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Creditreform

Eine alte Börsenweisheit rät: „Sell in May and go away.“ Hierzu sehe ich in diesem Jahr keine Veranlassung. Unser Gesamtsystem meldet immer noch 3:0 für eine Fortsetzung der Hausse am Aktienmarkt. Wer im Mai seine Positionen glatt stellt, riskiert weitere Aufwärtsbewegungen zu verpassen. Doch was sagen unsere Indikatoren im Einzelnen? Bekanntlich schauen wir auf

a) die Zinsstruktur („lange“ minus „kurze“ Zinsen) im gleitenden Durchschnitt,

b) das Trendsignal der Aktienindizes, repräsentiert durch den Nasdaq Composite, den Dow Jones Utility und den Dax sowie

c) die Mehrheit der Signale von fünf bewährten weiteren Indikatoren, und zwar Trend der Anleihezinsen, des Ölpreises, Inflationstrend repräsentiert durch den Rohstoffindex CRB, Trend des US-Dollars und nicht zuletzt den Saisonfaktor. Wie also dürfte es nun weitergehen an den Aktienbörsen?

Zinsstruktur: Positiv! Der Zinsabstand zwischen „langen“ und „kurzen“ Zinsen weltweit bleibt deutlich im Plus. Eine weltweite Rezession droht nicht. Das wäre erst der Fall, wenn die Kurve unter die Null-Linie fällt.

Trendsignal: Positiv! Die Aktienindizes bleiben im Aufwärtstrend, auch wenn es seit Mitte März eher seitwärts geht. Wichtig ist die Marke von 2.853 Punkten beim Nasdaq Composite-Index. Diese sollte nicht unterschritten werden, da sonst sehr wahrscheinlich ein Verkaufssignal dieses Indikators ausgelöst würde. Bei Redaktionsschluss Mitte April lag der Nasdaq Composite aber bei rund 3.300 Punkten und damit deutlich darüber.

Anleihezinsen: Negativ! Die Anleihezinsen haben ihre Tiefstwerte hinter sich, liegen aber weiter auf extrem niedrigem Niveau. Mit einem positiven Signalwechsel unseres Indikators ist nicht so schnell zu rechnen, denn dass die Anleihezinsen noch einmal auf historische Tiefs sinken, ist eher unwahrscheinlich. Doch eine ernsthafte Konkurrenz zum Aktienmarkt stellen die Zinsen eindeutig nicht dar.

Ölpreis: Positiv! Der Ölpreis ist im Abwärtstrend. Zwar ist das in der Vergangenheit nicht immer ein positives Signal gewesen, deutete es doch häufig auf eine Konjunkturschwäche hin. Doch Sorgen vor einem Konjunktureinbruch wären übertrieben. Immerhin werden Unternehmen und Verbraucher spürbar entlastet.

CRB-Index: Positiv! Die Rohstoffpreise sinken aus demselben Grund wie der Ölpreis – die Konjunktur kommt in Europa und in den USA noch nicht richtig in Gang. Niedrigere Rohstoffpreise sorgen immerhin dafür, dass man sich über Inflationsgefahren keine Gedanken machen muss.

US-Dollar/Euro: Positiv! Der US-Dollar hat sich gegenüber dem Euro seit Februar wieder erholt und noch im März ein 15-Wochen-Hoch gemeldet. Ein fester Dollar war in der Regel ein Signal für steigende Aktienmärkte.

Saisonfaktor: Negativ! Am 26. April begann der durchschnittlich schwächste 16-Wochen-Zeitraum der vergangenen zehn Jahre. Damit müssen wir jetzt bis zum 16. August leben. Aber das ist kein Grund zur Besorgnis. Wir haben in den vergangenen Jahren auch starke Sommermonate erlebt, etwa 2007 und 2010. Solange der Saisonfaktor nicht Unterstützung von anderen Indikatoren erhält, kann er vernachlässigt werden.

Fazit: Es besteht keine Gefahr für den Aktienmarkt. Die Kursentwicklung im März und April hat gezeigt, dass es keinen Grund gibt, wegen gewisser Schwankungen gleich nervös zu werden. Auch der Saisonindikator rät zu erhöhter Vorsicht, doch unser Gesamtsystem gibt noch immer ein eindeutig positives Signal. Uwe Lang