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Creditreform

Die USA-Wirtschaft hat, wie schon in den letzten Jahren häufiger beobachtet, einen schwachen Start in das neue Jahr hingelegt. Doch die jüngsten Daten machen Hoffnung, dass die zugrunde liegende Dynamik der US-Wirtschaft stark und nachhaltig ist. Ob das für Aktionäre gut ist wird sich zeigen…

Inflation mit stärkstem Anstieg seit 2013

Die Inflation (Consumer Price Index) ist im April im Vergleich zum Vormonat um 0,4 % gestiegen. Ein solch signifikanter Anstieg liegt schon Jahre zurück und verstärkt die Chancen weiterer Leitzinserhöhungen in den USA.

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Doch bevor man zu einer Erwartungen von stark steigender Inflation gelangt, sollte man sich noch weitere Indikatoren ansehen. Eine Möglichkeit besteht darin, die Veränderung zum Vorjahr zu betrachten. Die nachfolgende Grafik bietet einen Vergleich zwischen den Inflationsdaten mit der sogenannten Kernrate. Unter der Kernrate ist die Inflation ohne die zyklischen Komponenten Energie und Nahrungsmittel zu verstehen. Wie gut erkennbar ist, ist die Kernrate im letzten Monat leicht gefallen, doch steigt bereits seit einiger Zeit konstant an. Die breite Inflation (graue Linie) beginnt aktuell, auch anzusteigen. In Kombination würde ein anhaltender Aufwärtstrend der verschiedenen Inflationskomponenten einen positiven Impuls für die Gesamtwirtschaft darstellen.

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Gründe für Inflation

Ein Grund weshalb die Marktteilnehmer eine ansteigende Inflation mögen, liegt darin, dass die steigenden Preise eine Knappheit von Ressourcen verdeutlichen. Wenn also geringe ungenutzte Kapazitäten (geringe Arbeitslosigkeit) bestehen, werden Faktoren wie Arbeit knapper und führen zu steigenden Löhnen. In der nachfolgenden Grafik ist das durchschnittliche Wachstum des Stundenlohns abgebildet. Die Besonderheit bei dem Indikator der Notenbank von Atlanta, besteht darin, dass die Lohnentwicklung für verschiedene Arbeitnehmergruppen gemessen wird.

Es ist gut zu erkennen, in welche Richtung die Entwicklung der letzten Monate und Jahre verläuft. Das vom Indikator angezeigte Wachstum beläuft sich auf derzeit 3,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Verglichen mit den oben dargestellten Inflationsdaten sind die Wachstumsraten für die Stundenlöhne deutlich höher als die Inflationsraten, was eine reale Lohnsteigerung bedeutet.wageXgrowth

Als interessantes Detail ist zu beobachten, dass das breite Lohnwachstum in den letzten Monaten stärker steigt, als die Löhne von Universitätsabsolventen. Dies resultiert aus einer höheren Nachfrage nach weniger gut ausgebildeten Arbeitnehmern, welche entsprechend in steigenden Löhnen resultiert. Insgesamt stellt sich die Situation am US-Arbeitsmarkt durchaus positiv dar.

Warum werden Arbeiter knapp?

Die Arbeitslosenzahlen liegen in den USA bei ca. 5 Prozent und damit auf einem sehr niedrigen Niveau. In der Vergangenheit gab es nur wenige Phasen, in denen die Arbeitslosenrate niedriger als aktuell war. Wenn die Arbeitslosenrate so niedrig ist, bedeutet dies in der Theorie, dass Arbeitnehmer eine größere Chance haben, eine Gehaltserhöhung zu erhalten oder in eine Anstellung zu wechseln, die eine bessere Entlohnung verspricht. Denn es besteht typischerweise ein inverser Zusammenhang zwischen der Lohnentwicklung und Arbeitslosenrate.

Ein Blick auf ein weiteres Maß des Arbeitsmarktes stützt die Vermutung einer verbesserten Verhandlungsposition für Arbeitnehmer: Die nachfolgende Grafik stellt die Quote der Kündigungen dar, welche sich seit einiger Zeit im Anstieg befindet. Arbeitnehmer kündigen typischerweise nur dann, wenn es gute Möglichkeiten gibt, einen neuen, besser bezahlten Job zu finden. Daher verdeutlicht dieser Indikator gut die wachsende Zuversicht der Arbeitnehmer.

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Auch die Anzahl offener Stellen zeichnet ein sehr positives Bild aus Sicht der Arbeitnehmer. Das aktuelle Niveau ist das höchste seit dem Jahr 2002.

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Fazit für Anleger

Die US-Wirtschaft steht allem Anschein nach auf soliden Beinen und könnte im weiteren Verlauf des Jahres positiv überraschen.

Die Gesamtstimmung an den Märkten sieht derzeit ganz anders aus. Die Nerven der Anleger sind gespannt, denn im Juni stehen viele wichtige Entscheidungen an: Die Notenbanken tagen erneut und nach den neuesten Daten sind die Chancen einer Zinserhöhung in den USA wieder stark gestiegen. Die Brexit-Abstimmung rückt näher und verbreitet ihrerseits Nervosität unter den Marktteilnehmer.

Angesichts der zuletzt deutlich eingetrübten Stimmung an den Kapitalmärkten und der zahlreichen Einflussfaktoren würde es nicht überraschen, wenn sich das Jahr 2016 noch ganz anders entwickelt, als es die ersten fünf Monate vermuten lassen. Eine anziehende Inflation durch eine Stabilisierung der Rohstoffe in Kombination einer positiven US-Wirtschaft sowie fiskalen Stimuli in China und Japan könnten die Aktienmärkte im 2. HJ 2016 unerwartet nach oben ausbrechen lassen.

Für Anleger bedeutet dies einmal mehr die Herausforderung, an den möglichen positiven Entwicklungen zu partizipieren und gleichzeitig für eventuelle Korrekturen gewappnet zu sein. Zusätzlich stellt sich wie immer die Frage nach dem richtigen Zeitpunkt eines Einstiegs.

Daher sollten Anlageentscheidungen auf Basis einer vollständigen und individuellen Strategie erfolgen. Denn in Abhängigkeit von Faktoren wie dem Anlagehorizont, dem Anlageziel und insbesondere der finanziellen Risikobereitschaft ergeben sich unterschiedlichste Vorgehensweisen.