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Creditreform

Seit 2011 werden die Finanzbehörden bei Firmenpleiten wieder bevorzugt behandelt. Für existenzbedrohte Unternehmen und deren Gläubiger gelten dadurch auch neue Berichtigungsregeln bei der Umsatzsteuer. Hier die wichtigsten Aspekte.

Häufig gefährdet die Insolvenz eines Unternehmens auch den Fortbestand zahlreicher Geschäftspartner. Erfahrungsgemäß schützt selbst nennenswertes Restvermögen nicht vor Kettenreaktionen, wenn einzelne Forderungen bevorzugt aus der noch vorhandenen Insolvenzmasse beglichen werden müssen und damit die Quote der anderen Gläubiger mindern. Grund genug, die langjährige Vorzugsstellung der Finanzbehörden bei der Durchsetzung ihrer Steuerforderungen mit Einführung der Insolvenzordnung 1999 abzuschaffen.

Seither kam es bei Umsatzsteuerforderungen des Finanzamts lediglich darauf an, ob die Umsätze nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erbracht wurden. In diesem Fall mussten darauf entfallende Umsatzsteuerbeträge vom Insolvenzverwalter als Masseverbindlichkeit aus der vorhandenen Insolvenzmasse befriedigt werden. Wurde die Steuerforderung dagegen bereits vor Verfahrenseröffnung ausgelöst, blieb den Finanzämtern – wie anderen Gläubigern auch – nur die Anmeldung ihrer Ansprüche zur Insolvenztabelle.

Fiskus wieder im Vorteil

Doch inzwischen haben die Geschäftspartner gefährdeter Unternehmen erneut das Nachsehen: Durch eine Erweiterung der Insolvenzordnung (§ 55 Abs. 4 InsO) und eine heftig kritisierte Entscheidung des Bundesfinanzhofs (siehe Kasten) wurde das Fiskusprivileg zwischenzeitlich jedoch teilweise wieder eingeführt. Seit Januar 2011 zählen selbst die von einem sogenannten schwachen – also ohne Verfügungsberechtigung über das Vermögen des Schuldners – vorläufigen Insolvenzverwalter oder vom Schuldner mit dessen Zustimmung begründeten Steuerschulden nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ebenfalls wieder zu den Masseverbindlichkeiten einer gestrauchelten Firma.

Damit nicht genug, hat doch die Erweiterung der Insolvenzordnung in vielen Fällen eine mehrmalige Korrektur von Umsatzsteuer- und Vorsteuerbeträgen zur Folge. Denn grundsätzlich erlaubt das Umsatzsteuergesetz dem leistenden Unternehmer bei drohenden Forderungsausfällen eine Korrektur bereits in Rechnung gestellter Umsatzsteuerbeträge, wenn das vereinbarte Entgelt für die erbrachte Leistung uneinbringlich geworden ist.

Außerhalb einer Insolvenz setzt dies allerdings voraus, dass der Geschäftspartner das Bestehen der Forderung ganz oder teilweise substantiiert bestreitet und der leistende Unternehmer seine Ansprüche deshalb zumindest auf absehbare Zeit nicht durchsetzen kann. Anders bei einer Insolvenz: Hier gelten Entgeltforderungen aus Lieferungen und sonstigen Leistungen an den Gemeinschuldner spätestens im Augenblick der Verfahrenseröffnung in voller Höhe als uneinbringlich. Eine möglicherweise realisierbare Insolvenzquote bleibt dabei außen vor.

Aktuelle Anweisungen

Bei Bestellung eines schwachen vorläufigen Insolvenzverwalters mit allgemeinem Zustimmungsvorbehalt oder mit Berechtigung zur Kassenführung tritt die Uneinbringlichkeit der Entgelte aus Lieferungen oder sonstigen Leistungen des bedrohten Unternehmens nach der aktuellen Verwaltungsanweisung des Bundesministeriums der Finanzen (Az.: IV A 3 – S 0550/10/10020-05) dagegen bereits vor Insolvenzeröffnung ein. Der Grund: Weil das Recht zum Forderungseinzug auf den schwachen vorläufigen Insolvenzverwalter übergeht, darf der Insolvenzschuldner ab dem Zeitpunkt der Bestellung durch das Insolvenzgericht keine Entgeltforderungen mehr vereinnahmen.

Infolge dessen fordert das Umsatzsteuergesetz (§ 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG) für bis zur Verwalterbestellung erbrachte Leistungen vom insolvenzbedrohten Unternehmen eine Korrektur des geschuldeten Umsatzsteuerbetrags. Im Gegenzug muss der Leistungsempfänger seinen zuvor geltend gemachten Vorsteuerabzug entsprechend mindern. Wird das Entgelt vom Insolvenzverwalter später doch noch vereinnahmt, sind die Umsatzsteuer und Vorsteuer erneut zu berichtigen. Gleiches gilt im umgekehrten Fall für Forderungen aus Leistungen der Gläubiger an das bedrohte Unternehmen: Hier wird die zweite Berichtigung ausgelöst, wenn der Insolvenzverwalter zunächst uneinbringlich gewordene Forderungen zumindest teilweise doch noch erfüllt.

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