Das Unternehmermagazin aus der Handelsblatt Media Group

Creditreform

Die Erfahrung lehrt: Bei Eingangsrechnungen schauen die Finanzämter besonders kritisch hin. Kein Wunder, schließlich müssen die Schriftstücke zahlreiche Formalien enthalten. Die Praxis zeigt: Auf die korrekte Angabe des Firmensitzes achten die Sachbearbeiter besonders. Text: Bernhard Lindgens

Vor dem Recht auf Vorsteuerabzug bei Eingangsrechnungen hat der Gesetzgeber eine Reihe von Pflichtangaben gesetzt. Dazu zählen laut Umsatzsteuergesetz zum Beispiel der vollständige Name und die Anschrift des Leistungsempfängers.

Ein weiterer Schwerpunkt im Prüfungsfall: die nachvollziehbare Beschreibung der gelieferten Gegenstände und erbrachten (Dienst-)leistungen. Weit verbreitete Formulierungen wie beispielsweise „für technische Beratung und Kontrolle im Jahr …“, „Entwurfsplanung“, „Abbruch“ oder „Maurerarbeiten“ genügen den Anforderungen der Finanzverwaltung ausdrücklich nicht. Erst kürzlich strich das Finanzgericht Düsseldorf einem Reinigungsunternehmen den Vorsteuerabzug, weil mehrere Subunternehmer in ihren Rechnungen lediglich „Ausführung von Reinigungs- und Serviceleistungen an Luftfahrzeugen für den jeweiligen Monat“ aufgeführt hatten. Die nachvollziehbare Begründung des Richters: Derart unkonkrete Leistungsbeschreibungen schlössen weder eine mehrfache Abrechnung in anderen Rechnungen aus noch sei damit eine Abgrenzung zwischen den einzelnen Abrechnungszeiträumen möglich. Überdies sei der Begriff der Serviceleistung zu ungenau (Az.: 5 V 3611/15A).

Weiterführende Hinweise erlaubt

Keine Angst, Unternehmer müssen jetzt in ihren Eingangsrechnungen nicht auf detaillierte Auflistungen bestehen: Laut Bundesfinanzhof (BFH) reicht ein eindeutiger Verweis auf andere Geschäftsunterlagen wie etwa ausführliche Vertragsunterlagen. Diese müssen aber dem Schriftstück nicht beigefügt werden (BFH, Az.: V R 28/13). Doch Vorsicht: Seit Inkrafttreten der EU-Rechnungsrichtlinie zum 1. Januar 2013 dürfen die einzelnen Mitgliedstaaten keine nationalen Erleichterungen bei der Rechnungsstellung mehr vorsehen. Unternehmen sind deshalb im Hinblick auf den Vorsteuerabzug ihrer Geschäftskunden gut beraten, in Rechnungen zumindest knapp gehaltene Leistungsbeschreibungen aufzunehmen. Ausdrücklich erlaubt: Die Schriftstücke dürfen auch aus mehreren Dokumenten bestehen, aus denen sich insgesamt alle notwendigen Pflichtbestandteile ergeben. So reicht für die zeitlich zutreffende Umsatzbesteuerung ein Verweis auf Lieferscheine, die zusätzlich zu ihrem Ausstellungsdatum eine gesonderte Angabe zum Zeitpunkt der Lieferung enthalten.

» Unkonkrete Leistungsbeschreibungen schließen eine mehrfache Abrechnung nicht aus.«
Finanzgericht Düsseldorf

Davon unabhängig müssen Unternehmer, die in den Genuss des Vorsteuerabzugs kommen wollen, auch darauf achten, dass die Steuernummern oder Umsatzsteuer-Identifikationsnummern ihrer deutschen Geschäftspartner stimmen. Eine Überprüfung der Angaben ist in der Praxis für sie jedoch schwierig. Dies haben auch die Finanzbehörden erkannt und gewähren in ihrem Umsatzsteuer-Anwendungserlass (Abschnitt 15.2a Abs. 6 UStAE) Vertrauensschutz: Ist nur eine der beiden Angaben falsch und konnte dies der Unternehmer nicht erkennen, bleibt ihm der Vorsteuerabzug dennoch erhalten.

EuGH urteilt unternehmerfreundlich

Bei anderen fehlenden oder falschen Rechnungsangaben geben sich die Finanzämter und Finanzgerichte hingegen weitaus weniger großzügig. Zum Beispiel, wenn es um die vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers geht. Neuerdings muss dieser unter der Adresse auch wirtschaftlich aktiv tätig sein. Einen reinen Briefkastensitz mit lediglich postalischer Erreichbarkeit hat der BFH erst kürzlich abgelehnt (Az.: V R 23/14). Allerdings kann es sein, dass sich in diesem Punkt schon bald wieder etwas tut: Nach einem aktuellen Urteil des Europäischen Gerichtshofs (Az.: C – 277/14) könnte der Vorsteuerabzug durchaus unabhängig davon sein, ob der leistende Unternehmer unter seiner Rechnungsanschrift tatsächlich wirtschaftlich tätig ist. Zwischenzeitlich hat der BFH zur endgültigen Klärung der Anforderungen an eine ordnungsgemäße Rechnung Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH gestellt. Hintergrund für die Anfragen dürfte sicherlich auch sein, dass eine Nachprüfbarkeit für den eigentlich vorsteuerabzugsberechtigten Leistungsempfänger schwierig, wenn im Einzelfall nicht sogar unmöglich ist. Die Angabe der vollständigen Anschrift des Rechnungsempfängers ist auch bei der zunehmend beliebter werdenden Beauftragung von Dienstleistern zwecks Empfang, Prüfung oder Verbuchung von (elektronischen) Eingangsrechnungen ein Muss. Dennoch wird dabei die vom leistenden Unternehmer ausgestellte Rechnung allzu häufig nur unter Nennung des Namens des Leistungsempfängers mit „c/o“ an den beauftragten Dritten adressiert. Und dies, obwohl die Finanzbehörden bereits seit Jahren auch beim Empfang durch Dritte auf der gesetzlich vorgeschriebenen Angabe des vollständigen Namens samt vollständiger und korrekter Anschrift des jeweiligen Leistungsempfängers bestehen.

Laut Umsatzsteuer-Anwendungserlass gilt die Anschrift des Dritten ausdrücklich nicht als betriebliche Anschrift des Leistungsempfängers, sofern dieser am Firmensitz des Dritten keine Zweigniederlassung, Betriebsstätte oder zumindest einen Betriebsteil unterhält. Und zwar selbst dann nicht, wenn der Dritte als Dienstleister mit der Bearbeitung des gesamten Rechnungswesens beauftragt wurde (Abschnitt 14.5 Abs. 3 UStAE).

Vertrauensschutz sichern

Zwar dürfen die Finanzbehörden auch bei unstimmigen Rechnungsangaben und Betrugsmanövern des Geschäftspartners geltend gemachte Vorsteuerbeträge durchwinken. Darauf sollten Unternehmen aber nicht leichtfertig vertrauen, da ein Vorsteuerabzug im sogenannten Billigkeitsverfahren nach der ständigen Finanzrechtsprechung in jedem Fall voraussetzt, dass der Unternehmer gutgläubig war und darüber hinaus alle Maßnahmen ergriffen hat, die vernünftigerweise von ihm verlangt werden können, um sich von der Richtigkeit der Rechnungsangaben zu überzeugen. Diese Voraussetzungen erfüllen Unternehmen beispielsweise nicht, wenn sie bei neuen Geschäftsbeziehungen weder Kenntnis von den Geschäftsführern noch von sonstigen Kontaktpersonen hatten, auf Faxantworten keine Ansprechpartner benannt werden oder unterschiedliche Adressen in der Rechnung und in der weiteren Korrespondenz aufgeführt sind (BFH, Az.: V R 62/14).

Gleiches gilt nach einer weiteren aktuellen Entscheidung des Bundesfinanzhofs beim Fehlen weiterer im Geschäftsverkehr üblicher Kontaktdaten wie Telefonnummer, Faxnummer und E-Mail-Adresse. Obwohl diese Informationen nicht zu den Pflichtangaben nach § 14 Abs. 4 UStG einer Rechnung zählen, hätte der Mangel ausreichend Anlass zur Überprüfung etwa der – im zu entscheidenden Fall nicht existenten – Postleitzahl geben müssen (BFH, Az.: XI B 112/14).