Mangelnde Vorbereitung, falscher Ort, unprofessionelle Gesprächsführung: Beim Bankgespräch lauern zahlreiche Fallstricke auf kapitalsuchende Unternehmer. So umgehen sie zwölf typische Verhandlungsfallen.
Rainer Ziplinsky hat eine gute Beziehung zu seiner Hausbank aufgebaut. Er führt in Kiel das renommierte Sportfachgeschäft Zippel’s Läuferwelt, und dies schon seit mehr als drei Jahrzehnten. Der Firmenchef arbeitet eng mit der Förde Sparkasse zusammen. „Wir stehen in regelmäßigem Kontakt. Zum einen, wenn es um die finanziellen Belange unseres Hauses geht. Aber auch, weil wir die Förde Sparkasse als Sponsor für verschiedene unter unserer Regie organisierte Läufe gewinnen konnten“, sagt Ziplinsky. Mit seinem Firmenkundenbetreuer trifft er sich mindestens einmal im Jahr. „Dann besprechen wir auch unsere avisierten Projekte“, so der passionierte Marathonläufer.
So wie Ziplinsky agieren die meisten Unternehmer: Sie führen alle zwölf Monate mit ihrer Bank ein ausführliches Gespräch und gehen Schritt für Schritt die Bilanzentwicklung, die nächsten Projekte oder die anstehende Jahresplanung mit dem Berater durch. Viele Firmenchefs sehen diese Treffen als Routinetermin, auf den sie sich nicht vorbereiten müssen. „Genau das aber ist ein Fehler“, warnt Carl-Dietrich Sander, auf kleine und mittelgroße Unternehmen spezialisierter unabhängiger Finanzierungsberater und Leiter der Fachgruppe Finanzierung-Rating im Bundesverband „Die KMU-Berater“. Jede Hausbank will Informationen über den Betrieb gewinnen, um dessen Kreditwürdigkeit festzustellen. Je weniger Interpretationsfreiheit der Firmenchef in puncto Bilanzentwicklung und Strategieentwicklung also offen lässt, desto mehr Einfluss nimmt er auf die Einschätzung des Firmenkundenbetreuers. Der Unternehmer kann aber auch selbst Vorteile aus jedem Gespräch ziehen – zum Beispiel erfahren, wie er sein Rating verbessern kann.
Hier finden Sie mehr von unserem Mittelstandsbotschafter Carl-Dietrich Sander.
Eine gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Firmenkundenbetreuer gelingt, wenn Unternehmer diese zwölf groben Fehler und unprofessionelles Auftreten vermeiden:
1. Reaktion abwarten
Viele Unternehmer warten auf die Aufforderung der Bank zum meist obligatorischen Jahresgespräch. Damit verspielen sie allerdings die Chance, die Führung in der Kommunikation zu übernehmen und Themen sowie Zeitpunkt selbst zu bestimmen.
Experte Sander empfiehlt, selbst die Initiative zu ergreifen. Er rät dazu, direkt nach Übergabe des aktuellen Jahresabschlusses einen Termin mit der Bank zu vereinbaren. Vorteil: „Der Unternehmer zeigt Interesse und kann den Inhalt des Gesprächs besser steuern“, sagt Sander. Der Mitarbeiter des Geldinstituts sollte eingeladen werden, zur Firma zu kommen. „Das bringt einen psychologischen Heimvorteil. Gleichzeitig kann sich der Firmenkundenbetreuer einen guten Eindruck vom Betrieb verschaffen“, erklärt Sander.
2. Informationen zurückhalten
Gerade in schwierigen Situationen lassen Unternehmer die Hausbanken gern im Unklaren. Das Vertrauensverhältnis wird elementar gestört.
Gefordert ist zwar nicht, dass der Firmenkundenbetreuer alles wissen muss – er sollte aber die Geschäftsentwicklung verfolgen und verstehen können. „Im Idealfall liegt dem Jahresabschluss ein Begleitschreiben bei, das die Besonderheiten und Auffälligkeiten ausführlich erläutert“, so Sander. Andernfalls gibt der Firmenchef die Deutungshoheit aus der Hand.
3. Unkenntnis pflegen
Der Unternehmer braucht ein Lexikon, um wichtige Kennzahlen wie RoI (Return on Investment) oder Ebit (Gewinn vor Zinsen und Steuern) zu definieren.
Firmenchefs haben die wichtigsten Bausteine einer ausgewogenen Finanzierung im Kopf und machen sich mit dem Bankenjargon vertraut. „Die Mitarbeiter der Geldinstitute sprechen nicht die gleiche Sprache wie die Unternehmer“, warnt Jörg Eckhold, geschäftsführender Gesellschafter von Eckhold Consultants. Vielfach bestehen Missverständnisse allein durch die unterschiedliche Verwendung oder Deutung von betriebswirtschaftlichen Begriffen.
4. Zahlen falsch interpretieren
Mitunter zeigen sich Firmenchefs beim Gespräch mit der Bank nicht in der Lage, ihre Zahlen selbst zu interpretieren – geschweige denn, sie zu erörtern.
In diesen Fällen ist der Steuer- oder Unternehmensberater zur Unterstützung aufgefordert. Er darf aber in keinem Fall die Gesprächsführung übernehmen. Die bleibt Sache des Unternehmers. Deshalb sollten unsichere Firmenchefs mit ihrem Experten vorab das Zahlenwerk durchsprechen.
5. Auf Vergleiche verzichten
Unternehmer messen sich oft nur ungern mit den Wettbewerbern und verzichten auf einen Betriebsvergleich. Die Bank aber hat eine klare Vorstellung davon, wie die Branche funktioniert. Die Erkenntnisse leiten die Mitarbeiter der Geldinstitute aus internen Betriebsvergleichen und Marktinformationen ab. Im Zweifel stützen sie sich auf ihre Erfahrungen mit vergleichbaren Unternehmen. Es liegen bei den Geldinstituten ausführliche Berichte vor, die in Kreditentscheidungen mit einfließen.
„Diese Analysen genau anzusehen, ist durchaus ratsam“, meint Berater Eckhold. Wenn er seine Klienten bei Kreditanträgen unterstützt, nimmt er jede Abweichung von den genannten Durchschnittswerten unter die Lupe und geht darauf im Gespräch oder schriftlich gegenüber dem Firmenkundenbetreuer ein. Im Idealfall hebt sich der Betrieb innerhalb seiner Branche deutlich hervor.
6. Keinen ganzheitlichen Ansatz wählen
Der Firmenchef beschränkt sich bei seiner Investitionsfinanzierung oder seiner Planung auf Zahlen und Fakten.
Die Banken wollen auch Erläuterungen zur Geschäftsstrategie des Unternehmers. „Es reicht nicht mehr aus, in Finanzierungsgesprächen das Vorhaben, mögliche Sicherheiten, die Ertragskraft und eine Analyse der betriebswirtschaftlichen Auswertungen vorzulegen“, erklärt Thilo Söhngen, Steuerberater mit Schwerpunkt Finanzierungsberatung und Inhaber der Kanzlei Wessler & Söhngen. Der Unternehmer sollte einen umfassenden und zukunftsbezogenen Überblick über die Situation geben können. Management, die Organisation und die Personalsituation spielen genauso eine Rolle wie die Planzahlen und die Marktstellung.
7. Rating und Kapitaldienstfähigkeit verschweigen
Unternehmensberater Sander stellt immer wieder fest, dass Firmenchefs oder Sachbearbeiter beim Bankgespräch das Thema Rating nicht explizit auf den Tisch bringen.
„Man sollte unbedingt erörtern, wie die Bank das Unternehmen beurteilt“, so Sander. Dazu gehört es beispielsweise zwingend, die Ratingnote inklusive der dahinterstehenden Ausfallwahrscheinlichkeit zu erfragen. „Nur so können Unternehmer mit mehreren Banken ihren jeweiligen Stand miteinander vergleichen“, sagt Sander. Der Experte empfiehlt, sich genau aufschlüsseln zu lassen, wie das Rating verbessert werden kann und wie die Bank die Kapitaldienstfähigkeit der Firma berechnet.
8. Notizen vergessen
Der Unternehmer setzt sich in die Besprechung und überlässt dem Firmenkundenbetreuer die Protokollierung des Gesprächs und sogar der Ergebnisse. Am Ende unterschreibt er kurz die Zusammenfassung und geht.
„Im Vorfeld des Banktermins sollte sich der Firmenchef die wichtigsten Themen auf einem Blatt notieren und darauf noch Platz für Anmerkungen lassen“, rät Sander. Insbesondere die Vereinbarungen sind darauf selbst zu vermerken. „Die Absprachen sollten am Ende nochmals kurz zusammengefasst und besprochen werden, um gegebenenfalls Missverständnisse frühzeitig zu klären“, so Sander.
9. Planung vernachlässigen
Unternehmer haben oft nur grobe Vorstellungen von ihren nächsten Zielen. „Wir stellen dann immer wieder fest, dass wir auf unsere detaillierten Fragen zum Unternehmen, zum Vorhaben oder zu den Unternehmenszahlen keine passenden Antworten bekommen“, sagt Christine Bittermann, Leiterin des Kompetenzcenters Existenzgründung der Sparkasse Bochum.
Unternehmer Lars Holzey informiert seine Bank frühzeitig über neue Ideen, aktuelle Entwicklungen und geplante Veränderungen in der Firma. „Wir erstellen eine Jahresplanung und nehmen uns innerhalb der Geschäftsführung vor unserem Jahresgespräch die Zeit, unseren Status quo und die Prognose zu analysieren“, so der Geschäftsführer des Baumaschinenhändlers Schwab in Dettenheim. Planzahlen legt er für ein Jahr fest. Für einen längeren Planungshorizont von fünf und zehn Jahren verzichtet er auf konkrete Prognosen. Das geht in Ordnung – wichtig ist es, dass der Unternehmer sich über seine Ziele Gedanken macht und Erläuterungen geben kann.
10. Plan B weglassen
Wenn Investitionen geplant sind, avisieren die Planzahlen nur den Optimalfall. Viele Unternehmer zeigen sich zu optimistisch.
Es geht darum, Maßnahmen parat zu haben, falls sich die Situation anders darstellt als vorgesehen. Auch Tiefstapeln ist auf Dauer aber nicht glaubwürdig. Deshalb empfiehlt es sich, mit einem vertrauten Mitarbeiter oder einem Mitglied der Familie, einem Berater oder Freund die Zahlen vorab zu diskutieren.
11. Termine versäumen
Der Unternehmer nimmt es mit den vereinbarten Terminen nicht so genau. Die Bilanz reicht er erst in der zweiten Jahreshälfte ein, Quartalsberichte oft erst nach Monaten.
Jeder Firmenchef geht davon aus, dass die Bank ihre Zusagen einhält. Im Gegenzug kann auch der Geldgeber erwarten, dass der Kreditnehmer seinen Obliegenheiten nachkommt. Selbstverständlich sind fristgerechte Überweisung von Zins und Tilgung. „Immer wieder nehmen sich Unternehmer hier Freiräume, die nicht abgesprochen sind – mit negativen Folgen für die weitere Zusammenarbeit bis hin zur Kündigung“, warnt Sander.
12. Nachbereitung aufschieben
Der Unternehmer nimmt sich nach den Bankterminen nicht die Zeit, über den Ablauf und die Ergebnisse zu reflektieren, und schon gar nicht, mit internen oder externen Fachleuten darüber zu sprechen.
Nach dem Bankgespräch ist vor dem nächsten Bankgespräch. „Anhand der eigenen Notizen kann im Anschluss ein ausführlicher Vermerk formuliert werden – als Gedankenstütze“, rät Sander. Eine vernünftige Nachbereitung beinhaltet auch, weitere Aktivitäten festzulegen und die Umsetzung anhand von Wiedervorlagen zu kontrollieren.