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Im Rahmen der Reformmaßnahmen zur Sanierung zahlungsgefährdeter Unternehmen wurde auch das Fiskusprivileg auf die vorläufige Eigenverwaltung ausgedehnt. Jetzt haben die Finanzbehörden ihre Vorgaben zur Abgrenzung von Masseverbindlichkeiten und Berichtigung von Umsatzsteuerschulden aktualisiert.
Bereits zum 1. Januar 2021 wurde die EU-Richtlinie über präventive Restrukturierungsmaßnahmen mit dem „Sanierungs- und Insolvenzrechtsfortentwicklungsgesetz (SanInsFoG)“ umgesetzt. Seither müssen sich insolvenzbedrohte Unternehmen auch auf deutlich schärfere Anforderungen an Eigenverwaltungs- und Schutzschirmanträge und eine weitere Ausweitung des sogenannten Fiskusprivilegs einstellen.
In der Vergangenheit kam es bei Steuerforderungen grundsätzlich darauf an, ob die Umsätze vor oder erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erbracht wurden. Auf Letztere entfallende Umsatzsteuerbeträge mussten vom Insolvenzverwalter als Masseverbindlichkeit aus der noch vorhandenen Insolvenzmasse befriedigt werden.
Wurde die Steuerforderung dagegen bereits vor Verfahrenseröffnung ausgelöst, blieb den Finanzämtern – wie anderen Gläubigern auch – nur die Anmeldung ihrer Ansprüche zur Insolvenztabelle übrig.
Fiskusprivileg ausgedehnt
Durch eine Erweiterung der Insolvenzordnung (§ 55 Abs. 4 InsO) ergab sich jedoch schon seit 2011 eine begünstigte Stellung der Finanzbehörden. Seither zählten die von einem sogenannten schwachen (also ohne Verfügungsberechtigung über das Vermögen des Schuldners) vorläufigen Insolvenzverwalter oder vom Schuldner mit dessen Zustimmung begründeten Steuerschulden nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ebenfalls zu den Masseverbindlichkeiten.
Rechtsgrundlagen
Sanierungs- und Insolvenzrechtsfortentwicklungsgesetz (SanInsFoG) vom 22. Dezember 2020, darin Änderungen der Insolvenzordnung (InsO) beim Schutzschirmverfahren und der Eigenverwaltung
Anwendungsschreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) zur Abgrenzung von Masseverbindlichkeiten nach § 55 Abs. 4 InsO und Umsatzsteuer-berichtigung vom 11. Januar 2022, Az.: IV A 3 – S 0550/21/10001 :001
Gleiches gilt seit dem 1. Januar 2021 nach dem SanInsFoG auch für einen vorläufigen Sachwalter, den das Insolvenzgericht bei einer vollständigen und schlüssigen Eigenverwaltungsplanung des Schuldners statt eines vorläufigen Insolvenzverwalters bestellen kann.
Im Gegenzug wurde der Anwendungsbereich der Insolvenzordnung für vorläufige Insolvenzverwalter und Sachwalter gleichermaßen auf die Umsatzsteuer, Ein- und Ausfuhrabgaben, bundesgesetzlich geregelte Verbrauchsteuern, die Luftverkehrsteuer und Kraftfahrzeugsteuer sowie die Lohnsteuer samt anfallender Säumniszuschläge beschränkt.
Umsatzsteuer in der Eigenverwaltung
Bei Entgeltforderungen aus Lieferungen und sonstigen Leistungen an den Gemeinschuldner forderte das Umsatzsteuerrecht sowohl eine Korrektur der geschuldeten Umsatzsteuer als auch des vom Geschäftspartner in Anspruch genommenen Vorsteuerabzugs bislang erst:
• im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung,
• der Bestellung eines sogenannten starken vorläufigen Insolvenzverwalters, dem vom Insolvenzgericht die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners übertragen wurde, sowie
• bei Bestellung eines schwachen vorläufigen Insolvenzverwalters mit allgemeinem Zustimmungsvorbehalt oder mit Berechtigung zur Kassenführung.
Diese Grundsätze gelten nach der aktuellen Verwaltungsvorschrift vom 11. Januar 2022 nun auch bei der Bestellung eines vorläufigen Sachwalters in der Eigenverwaltung. Die Pflicht zur Korrektur der Umsatzsteuer auf ausstehende Entgelte für zuvor erbrachte Umsätze und gegebenenfalls nochmaligen Berichtigung bei späterem Forderungseinzug trifft allerdings nicht den vorläufigen Sachwalter: Die Finanzbehörden weisen ausdrücklich darauf hin, dass Insolvenzschuldner auch während der vorläufigen Eigenverwaltung ihre steuerlichen Pflichten selbst erfüllen müssen.
Steuer-News: Geld- oder Sachbezug?
Damit freiwillige Leistungen des Arbeitgebers nicht durch Lohnsteuern und Sozialabgaben geschmälert werden, ist seit 2020 Vorsicht geboten: Die monatliche Freigrenze von 50 Euro bei der Lohnbesteuerung greift nur für Sachbezüge. Zweckgebundene Geldleistungen, nachträgliche Kostenerstattungen und andere auf einen Geldbetrag lautende Vorteile bleiben hingegen voll steuerpflichtig.
Zur Abgrenzung zwischen Geldleistung und Sachbezug haben die Finanzbehörden am 3. März 2022 ein aktualisiertes Anwendungsschreiben (Az.: IV C 5 -S 2334/19/10007 :007) veröffentlicht. Denmach gelten unter bestimmten Voraussetzungen auch ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen in Onlineshops berechtigende Gutscheine, Geldkarten und wiederaufladbare Geschenkkarten als Sachbezug. Für Tankgutscheine und -karten ist das hingegen nur zutreffend, wenn
– sie von einer bestimmten Tankstellenkette (oder einem bestimmten Aussteller) zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen in den einzelnen Tankstellen mit einheitlichem Marktauftritt ausgegeben werden
– oder sie vom Arbeitgeber selbst ausgestellt werden (hierzu zählt auch eine Berechtigung zum Tanken) und die Akzeptanzstellen (Tankstelle oder Tankstellenkette) aufgrund des Akzeptanzvertrags (zum Beispiel ein Rahmenvertrag) unmittelbar mit dem Arbeitgeber abrechnen.
Wichtig: Für die Einstufung von ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen berechtigenden Gutscheinen oder Geldkarten als begünstigtem Sachbezug darf der Arbeitnehmer nicht in Vorleistung treten, um die Kosten vom Arbeitgeber später erstattet zu bekommen.