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Creditreform
Illustration Bankenumfrage

© Getty Images

Die Kreditnachfrage ist in den vergangenen Monaten deutlich gestiegen. Die Banken wiederum haben – auch dank der Übernahme von Risiken durch die KfW – ihre Kreditvergabe ausgeweitet. Wie wird sich dieser Trend fortsetzen und worauf wird es 2021 bei Kreditfinanzierungen ankommen?

 

Bis auf wenige Ausnahmen hinterlässt die Corona-Krise bei den Unternehmen in Deutschland ihre Spuren. In einer Umfrage der Creditreform Wirtschaftsforschung zur Wirtschaftslage und Finanzierung im Mittelstand im September 2020 etwa, gaben mehr als ein Drittel der Unternehmen (37,1 Prozent) ein Minus bei ihren Auftragseingängen an. 35,8 Prozent verzeichneten demzufolge weniger Umsatz als im Frühjahr 2020.

Die Lage zehrt – vor allem an Rücklagen und Eigenkapital. Ökonomen des Instituts der deutschen Wirtschaft rund um dessen Direktor Michael Hüther haben in einer aktuellen Studie analysiert, dass Unternehmen in den Jahren vor der Krise vermehrt Bankkredite zurückgefahren, Gewinne nicht vollständig ausgeschüttet und so einen Kapitalpuffer aufgebaut hatten. Dieser schmilzt nun, während der Bedarf an Fremdfinanzierung wieder steigt.

Damit befinden sich die Banken in einer schwierigen Situation. Einerseits wird von ihnen erwartet, dass sie die Unternehmen finanzieren. Andererseits gilt: Leidet die Wirtschaft, leiden früher oder später auch die kreditgebenden Banken. So schätzen die Banken die Situation ein:

 

„Für die kommenden Monate dürfte die Kreditversorgung der Unternehmen gewährleistet bleiben. Die Corona-Hilfen der KfW wurden bis Mitte 2021 verlängert und die Banken haben ausreichend Puffer in den Bilanzen, um ihr Kreditangebot aufrechtzuerhalten. Allerdings werden die Belastungen für die Banken erst im Laufe des Jahres richtig spürbar, wenn es zu Kreditausfällen und Ratingherabstufungen bei den Unternehmen kommt.“

Fritzi Köhler-Geib, Chefvolkswirtin der KfW

 

 

„Die für die Liquidität der Unternehmen und die konjunkturelle Erholung dringend benötigte Kreditvergabe funktioniert störungsfrei. Über alle Bankengruppen hinweg lag das Kreditwachstum in Deutschland zum Ende des dritten Quartals 2020 bei den Firmenkunden bei 4,2 Prozent. Die Genossenschaftsbanken verzeichneten hier sogar ein Kreditwachstum von 6,7 Prozent. Bis jetzt sind nur sehr vereinzelt höhere Kreditrisiken bei Firmenkunden der Genossenschaftsbanken erkennbar.

Andreas Bley, Chefvolkswirt des BVR

 

 

„Eine Zurückhaltung bei Krediten sehen wir nicht. Wir schauen auf ein starkes Wachstum unserer zugesagten Kreditlinien im Jahr 2020 von deutlich mehr als 10 Prozent. Finanzierer werden sich auch weiterhin insbesondere an der Frage orientieren, welche Geschäftsmodelle auch mit und nach Corona tragfähig erscheinen. Die Verlängerung der Hilfskredite der Förderbanken wird dazu beitragen, auch diejenigen Mittelständler in von der Pandemie besonders betroffenen Branchen zu versorgen.“

Stephan Ortolf, Bereichsleiter Firmenkunden bei der DZ Bank

 

 

„Kreditentscheidungen werden immer kundenindividuell sein. Damit einhergehend gibt es nicht nur eine richtige Lösung. 2021 wird Kreativität gefragt sein. Das kann mal eine intelligente Working-Capital-Lösung sein, ebenso der klassische Investitionskredit oder aber eigenkapitalstärkende Mittel.“

Commerzbank

 

 

„Man muss zwischen den Branchen differenzieren. In der Breite steht der deutsche Mittelstand nach wie vor gut da. Wir sehen das an den relativ hohen Einlagen unserer Kunden. Viele haben in den vergangenen Monaten zudem ihre Liquiditätspositionen verbessert – etwa indem sie sich über den Kapitalmarkt finanziert oder ihr Umlaufvermögen optimiert haben. Wenn die erhofften Fortschritte bei der Bekämpfung der Pandemie eintreten, könnten viele Mittelständler anstehende Investitionen im Jahr 2021 wieder angehen.“

Markus Beumer, Firmenkundenvorstand der HypoVereinsbank

 

 

„Wir sind von einer Kreditklemme noch weit entfernt. Die Kreditstandards für KMU sind selbst auf dem Höhepunkt der Krise von gerade einmal 13 Prozent der Banken verschärft worden und der Anteil hat seitdem wieder abgenommen. Die Kreditnachfrage dürfte 2021 insgesamt nachlassen, da Unternehmen noch immer hohe Liquiditätsreserven besitzen. Das gilt im Aggregat. Einzelne Branchen können natürlich durchaus stärker gefährdet sein.“

Stefan Schneider, Chefvolkswirt Deutsche Bank

 

 

„Insgesamt haben die Sparkassen bis Oktober Darlehen in Höhe von 87,0 Milliarden Euro zugesagt. Das sind 11,6 Milliarden Euro mehr als in den ersten zehn Monaten des Vorjahres und ein neuer Bestwert. Sparkassen stehen in der Krise an der Seite ihrer Unternehmenskunden und vergeben zügig und umfassend die von diesen nachgefragten Förderkredite von KfW und Landesförderinstituten. Rund 83 Prozent der Sparkassenkredite an Unternehmen und Selbstständige sind langfristige Kredite mit einer Laufzeit von mehr als fünf Jahren.“

Pia Jankowski, Leiterin der Abteilung Volkswirtschaft, Finanzmärkte und Wirtschaftspolitik im DSGV

 

 

„Auch die Europäische Zentralbank unternimmt alles, um die Finanzierungskonditionen für Unternehmen günstig zu halten. Trotzdem zeigt der Bank Lending Survey, eine regelmäßige Umfrage zum Kreditgeschäft der Banken im Euroraum, eine Verschärfung der Kreditstandards im dritten Quartal 2020. Im kommenden Jahr wird deshalb staatlichen Förderprogrammen und den Angeboten der Förderbanken des Bundes und der Länder eine größere Bedeutung zukommen, um Unternehmen bei Wachstums- und Innovationsvorhaben zur Seite zu stehen.“

Dominik Lamminger, Mitglied der Geschäftsleitung des VÖB

 

Weitere Einschätzungen der Volkswirte:

Bankenumfrage Teil 1: Wie entwickelt sich die Konjunktur 2021?

Bankenumfrage Teil 3: Was tun gegen die Insolvenzwelle?