Das politische Klima zwischen der Europäischen Union und dem Kreml ist vergiftet und eine Entspannung scheint in weiter Ferne. Ein dramatischer Einbruch deutscher Exporte nach Russland ist die Folge und erste Mittelständler gehen bereits in die Knie. Die Vakoma Gruppe aus Magdeburg musste vergangene Woche sogar Insolvenz anmelden.
Vor rund einem Jahr blickte Gerhard Krossing noch hoffnungsvoll in die Zukunft. Die Geschäfte seiner Magdeburger Vakoma Gruppe mit Kompressoren, Pumpen und Getrieben liefen ausgezeichnet – vor allem auf dem russischen Markt. Rund 60 Prozent des Umsatzes machte Vakoma in Russland. Doch dann begann für ihn ein einziger Albtraum.
Wladimir Putin annektierte die Krim, die EU reagierte mit Sanktionen und innerhalb eines Jahres brach fast das gesamte Russland-Geschäft von Vakoma ein. Krossing und seine 45 Mitarbeiter stemmten sich mit allen Kräften dagegen, doch vergangene Woche kam für ihn die bitterste Stunde seines Unternehmerlebens. Er musste seine Belegschaft über die Insolvenz des Unternehmens informieren: „Meinen Mitarbeitern diese bittere Nachricht mitteilen zu müssen, zerreißt einen innerlich“, sagt Krossing. Es waren die Folgen der Sanktionen, die sein Unternehmen mit voller Härte trafen. „Uns wurde quasi der Boden unter den Füßen weggezogen.“
Als das Geschäft noch gut lief, machte das Magdeburger Unternehmen jährlich rund fünf Millionen Umsatz in Russland. Für knapp 15 Millionen Euro investierte man sogar vor Ort in ein neues Getriebewerk, doch das Geschäft platzte. „Das schlug bei uns ein, wie eine Bombe“, sagt Krossing. Zwar gilt der Importstop für Baumaschinen eigentlich nur für staatliche Konzerne, doch auch private russischen Unternehmen sind völlig verunsichert, sagt Krossing: „Unsere langjährigen Kunden kaufen unsere Produkte nicht mehr und haben mir auch geschrieben, dass es nur an der politischen Krise zwischen EU und Russland liegt. An der Qualität unserer Produkte liegt es nicht“, sagt Krossing.
Die Ausfuhren nach Russland sind 2014 um 18 Prozent geschrumpft
Doch die Vakoma Gruppe steht nur exemplarisch für viele deutsche Mittelständler, deren Russlandgeschäft praktisch über Nacht nicht mehr existiert. Die Ausfuhren deutscher Waren sind nach Angaben des Statistischen Bundesamtes im vergangenen Jahr um mehr als 18 Prozent auf rund 29 Milliarden Euro geschrumpft – ein Minus von rund 6,5 Milliarden. Einen stärkeren Rückgang gab es zuletzt 2009, als die weltweite Finanzkrise die Exporte drosselte.
Nach Einschätzung des Präsidenten des Deutsch-Russischen Wirtschaftsbundes, Hans-Dieter Philipowski, ist die Talsohle auch noch lange nicht erreicht. „Viele Auftrage wurden im vergangenen Jahr noch abgearbeitet. Was fehlt sind die Folgeaufträge“, sagt Philipowski im Interview mit unserem Magazin. Die neuesten Zahlen für den Januar 2015 unterstreichen diese Prognose: Die Ausfuhren nach Russland sind im Vergleich zum Vorjahresmonat erneut um gut eine Milliarde auf nur noch knapp 1,44 Milliarden Euro gesunken. Ein Minus von sogar 35,1 Prozent.
Ein genauerer Blick auf die Güterklassen zeigt zudem, dass einige Branchen nur wenig, dafür andere umso härter betroffen sind: Neben Kraftwagen und Kraftwagenteile, Nahrungs- und Futtermittel leidet vor allem die Maschinensparte, zu der auch die Vakoma Gruppe zählt. Wurden 2013 noch Maschinen im Wert von rund acht Milliarden Euro exportiert, waren es im vergangenen Jahr nur noch Ausfuhren im Wert von rund 6,8 Milliarden Euro. Im Vergleich: Relativ konstant geblieben sind dagegen Ausfuhren aus den Bereichen Pharmazie und Chemie.
Asiatische Konkurrenz profitiert vom russischen Importstop auf europäische Maschinen
Gerhard Krossing und seine einst expandierende Vakoma Gruppe geben diesen nüchternen Zahlen ein Gesicht. Aus der Insolvenz heraus, arbeitet Krossing Tag und Nacht daran, auf anderen Märkten die nötigen Aufträge an Land zu ziehen. Manchmal hofft er aus diesem Albtraum einfach aufzuwachen: „Es ist schon Wahnsinn, vor einem Jahr haben wir noch schwarze Zahlen geschrieben und wurden von allen Seiten gelobt. Doch dann wurden wir gekreuzigt und filettiert“, sagt Krossing.
Nutznießer sei vor allem die Konkurrenz aus Asien. Die entstandenen Lücken werden von den asiatischen Anbieter nun problemlos ausgefüllt. Dass sich die festgefahrene Situation mittelfristig wieder entspannt, glaubt Krossing nicht: „Wir können unsere Wünsche und Hoffnungen äußern. Aber so wie vor ein paar Jahren wird es nie wieder werden.“
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