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Creditreform

Aufgrund steigender Personalkosten gewinnt der Einsatz von freien Mitarbeitern, auch Freelancer genannt, für viele Unternehmen an Bedeutung. Dabei ist erhöhte Vorsicht gefragt. Wie Firmen freie Kräfte langfristig engagieren und böse Überraschungen vermeiden.

Immer mehr Unternehmen stöhnen über den Kostenfaktor Personal. Nicht wenige forcieren den Einsatz selbstständiger Kräfte, um den Mindestlohn und Sozialabgaben zu umgehen. Die Rentenversicherer haben auf diese Entwicklung reagiert und prüfen den Status selbstständiger Dienstleister besonders kritisch. Der Einsatz von Freelancern will gut geplant sein, sonst steht schnell der Vorwurf der Scheinselbstständigkeit im Raum.

Bewerten Prüfer Freelancer als sozialversicherungspflichtig Beschäftigte, hat dies fatale Folgen für die Arbeitgeber. Die ursprünglichen Kosten können leicht um mehr als die Hälfte ansteigen, ganz zu schweigen von Bußgeldern und strafrechtlichen Konsequenzen. Viele Unternehmen wiegen sich aber in trügerischer Sicherheit. Schnell erfüllen Freelancer die Merkmale eines versicherungspflichtig Beschäftigten. Dabei ist es zweitrangig, wie ein Dienst- oder Werkvertrag ausgestaltet ist. Maßgeblich sind die tatsächliche Organisation und der Ablauf der Zusammenarbeit.

Über Ort, Zeit und Art der Tätigkeit müssen Freelancer frei entscheiden können

Die Prüfer der Deutschen Rentenversicherung vermuten eine Scheinselbstständigkeit immer dann, wenn Freelancer dauerhaft in den Betriebsablauf eingegliedert sind. Verdächtig ist auch, wenn sie über Ort, Zeit und Art ihrer Tätigkeit nicht frei entscheiden können. Dafür spricht etwa, wenn eine regelmäßige Anwesenheitspflicht besteht und detaillierte Arbeitszeitnachweise erstellt werden. Kritisch ist auch, wenn freie Mitarbeiter die gleichen Arbeiten erbringen wie feste Angestellte oder bei einem Auftraggeber mehr als 80 Prozent des Jahresumsatzes erwirtschaften.

Der Einsatz von Scheinselbstständigen kann für Unternehmen eine immense Kostenfalle werden. Firmen müssen bis zu vier Jahre rückwirkend alle Sozialversicherungsbeiträge sowie die Lohnsteuer abführen. Besonders prekär: Der Betrag wird meist sofort und auf einen Schlag fällig. Für alle Nachzahlungen werden zudem saftige Säumniszuschläge von einem Prozent pro Monat erhoben. Wurden die Abgaben erwiesenermaßen vorsätzlich nicht abgeführt, kann das Finanzamt Firmen für die letzten zehn Jahre in Regress nehmen, die Rentenversicherung sogar für die letzten 30 Jahre. In besonders schweren Fällen droht ein Strafverfahren, das eine Freiheitsstrafe von maximal fünf Jahren nach sich ziehen kann. Bei Verstößen gegen das Mindestlohngesetz drohen zudem Bußgelder von bis zu 500.000 Euro.

Auch zwischen Unternehmen und Freelancer kann es Ärger geben. Scheinselbstständige können vor dem Arbeitsgericht ein Arbeitsverhältnis mit dem Auftraggeber einklagen. Aus dem vermeintlichen Freelancer wird womöglich ein Angestellter mit Anspruch auf Urlaub, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und Kündigungsschutz. Unternehmen sind gut beraten, sich im Vorfeld einer Zusammenarbeit mit Selbstständigen rechtlich zu schützen. Firmen sollten daher mit Freelancern immer einen schriftlichen Rahmenvertrag abschließen. Zudem ist es wichtig, vor der ersten Beauftragung den sozialversicherungsrechtlichen Status abzuklären, damit für Rechtssicherheit gesorgt ist.

Einmal bestätigter Freelancer-Status ist kein Freibrief für Firmen

Wie können Unternehmen den Status von Freelancern prüfen? Einen entsprechenden Antrag können Firmen kostenlos bei der Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung (DRV) stellen. Das erforderliche Formular steht online unter www.clearingstelle.de bereit. Die DRV teilt daraufhin mit, welche Informationen und Unterlagen sie für die Prüfung benötigt. Die Entscheidung wird den Beteiligten abschließend schriftlich mitgeteilt. Bei Bestätigung des Freelancer-Status sollten die Firmen die ausgefüllten Antragsformulare und den Bescheid zusammen mit dem Vertragsunterlagen aufbewahren. Denn so lässt sich im konkreten Einzelfall immer nachvollziehen, welche Bedingungen für die Statuseinordnung maßgeblich waren.

Eine von der Deutschen Rentenversicherung bestätigte Selbstständigkeit ist jedoch kein dauerhafter Freibrief. Denn wenn das Auftragsvolumen steigt, dann kann schleichend ein Beschäftigungsverhältnis entstehen. Daher rate ich Firmen die Zusammenarbeit mit Freelancern immer zuhinterfragen, wenn sich Art und Umfang der Tätigkeit ändern. Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte besser fachlichen Rat einholen. So ist gewährleistet, dass der Einsatz von Freelancern keine Stolperfallen birgt.

Rebekka De Conno ist Fachanwältin für Arbeitsrecht bei der Kanzlei WWS.