Das Unternehmermagazin aus der Handelsblatt Media Group

Creditreform

Von Eva Neuthinger

Jürgen Dommer pflegt ganz bewusst ein gutes Verhältnis zu seinen Hausbanken: „Wir arbeiten Hand in Hand und kooperativ mit ihnen zusammen“, erklärt der Geschäftsführer der Widos Wilhelm Dommer Soehne GmbH in Ditzingen. Und doch wirkt der Unternehmer seit mehreren Jahren daran, sich bei der Finanzierung mehr Unabhängigkeit von Banken zu verschaffen. Konkret hat er das Eigenkapital der Firma, die sich auf die Entwicklung von Schweißgeräten spezialisiert hat, sukzessive aufgestockt – indem etwa Gewinne bewusst nicht ausgeschüttet wurden, sondern thesauriert. Auch holte Dommer die Mittelständische Beteiligungsgesellschaft Baden-Württemberg ins Boot. „Die Beteiligung über mehrere Jahre zählt als wirtschaftliches Eigenkapital“, so der 43-Jährige. Deshalb kann sein Unternehmen nun langfristig damit arbeiten. „Unterm Strich führten die Maßnahmen dazu, dass wir unsere Kredite in den vergangenen Jahren stark zurückführen konnten“, sagt Dommer. Wie der Unternehmer setzen derzeit zahlreiche Firmenchefs viel daran, sich möglichst aus eigener Kraft zu finanzieren.

Nach einer aktuellen Umfrage der Creditreform-Gruppe haben im vergangenen Jahr zum Beispiel zahlreiche Handwerksbetriebe ihre Eigenkapitalsituation weiter verbessert. Mittlerweile erreicht fast jedes fünfte Unternehmen eine Eigenkapitalquote im Verhältnis zur Bilanzsumme vonmehr als 30 Prozent. „Viele Firmenchefs erwarten mit Blick auf Basel III künftig eine härtere Gangart der Kreditinstitute und bereiten sich darauf vor“, schätzt Dommer. Vom kommenden Jahr an müssen die Banken mehr Eigenkapital vorhalten, wenn sie Kredite vergeben (siehe Web-Service). „In der Folge entwickeln die Kreditinstitute härtere Auflagen bei der Darlehensvergabe“, befürchtet Lars Richter, Mitglied der Geschäftsleitung der Unternehmensberatung Dr. Wieselhuber & Partner.

Im Klartext heißt das: Die Kredite könnten teurer werden. Außerdem sind mehr Sicherheiten zu stellen. Anlass genug für Firmenchefs, sich so weit wie möglich dem Druck zu entziehen und die eigene Finanzkraft zu stärken.

Gewinne thesaurieren

Gewinne bleibenim Unternehmen, um die Eigenkapitalposition aufzubauen – der klassische Weg. Das bringt mehrere Pluspunkte. Zum einen unterliegen thesaurierte Gewinne einem begünstigten Steuersatz –das Unternehmen reduziert also seine Abgaben. Zum anderen verbessert die Firma damit automatisch ihre Bonität. Mit dieser „offenen Selbstfinanzierung“ sind für die Firmen keine Risiken verbunden (siehe „Checkliste“). Das Kapital kann einfach dazu genutzt werden, die kurz- und langfristigen Kredite zurückzufahren. Sie verlangt der Geschäftsführung allerdings Disziplin ab. „Erfahrungsgemäß neigen insbesondere Chefs kleiner und mittlerer Firmen dazu, ihre Erträge lieber für einen besseren Lebensstandardauszuschütten und so einen niedrigen Unternehmerlohn zu kompensieren“, sagt Richter. Verzicht ist in dem Zusammenhang eine Tugend.

Finanzierung aus Rückstellung

Anders sieht das allerdings bei der Innenfinanzierung mit Rückstellungen aus. „Sie beinhalten gewisse Risiken“, warnt Experte Richter. Grundsätzlich können sie für Verbindlichkeiten gebildet werden, deren Höhe oder Fälligkeit nicht sicher sind – etwa für Geschäftsführer oder Garantieleistungen. Um möglichst viel Kapital anzusammeln, wird der Firmenchef sie hoch ansetzen wollen. Er mindert damit seinen ausgewiesenen Gewinn. Das bringt zwar den Vorteil, dass der Betrieb automatisch weniger Steuern zahlt. Doch gleichzeitig verschlechtert sich die Bonität des Betriebes.

Es gilt also die goldene Mitte zu finden – einerseits genug langfristige Rückstellungen und damit Kapital aufzubauen, um die Finanzkraft zu stärken. Andererseits aber darf sich das Unternehmen nach außen nicht schlechter darstellen, als es tatsächlich ist. „Die Grenzen zum Betrug können fließend sein“, so Richter. Denn der Unternehmer ist gehalten, seine Gläubiger, Lieferanten oder Kunden realistisch über seine Ertragskraft zu informieren. So sehen es die Grundsätze ordnungsgemäßer Bilanzierung nach dem Handelsgesetzbuch vor. Und so lauten auch die Vorgaben vom Fiskus: „Die Betriebsprüfer nehmen die Rückstellungen immer akribisch unter die Lupe“, warnt Oliver Scanlan, Steuerberater in München. Werden sie zu großzügig angesetzt, drohen hohe Steuernachzahlungen.

So haben vor allem Rückstellungen für eine spätere Chefrente zahlreiche Fallstricke. Das Prinzip: Durch die Pensionszusage werden Mittel gebunden, die ansonsten ausgeschüttet worden wären. Das Kapital kann dann bis zur Auszahlung der Rente zur Finanzierung des Unternehmens dienen. Die Pension belastet in der Auszahlungsphase aber enorm das Betriebsergebnis. Es sei denn, sie ist etwa über eine Versicherung rückgedeckt. Das bringt aber keinen besonderen Finanzierungseffekt, da in der Ansparphase dann an die Gesellschaft Beiträge in Höhe der Zusage abfließen.

Darlehen von der Unterstützungskasse: Vor diesem Hintergrund rät Experte Scanlan von diesem Instrument der Innenfinanzierung eher ab. „Es gibt einen besseren Weg, um über die betriebliche Altersversorgung langfristig Kapital aufzubauen, mit dem der Betrieb arbeiten kann“, so der Steuerberater. Und zwar über eine pauschal dotierte Unterstützungskasse. Das funktioniert so: Die Firma bietet den Mitarbeitern oder gegebenenfalls dem Geschäftsführer die Möglichkeit der betrieblichen Altersvorsorge – zum Beispiel über eine Gehaltsumwandlung.

Das Geld fließt dann in eine Unterstützungskasse, aus der die späteren Leistungen finanziert werden. Die Unterstützungskasse gewährt demUnternehmen auf die Summe der Versorgungszusagen gleichzeitig ein langfristiges Darlehen – sogenannter Belegtausch. Die Vorteile: DasDarlehenskapital steht dem Unternehmen bis zur Auszahlung zur Verfügung. Außerdem sparen die Parteien – also die Firma sowie die Mitarbeiter – in der Ansparphase noch Steuern und Sozialabgaben. Die Zinsaufwendungen für das Darlehen können als Betriebsausgaben geltend gemacht werden.

Ansparen und abschreiben

Das funktioniert auch, wenn die Unternehmen Kapital für spätere Investitionen ansparen – Finanzierung über Steuervorteile. Speziell kleine und mittlere Firmen mit einem Betriebsvermögen von bis zu 335.000 Euro nutzen dafür zum Beispiel den Investitionsabzugsbetrag nach § 7g Einkommensteuergesetz. Die Abschreibungen für das neue Wirtschaftsgut werden dabei vorverlagert. Das führt zu einer Steuerstundung, verbundenmit Liquiditätsvorteilen für die Firma. Der Investitionsabzugsbetrag kann mit 40 Prozent der Aufwendungen angesetzt werden – wobei die Firma insgesamt maximal 200.000 Euro Rücklagen zugunsten ihrer Finanzierungskraft bilden darf.