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Creditreform

Herr Professor Höpken, in der Diskussion um mobile Bezahlmöglichkeiten tauchen häufig die Begriffe Near Field Communication, kurz NFC, und Micropayment auf. Wie hängen diese Schlagwörter zusammen?

Micropayment bezeichnet die Bezahlung von Kleinbeträgen bis 20 Euro, wie sie beispielsweise bei Fahrscheinen, Eintrittskarten oder auch im Einzelhandel anfallen. Die Near Field Communication ermöglicht den kontaktlosen Informationsaustausch über sehr kurze Entfernungen, typischerweise wenige Zentimeter. Prädestiniert ist NFC daher für die bargeld- und kontaktlose Bezahlung direkt mit dem Smartphone und das insbesondere im Bereich des Micropayment, da hier auf aufwendige Sicherheitsmechanismen verzichtet werden kann. Für höhere Beträge ist auch beim Einsatz von NFC nach wie vor die Eingabe einer PIN oder eine Unterschrift erforderlich.

Sind Verbraucher und Unternehmen denn schon reif für Mobile Payment?

Bisher scheiterte eine stärkere Nutzung von Mobile Payment bereits an der Vielzahl unterschiedlicher Soft- und Hardware-Lösungen. NFC bietet hier ein großes Potenzial, einen Standard zu etablieren, da es schnell und einfach funktioniert. Dennoch spielt Mobile Payment weiter eine untergeordnete Rolle: Die Kunden sind häufig im Zweifel, ob solche Datenübertragungen wirklich risikofrei funktionieren. Händler wiederum haben oft noch nicht erkannt, dass Mobile Payment als Alleinstellungsmerkmal dienen kann und von Kunden durchaus als besonderes Erlebnis wahrgenommen wird.

Wie groß sind die Sicherheitsrisiken?

Aufgrund der kurzen Entfernung ist die Datenübertragung via NFC sicherer als per WLAN oder Bluetooth. Obwohl es mit speziellen Lesegeräten möglich ist, die Daten auf einer Karte bis auf eine Entfernung von zehn Zentimetern auszuspähen, besteht nur ein geringes Risiko, denn Buchungen sind meist nur über registrierte Lesegeräte möglich. Diebe können bei einem Zahlvorgang also keine Umleitung in die eigene Tasche auslösen. Sowohl bei der kontaktlosen Prepaid-Bezahlmöglichkeit „girogo“ der Deutschen Kreditwirtschaft als auch bei anderen Lösungen von Kreditkarteninstituten handelt es sich um garantierte Zahlungsverfahren, die mit der Sicherheit herkömmlicher Karten vergleichbar sind. Bei Missbrauch leisten die Dienstleister in der Regel Schadensersatz.

Sind mobile Bezahlsysteme auch für kleine Firmen attraktiv?

Aber sicher, da die Transaktionskosten niedriger sind als bei herkömmlichen Kartenzahlungen und die Ausrüstung einfach und kostengünstig zu beschaffen ist. Der Händler muss auch wissen: Mobile Payment hat sich zwar noch nicht durchgesetzt, ist aber ein Zukunftstrend. Er kann ihn dazu nutzen, sich als Vorreiter einer neuen Technologie zu präsentieren. Vor allem junge, technikaffine Konsumenten werden dadurch angezogen.

Gilt das für alle Branchen? Wo lohnt der Einsatz besonders?

Prädestiniert sind Einzelhandelsgeschäfte, in denen ein hohes Kundenaufkommen mit überwiegend kleinen Einkäufen die Regel ist: in Drogerien oder Geschenkeläden, aber auch in Kinos oder Freizeitparks. Durch die weitaus zügigere Abfertigung an der Kasse lässt sich langes Anstehen vermeiden. Der Kunde bezahlt praktisch im Vorübergehen.

Kennen Sie ein konkretes Praxisbeispiel für gelungenes Mobile Payment?

Die Deutsche Bahn hat mit ihrem NFC-basierten „Touch&Travel-System“ großen Erfolg. Per App genügen zwei Klicks auf dem Smartphone, mit denen der Kunde vor der Fahrt den Startbahnhof bestätigt, zwei weitere Klicks registrieren beim Verlassen des Zugs den Zielbahnhof. Der Preis wird auf dem Handydisplay angezeigt und die Fahrtkosten werden monatlich vom Konto abgebucht. Bei einer Kontrolle liest der Schaffner nur noch den Barcode auf dem Smartphone ab.

Was erwarten Sie für das Jahr 2014?

Die zunehmende Verbreitung NFC-fähiger Smartphones in Deutschland wird auch dem Mobile Payment neuen Auftrieb verschaffen und die Zahl der Nutzer mobiler Bezahldienste wird deutlich steigen. In einer Umfrage des Center for NFC Management zur Einschätzung der Entwicklung von NFC im Jahr 2014 erwarten die Teilnehmer, dass von allen NFC-Anwendungen das Mobile Payment am häufigsten benutzt werden wird.

Michael Milewski

Wolfram Höpken ist Professor für Wirtschaftsinformatik und E-Business an der Hochschule Ravensburg-Weingarten und leitet dort das E-Business-Kompetenzzentrum „eLOUm“. Seine Forschungsschwerpunkte sind Business Intelligence und Data Mining, Semantic Web & Interoperabilität und mobile Dienste. Höpken ist regelmäßiger Referent auf internationalen Kongressen und Fachtagungen sowie Overall-Chair der „ENTER-Konferenz 2014“ in Dublin.

Hier können Sie die Broschüre „Kontaktloser Datentransfer via Near-Field-Communication“ für Unternehmen herunterladen: www.ebusinesslotse-oberschwaben-ulm.de/index.php/download_file/view/219/90/