlehen am Ende des Lohnzahlungszeitraums 2.600 Euro übersteigt.

Bei höheren Restdarlehen bemisst sich der Zinsvorteil nach dem Unterschiedsbetrag zwischen dem Maßstabszinssatz für vergleichbare Darlehen am Abgabeort und dem Zinssatz, der im konkreten Einzelfall vereinbart ist. Als vergleichbar führt die Verwaltungsvorschrift Darlehen auf, die dem Arbeitgeberdarlehen hinsichtlich der Kreditart (z.B. Wohnungsbaukredit, Konsumentenkredit/Ratenkredit, Überziehungskredit), der Laufzeit und der Dauer der Zinsfestlegung im Wesentlichen entsprechen. Bei der Zinsfestlegung gilt Folgendes zu beachten:

Bei Arbeitgeberdarlehen mit Zinsfestlegung ist grundsätzlich für die gesamte Vertragslaufzeit der Maßstabszinssatz bei Vertragsabschluss maßgeblich. Werden nach Ablauf der Zinsfestlegung die Zinskonditionen desselben Darlehensvertrages neu vereinbart (Prolongation), ist der Zinsvorteil neu zu ermitteln. Dabei ist der neu vereinbarte Zinssatz mit dem Maßstabszinssatz im Zeitpunkt der Prolongationsvereinbarung zu vergleichen.

Bei Arbeitgeberdarlehen mit variablem Zinssatz ist für die Ermittlung des geldwerten Vorteils im Zeitpunkt der vertraglichen Zinssatzanpassung der neu vereinbarte Zinssatz mit dem jeweils aktuellen Maßstabszinssatz zu vergleichen. Die Berechnungsgrundlagen müssen vom Arbeitgeber als Belege zum Lohnkonto aufbewahrt werden.

Aus Vereinfachungsgründen beanstanden die Finanzämter nicht, wenn bei einer Bewertung nach § 8 Abs. 2 EStG für die Feststellung des Maßstabszinssatzes die bei Vertragsabschluss von der Deutschen Bundesbank zuletzt veröffentlichten Effektivzinssätze herangezogen werden.

Bernhard Lindgens

Ein Mitarbeiter eines Möbelhandels nutzt die Möglichkeit zum verbilligten Personaleinkauf und entscheidet sich für eine Ledercouch zum Preis von 6.500 Euro. Vom unverbindlich ausgezeichneten Verkaufspreis laut Preisschild von 10.000 Euro räumt der Händler Kunden auf Nachfrage üblicherweise 10 Prozent Rabatt ein.

Den Preisvorteil des Mitarbeiters bewertet das Unternehmen im Lohnsteuerabzugsverfahren zulässigerweise wie folgt nach § 8 Abs. 3 Satz 1 EStG: Vom geldwerten Vorteil von 2.500 Euro (10.000 Euro Verkaufspreis abzüglich durchschnittlichem Rabatt von 1.000 Euro minus Zahlung des Arbeitnehmers) wird neben dem gesetzlichen Bewertungsabschlag von vier Prozent des Endpreises (= 360 Euro) noch der jährliche Rabatt-Freibetrag nach § 8 Abs. 3 Satz 2 EStG von 1.080 Euro abgezogen. Der lohnsteuerpflichtige Arbeitslohn erhöht sich so um 1.060 Euro.

Weil der Arbeitnehmer sich über die hohen Lohnabzüge ärgert, recherchiert er im Internet die Verkaufspreise anderer Händler und findet einen inländischen Lieferanten, der die Ledercouch in seinem Internet-Shop für nur 7.000 Euro anbietet. Da die Finanzbehörden neuerdings ein Wahlrecht bei der Bewertung von Sachbezügen einräumen, kann der Arbeitnehmer in seiner Einkommensteuer-Veranlagung den auf Basis der nachgewiesenen günstigsten Marktkondition berechneten geldwerten Vorteil von nur noch 500 Euro (Verkaufspreis im Internet abzüglich 6.500 Euro Zahlung des Arbeitnehmers) nach § 8 Abs. 2 EStG bewerten, dann allerdings ohne den 4-prozentigen Bewertungsabschlag und ohne Rabattfreibetrag. Um die zuviel gezahlte Lohnsteuer zurückzuerhalten, soll nach der Verwaltungsanweisung des Bundesministeriums der Finanzen vom 16. Mai 2013 ein Ausdruck des günstigeren inländischen Angebots als Nachweis genügen.